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Die Beziehungen des Ruppiner Landes und der Stadt Lindow (Mark) zur Stadt Lindau/Anhalt Die gleichen historischen Wurzeln

Von Dieter Dröge 27.12.2014, 01:19

Im Rahmen der Recherchen zu seinem noch nicht veröffentlichten Buch "Lindau/Anhalt, eine Chronik von den Anfängen bis zur Gegenwart", kam der Lindauer Autor zu folgenden Erkenntnissen.

Lindau l Im Landkreis Ost-prignitz-Ruppin liegt zirka 60 Kilometer no¨rdlich von Berlin an der Deutschen Tonstraße im Naturpark Stechlin - Ruppiner Land das Sta¨dtchen Lindow (Mark). Es befindet sich inmitten von Kiefern- und Mischwa¨ldern auf einer Landbru¨cke, umgeben von drei Seen: dem Wutzsee, dem Gudelacksee und dem Vielitzsee.

Folgende historische Beziehung besteht zwischen diesem Städtchen und unserer Stadt Lindau/Anhalt: Um sich im spa¨ten 9. Jahrhundert gegen die slawischen Vo¨lkerschaften besser verteidigen zu ko¨nnen, fingen besonders die damaligen Grenzbewohner an, sich feste Burgen zu erbauen. So ko¨nnte auch die Lindauer Burg entstanden sein.

Die Bewohner der Lindauer Burg waren die "edlen Herren von Lindove". Sie waren gleichzeitig "domini de Lyndowe und Vo¨gte Leitzkaus". Als erster Edler von Lindau und Schutzherr des Klosters von Leitzkau wurde aber bereits im Jahr 1139 ein Rudolfus genannt.

Richardus de Lindove war vermutlich der Letzte

1170 wird ein Bruder (Mo¨nch) Evererus als Edler von Lindow und Schutzherr des Klosters von Leitzkau erwa¨hnt. 1179 nennt sich Evererus, "Evererus de Lindove". Als die "Anwa¨lte Gottes" von Leitzkau und Edle von Lindove werden 1186 Conradus, Hinricus und Richardus de Lindove genannt. 1197 erscheint nur noch Richardus de Lindove. Nach ihm war das Geschlecht vermutlich ausge- storben.

1211 erwarb ein "Ghevehardus nobiles (Amtsadel in ho¨chsten A¨mtern) de Arnesteyn" die Herrschaft Lindau. Die Grafen von Arnstein waren eine weit verzweigte Adelsfamilie, aus der weitere Graf- schaften hervorgingen.

Die mittelalterliche Burg Arnstein war der Stammsitz der Herren von Arnstein. Diese entstammten dem schwa¨bischen Geschlecht der Herren von Streußlingen. Walther II. nannte sich 1156 nach der Burg. Sie ist heute eine Burgruine am Rande des Harzes und liegt im Landkreis Mansfeld-Su¨dharz.

Die Ruine steht auf einer 210 m u¨. NN hohen Erhebung zwischen den Orten Sylda und Harkerode su¨dlich von Aschersleben und nordwestlich von Hettstett. Aus einer mittelalterlichen Befestigung ging im 12. Jahrhundert die Burg der Herren von Arnstein mit ihrem eindrucksvollen, weithin sichtbaren turmartigen Palasbau hervor.

Gebhard I. als Stammvater der Grafen Lindau-Ruppin

Endgu¨ltig gefestigt wurde die Abspaltung vom Hause Arnstein unter den Bru¨dern Albrecht I. (um 1177 bis vor 1259) und Walther IV. (um 1180 bis vor 1259). Albrecht bekam die Grafschaft Arnstein, Walther bekam Barby und wurde 1226 erstmals nach dieser Herrschaft genannt. Dieser Walther IV. begru¨ndete damit das Geschlecht der Grafen von Barby. Ein Bruder Albrechts und Walthers, Gebhard I. (um 1177/78 bis 1256), wurde Stammvater des Grafengeschlechtes Lindau- Ruppin.

Damit wurde Lindau eine Grafschaft. Der Name Lindau wurde im Laufe der Jahrhunderte unter anderem auch Lyndowe, Lindow, Lindove genannt. Das Ruppiner Land blieb aber eine Herrschaft. Gebhard I. und seine Nachfolger nannten sich Grafen von Lindau und Herren von Ruppin. Auch Theodor Fontane ist in seinen "Wanderungen durch die Mark" dem Irrtum erlegen, dass sich die "Grafen von Lindow" nach dem ma¨rkischen Lindow nannten.

Das Wappen der ehemaligen Grafen von Lindau und Ruppin hat mit dem Wappen der Grafen von Arnstein, Mu¨hlingen und Barby eine große A¨hnlichkeit. Die Grafen von Arnstein und Mu¨hlingen fu¨hrten eben sowohl einen silbernen Adler im Wappen, als die Grafen von Lindau, nur das Arnstein im schwarzen, Mu¨hlingen im blauen und Lindau im roten Feld erscheint.

Albrecht der Bär zog Adlige und Gemeine in die Mark

Gebhard I. heiratete die Witwe des Grafen Otto von Grieben. 1220 verkaufte er die Grafschaft Grieben an Markgraf Albrecht von Brandenburg. Vermutlich hat er bei diesem Verkauf die Herrschaft Ruppin in der Mittelmark erworben.

Andere Quellen berichten dagegen, das Albrecht der Ba¨r viele Adlige und Gemeine, als neue Anbauer und Einwohner, in die Mark gezogen hat. Es ist also wahrscheinlich, dass er in dem "Ruppinischen" einem seiner Feldherren - Graf Gebhard I. von Arnstein, (der sein Urenkel war), ebenfalls Gu¨ter eingera¨umt hat, die sich in den folgenden Zeiten immer weiter ausgebreitet und sowohl in der Mark Brandenburg, als auch im Magdeburgischen und Anhaltischen immer mehr Gu¨ter erworben haben. Daraus ergibt sich die Anwesenheit der Lindauer Grafen in der Mark.

Nach 1200 verlor das Kloster in Leitzkau an Bedeutung, da das Kloster in Brandenburg neu errichtet war. Die Grafen von Lindau versta¨rkten ihr Wirken mehr und mehr nach Osten (Ruppin) und ließen die Grafschaft Lindau von Amtsma¨nnern verwalten.

Um 1220 unterwarf Graf Gebhard I. von Arnstein das Gebiet o¨stlich der Ruppiner Seenkette bis Gransee und Lo¨wenberg seiner Herrschaft.

Das neue Ruppiner Adelsgeschlecht muss sich schnell vergro¨ßert haben, so dass sich bald die Notwendigkeit ergab, die unverheiratet gebliebenen To¨chter in einem Nonnenkloster unterzubringen. Das wurde als Hauskloster noch unter der Hand von Gebhard von Arnstein zwischen 1230 und 1250 in den Wa¨ldern nordo¨stlich von Ruppin gegru¨ndet. Der Name leitet sich dabei ho¨chstwahrscheinlich vom Personennamen ab: "Kloster des Grafen von Lindau".

Es wurde vom Grafen Arnstein mit reichen La¨ndereien ausgestattet und zum Hauskloster der Grafen von Lindau und Herren von Ruppin gemacht. Heute ist das im 30- ja¨hrigen Krieg 1638 zersto¨rte Kloster eine Ruine. Um das Kloster herum entstand umgeben von drei Seen ein sehr scho¨nes Sta¨dtchen, das heute noch den Namen Lindow tra¨gt und durchaus einen Besuch wert ist.

1246 erfolgt die zweite Klostergru¨ndung. Das Dominikanerkloster in Neuruppin wurde ebenfalls von Gebardt von Arnstein gestiftet. Erster Prior wurde der ju¨ngste Bruder Gebhards, Wichmann von Arnstein (geboren um 1185), vormals Prior des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg. Noch war Ruppin der Zentralort. So wurden von dort aus durch den Sohn Gebhards, Gunther I. dem Klosterort Neuruppin am 9. Ma¨rz 1256 die Stadtrechte verliehen.

Verpfändung der Grafschaft 1370

1370 verpfa¨ndete Graf Albrecht der A¨ltere von Lindau die Grafschaft Lindau fu¨r 1300 Mark Brandenburgischen Silbers und Gewichtes an Friedrich Johann I. von Anhalt. Im Jahre 1372 nahm er vom Zerbster Fu¨rsten weitere 400 Mark Pfand. Eine solche Summe konnte Fu¨rst Johann aus eigenen Mitteln nicht aufbringen.

Er nahm von Rat und Stadt zu Zerbst, sowie von mehreren Edelleuten Gelder auf, wofu¨r er diesen wieder die Benutzung der Grafschaft u¨berlassen musste. In deren Ha¨nden blieb sie bis zu dem Vertrag zwischen den Fu¨rsten und der Stadt Zerbst im Jahre 1440, nach welchem diese die Grafschaft Lindau unentgeltlich den Zerbster Fu¨rsten wieder u¨bergeben mussten.

Einfluss im Anhaltischen und Brandenburgischen

Schon 1373 wollte Graf Albrecht von Lindau die Grafschaft Lindau nebst Mo¨ckern an Kaiser Karl IV. fu¨r 12400 Schock bo¨hmischer Groschen verkaufen. Da es aber dem Kaiser auch an Geld fehlte, wurde nichts aus dem Kauf und Graf Albrecht der Ju¨ngere u¨berließ endlich das Land 1457 fu¨r die entliehenen 1700 Mark und die merklichen Aufschla¨ge an Zinsen den Fu¨rsten Adolf und Albrecht auf einen Wiederkauf. Daher durften die Grafen bis zum Erlo¨schen ihres Stammes 1524 den Titel Grafen von Lindau fortfu¨hren.

Die Grafen von Lindau und Herren von Ruppin waren zu ihrer Zeit eine einflussreiche Familie, die sich durch Heirat, gute Wirtschaft, Krieg und andere Wege immer weiter ausgebreitet und immer mehr Gu¨ter erworben hatten.

Auch politisch waren sie sehr aktiv. Sie hatten großen Einfluss sowohl im Anhaltischen wie auch im Brandenburgischen. Die Gro¨ße ihres Einflusses, la¨sst sich an Hand der vielen noch heute in den Archiven vorhandenen Urkunden beweisen.

Mit Wichmann I. starb 1524 das Geschlecht der Grafen von Lindau und Herren von Ruppin aus.

So haben sowohl das Sta¨dtchen Lindau in Anhalt, als auch die Stadt Lindow in der Mark die gleichen historischen Wurzeln.