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Denkmale Barocke Kunstwerke zieren Nordwand

Die Polenzkoer Kirche hat neben Deutschlands größter Weihnachtskrippe mehr zu bieten. Und zwar Grabdenkmale, die Spannendes verraten.

Von Petra Wiese 05.02.2021, 05:00

Polenzko l Sie sind recht eindrucksvoll, die Epitaphe, die die Nordwand der Polenzkoer Kirche zieren. Die Grabdenkmale sind auffällig verziert, tragen reichlich figürlichen Schmuck und umfangreiche Inschriften. Es sind Kunstwerke, die Jahrhunderte überdauert haben.

„Es ist doch ungewöhnlich, solche Sachen von so hoher Qualität in einer so winzigen Kirche zu finden“, sind sich Sonja und Ullrich Hahn einig. Natürlich haben sich die Kunsthistorikerin und der Vorsitzende der Evangelischen Weinberggemeinde Garitz, zu der die Polenzkoer Kirche gehört, schon mit den Grabdenkmalen beschäftigt und können einiges darüber erzählen.

Die Epitaphe sind der Patronatsfamilie von Metsch gewidmet. Die hat das Gut Polenzko irgendwann zwischen 1570 und 1670 erworben. Die rechten beiden Grabsteine sind dem Hans Ernst Freiherrn von Metsch und seiner Frau Eleonora Dorothea gewidmet. Dieser Freiherr hat auf dem Gut Polenzko gesessen. Er lebte von 1628 bis 1710. Für diese Zeit, sei er uralt geworden, meinte Sonja Hahn. Er war „Unterdirektor“ beim Fürsten von Anhalt gewesen, so steht es auch auf dem Epitaph geschrieben.

Man habe sich viel Mühe gegeben, die Verdienste der Verstorbenen zu verewigen, so Sonja Hahn, die sich längst die Mühe gemacht hat, die wahnsinnig verschnörkelte Inschrift zu entziffern. So wird über die Ehefrau geschrieben, dass sie mit 50 verstarb und mit ihrem „Eheherrn“ fünf Söhne und acht Töchter hatte! „Alhier“ seien sie beigesetzt worden, heißt es über das Ehepaar. Vermutlich wurden die beiden tatsächlich in einer Gruft unter der Kirche begraben, kann sich Ullrich Hahn vorstellen.

Auch das größte Grabdenkmal in der Mitte hat viele Infos über die Stellung des Johann Friedrich von Metsch zu bieten. Er hatte Titel und Gut von seinem Vater übernommen, machte Karriere in Dresden, wo er Kammerherr bei August dem Starken am Sächsischen Hof war. Hier ist auch vom einzigen Bruder, Johann Adolph Reichsgraf von Metsch, die Rede. Dieser, 1672 in Polenzko geborene, ist wohl der berühmteste Spross der Familie, der es bis zum Vizekanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation brachte. Offen bleibt in der Familiengeschichte, was aus den anderen Brüdern und den acht Schwestern geworden ist.

Leider fehlt hier das Wappen in der Mitte des großen Epitaphs. Gestohlen, als die Kirche noch verschlossen war, so Ullrich Hahn. Ansonsten sind alle Grabdenkmale bis auf Kleinigkeiten, abgebrochene Stücke etwa, in einem guten Erhaltungszustand.

Der ganz linke, Johan Friedrich von Metsch, wurde nur 28 Jahre alt. Hier erfährt man, dass das Grabdenkmal in Dresden angefertigt und dann nach Polenzko gebracht wurde. Interessant sind vor allem die vielen Symbole, die in Stein gemeißelt mehr oder weniger versteckt zu finden sind.

Sonja Hahn verweist auf den Totenschädel und die Sanduhr mit Fledermausflügeln als Symbole der Vergänglichkeit. Oder den Engel, der die Fackel nach unten hält oder den geflügelten Chronos mit der Sense in der Hand. Die Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung werden dargestellt.

Entdecken lohnt sich in der Polenzkoer Kirche. Durchaus lassen sich die Epitaphe auch noch publikumswirksamer präsentieren. Das hat Ullrich Hahn im Hinterkopf im Zusammenhang mit dem Bestreben, die Sanierung der Dorfkirche weiter fortzusetzen. Ob zur Besichtigung oder zum Innehalten steht das Gotteshaus jedem offen.