Tests Corona sorgt für Herausforderungen
Das Gesundheitsamt in der Zerbster Region hat wegen Corona viel zu tun. Alle Rückkehrer aus Risikogebieten müssen sich testen lassen.
Zerbst/Köthen l Seit März bestimmt Corona mittlerweile den Dienstalltag im Gesundheitsamt des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. Derzeit gibt es zwar kaum Neuinfektionen. Das kann sich aber jeden Augenblick ändern. „Die Entwicklung ist relativ schwer abschätzbar“, gesteht Claudia Ludwig. Offen erzählt sie von den vielfältigen Aufgaben durch Covid-19, die das von ihr geleitete Amt an seine Grenzen bringt.
Aktuell zu erfassen sind die Reisenden, die ihren Urlaub in einem Risikogebiet verbrachten. Nach ihrer Rückkehr müssen sich diese unverzüglich in häusliche Quarantäne begeben und auf das Virus testen lassen. Möglich ist das in der Abstrichstelle am Gesundheitszentrum in Bitterfeld nach vorheriger Terminabsprache.
„Unsere Hotline ist gerade stark frequentiert“, berichtet Claudia Ludwig von extrem vielen Nachfragen. Werktags von 9 bis 15 Uhr sind die Leitungen freigeschaltet. Mindestens 20 Anrufer werden pro Tag an jedem der beiden Telefone gezählt. „Und die Gespräche dauern nicht nur zwei, drei Minuten“, verdeutlicht sie. Wer da nicht gleich durchkomme, rufe schon mal im Sekretariat an.
Von den 38 Mitarbeitern des Gesundheitsamtes sind im Moment 20 für Corona eingespannt. Bei Ausbruch der Pandemie waren es alle. Zusätzliche Kräfte wurden aus anderen Ämtern der während des Lockdowns geschlossenen Kreisverwaltung rekrutiert. Über 50 Personen seien teilweise im Einsatz gewesen, blickt Claudia Ludwig zurück. Das ist nun nicht mehr möglich, längst ist der reguläre Verwaltungsbetrieb wieder hochgefahren.
Die Amtsleiterin hofft nun auf anderweitige Verstärkung, um die Herausforderungen zu erfüllen, die Corona zusätzlich mit sich bringt. „Denn wir können uns nicht leisten, alles andere liegen zu lassen“, erinnert sie an die weiteren Pflichtaufgaben wie das Erstellen amtsärztlicher Gutachten und Stellungnahmen. Zumal die Gesundheitsämter in ganz Sachsen-Anhalt grundsätzlich nicht so gut aufgestellt seien.
Unterstützung soll es durch die Bundeswehr geben. „Das ist zumindest im Gespräch“, bemerkt Claudia Ludwig. Bereits bewilligt habe Landrat Uwe Schulze (CDU) die unbefristete Einstellung einer koordinierend tätigen Person. „Um eine befristete Stelle für die Hotline kämpfe ich noch“, sagt Claudia Ludwig. Hier würden sie versuchen, eine konstante Besetzung zu halten, statt immer wieder andere Mitarbeiter einzuweisen. Zumal sich die Corona-Verordnungen stetig ändern und neue Regelungen hinzukommen.
Wie Claudia Ludwig schildert, wurden dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld mittlerweile zwei so genannte Containment-Scouts zugesagt. „Einer ist bereits da, beim Zweiten hoffen wir, dass er spätestens ab Oktober einsatzbereit ist“, ergänzt sie hinsichtlich der beiden externen Kontaktpersonenermittler.
Das Nachverfolgen von Menschen, zu denen ein Corona-Infizierter Kontakt innerhalb der letzten drei Tage hatte, gehört zur Zeit zu den Hauptaufgaben des Gesundheitsamtes. Besonders aufwendig gestaltet sich die Recherche, wenn derjenige privat und dienstlich mit verschiedensten Personen zu tun hat, wie Claudia Ludwig schildert. Wird die Ansteckung mit dem Virus womöglich erst nach der Behandlung in einem Krankenhaus festgelegt, sind damit mehrere Mitarbeiter mal eben zwei Tage lang beschäftigt. „Das ist aber eine absolut verschärfte Situation“, betont sie.
Die festgestellten Kontaktpersonen werden in zwei Kategorien eingeteilt. „Das hängt von der Intensität ab, wie dicht der jeweilige Kontakt war und ob ein Mund-Nasen-Schutz getragen wurde oder nicht“, erklärt die Amtsleiterin. Wenn man den Mindestabstand von 1,50 Meter nicht unterschritten hat und sich nur im Freien begegnete, gehört man zu den Kontaktpersonen zweiten Grades.
„In diesen Fällen empfehlen wir, zu Hause zu bleiben. Wenn dies wegen der Arbeit nicht möglich ist, erteilen wir bestimmte Auflagen“, informiert Claudia Ludwig. So müsse sich derjenige kontaktarm verhalten und ein Symptom-Tagebuch führen. Sollten sich körperliche Anzeichen auf eine mögliche Ansteckung äußern, „muss er sich unverzüglich bei uns melden“, ergänzt sie.
Bei Kontaktpersonen ersten Grades wie beispielsweise Familienmitgliedern, die in einem Haushalt leben, werden hingegen sofort ein Corona-Test und eine 14-tägige Quarantäne angeordnet. Mit den täglichen Anrufen verfolgt das Gesundheitsamt zwei Anliegen. Zum einen „interessieren uns auftretende Symptome“, sagt Claudia Ludwig. Zum anderen soll überprüft werden, ob die Quarantäne tatsächlich eingehalten wird.
„Das kontrollieren wir nun nur telefonisch“, gesteht die Amtsleiterin. „Wir beabsichtigen aber, ein Spezial-Team einzurichten, das ausrückt, wenn jemand ein, zwei Tage nicht erreichbar ist“, erzählt sie. Auch bei Hinweisen von Bürgern, dass jemand die Quarantäne missachtet, soll das Team zum Einsatz kommen.
„Bei uns gehen viele, teils anonyme Beschwerden ein, dass Corona-Auflagen nicht eingehalten werden“, berichtet Claudia Ludwig. Dem nachzugehen gehört genauso zu den jetzigen Aufgaben des Gesundheitsamtes wie routinemäßige Kontrollen. Darüber hinaus sind mit Veranstaltern und Einrichtungsleitern Hygienekonzepte zu erstellen.
Mit der Fieberambulanz in Bitterfeld sind Tests abzusprechen und zu koordinieren. Die Anzahl der dort jeweils montags und mittwochs vorgenommenen Abstriche variiere zwischen sieben und 36, blickt Claudia Ludwig in die bisherige Statistik. Gerade jetzt mit den Reiserückkehrern seien es mehr. Froh ist die Amtsleiterin über die enge Zusammenarbeit mit den Kliniken, die geforderte Tests bei Patienten vornehmen – zum Beispiel bei älteren Menschen aus Pflegeheimen – bevor diese entlassen werden. „Das entlastet uns“, sagt sie.
Sorgenvoll blickt die Amtsleiterin indes auf den Start des neuen Schuljahres. „Ich hab’ wahnsinnige Bauchschmerzen“, gesteht Claudia Ludwig, dass trotz aller Hygienemaßnahmen bald erste Corona-Fälle auftauchen. Ihre größte Sorge ist, dass mehrere Schulstandorte gleichzeitig betroffen sind.