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Brandschutz Streit um Teile der Risikoanalyse

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld will die ABC-Ausbildung für Einsatzkräfte der Zerbster Wehr streichen.

Von Thomas Kirchner 30.04.2019, 01:01

Zerbst l Bei der Erarbeitung der Risikoanalyse zum Brandschutz und der Brandschutzbedarfsplanung der Einheitsgemeinde Zerbst wurde festgestellt, dass durchaus die Möglichkeit von Gefahrstoff- und Strahlenschutzeinsätzen besteht. Hier wurde unter anderem der Bedarf von 18 Feuerwehrleuten für den Bereich ABC-Dekontamination (ABC-Dekon) ermittelt.

Als ABC-Einsatz werden Einsätze von beispielsweise Feuerwehr oder Technischem Hilfswerk an Einsatzstellen bezeichnet, an denen Gefahren durch atomare (A), biologische (B) und/oder chemische (C) Gefahrstoffe erkennbar sind oder vermutet werden.

Die Feuerwehren der Einheitsgemeinde haben ein Straßennetz von insgesamt 220 Kilometern Landes-, Kreis- und Bundesstraßen brand- und hilfeleistungstechnisch abzusichern. Hinzu kommen zahlreiche Gemeindestraßen, 26 Kilometer Wasserstraße und die rund 19 Kilometer lange Bahnstrecke. Aufgrund der Art und Streckenlänge der Verkehrswege sowie der wachsenden Verkehrsbelastung im Ausrückebereich der Zerbster Wehren bestehe ein erhöhtes Unfallrisiko, wird in der Risikoanalyse eingeschätzt.

Auf den genannten Verkehrswegen, insbesondere der Bundesstraße und der Bahnstrecke, herrsche ein erheblicher Verkehr von Gütern aller Arten – auch Stoffe und Materialien, von denen erhebliche Gefahren bei deren Freisetzung ausgingen. Laut einer Statistik werden in Deutschland pro Jahr rund 300 Millionen Tonnen Gefahrgüter transportiert.

Die Liste von Gefahrstoffen, die täglich über Straße und Schiene rollen ist lang – Flüssiggas, Acetylen, Sauerstoff, Benzin, Dieselkraftstoff, Heizöl, sind nur einige Beispiele. Eine weitere Gefahr stellen die zahlreichen Kühlhäuser der Unternehmen rund um Zerbst dar. Auch wenn in der Einsatzstatistik der vergangenen Jahre keine Einsätze mit Bezug auf Gefahrstoffe enthalten sind, so sei die Gefahr doch zu jeder Zeit gegenwärtig, heißt es in dem Papier.

Aus diesem Grund bedürfe es zur Absicherung in einem solchen Fall einer Einsatzgruppe der Feuerwehr, welche die Erstmaßnahmen in dem Schadensfall einleiten könne. Dazu werden laut Analyse und Brandschutzbedarfsplanung 36 ausgebildete Einsatzkräfte für den ABC-Einsatz – davon sechs Führungskräfte und 18 Feuerwehrleute mit dem Lehrgang ABC-Dekon sowie ein entsprechend für diesen Fall ausgestattetes oder aus dem Bestand umgebautes Fahrzeug benötigt.

„Der Lehrgang ABC-Dekon ist laut Lehrgangskatalog Besatzungen von entsprechenden Fahrzeugen vorgesehen“, heißt in der Stellungnahme der Kommunalaufsicht beim Landkreis. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld sei derzeit nur ein Gerätewagen Dekontamination in der Ortswehr Osternienburger Land vorhanden.

„Für die Zerbster Wehr besteht hierzu kein konkreter Bedarf, da das erforderliche Fahrzeug des Bundes fehlt. Der notwendige Ausbildungsbedarf ABC-Dekon ist für Mitglieder der Zerbster Wehr anhand der genannten Voraussetzungen im Lehrgangskatalog nicht vorhanden und daher in der Fortschreibung der Risikoanalyse zu streichen“, schreibt die Kommunalaufsicht weiter. „Auf Grundlage des vorhandenen Gefahrenpotenzials innerhalb der Stadt Zerbst wurde festgestellt, dass durchaus ein Bedarf zur Abwehr von Gefahrstoff- und Strahlenschutzeinsätze besteht“, hält Thomas Sanftenberg, Sachgebietsleiter Brandschutz im Rathaus, in seiner Antwort an den Landkreis dagegen.

Sanftenberg: „Aus diesem Grund werden diese Feststellung sowie der sich daraus ergebende Bedarf nicht aus der Fortschreibung gestrichen.“ Vielmehr müsse das Land Sachsen-Anhalt aus dem ermittelten Bedarf die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten und den Zugang zum Lehrgang ermöglichen.

Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) informierte in der jüngsten Stadtratssitzung am 24. April die Stadträte über die Stellungnahme der Kommunalaufsicht zur Risikoanalyse.

Dittmann: „Ihnen wurde mit den aktualisierten Sitzungsunterlagen auch die Stellungnahme der Kommunalaufsicht zur beschlossenen Brandschutzrisikoanalyse übergeben. Wir beabsichtigen, die darin getätigten Empfehlungen zum ABC-Schutz, in der Abwägung zurückzuweisen, da insbesondere die Bewertung der Risiken aus dem Güterverkehr und aus dem Betrieb der Kühlhäuser im Stadtgebiet von uns ernster ausfällt, als es die Empfehlung des Landkreises zum Inhalt hat.“ Insofern ergebe sich aus Sicht der Verwaltung kein Änderungsbedarf an der beschlossenen Analyse.