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Katastrophenschutz Einheitsgemeinde Zerbst will flächendeckend Sirenen zur Warnung bei Gefahren reaktivieren

Flächenbrände, giftiger Qualm, Stürme, Starkregen, Überschwemmungen, Stromausfälle – Katastrophenszenarien gibt es viele. Wie sollen die Bürger im Ernstfall und vor allem effektiv gewarnt werden? Diskutiert wird momentan die Reaktivierung von Sirenen. Was sagen die Stadtpolitiker? Volksstimme hat sich im Stadtrat umgehört.

Von Thomas Kirchner 30.07.2021, 10:16
Auf dem Gerätehaus in Jütrichau ist noch eine Sirene installiert, die laut Stadtwehrleiter Denis Barycza auch bei Alarmierungen regelmäßig genutzt wird.
Auf dem Gerätehaus in Jütrichau ist noch eine Sirene installiert, die laut Stadtwehrleiter Denis Barycza auch bei Alarmierungen regelmäßig genutzt wird. Foto: Thomas Kirchner

Zerbst - Kyrill im Januar 2007, Xavier im Oktober 2017, Friederike im Januar 2018 oder Sabine im Februar 2020 – orkanartige Stürme ja selbst Tornados sind längst keine Seltenheit mehr. Was in den Nachrichten weit weg scheint, kann jeden treffen – auch Überschwemmungen durch Starkregen. Es braucht keine Sturzfluten, um Leib, Leben, Hab und Gut in höchste Gefahr zu bringen.

Nach den jüngsten Ereignissen wird nun deutschlandweit darüber diskutiert, wie man die Bürger im Katastrophenfall am schnellsten und vor allem am effektivsten warnen kann. In den Fokus rücken dabei die altbewährten Sirenen, die allerdings vielerorts von den Dächern verschwunden sind. Die Zerbster Kommunalpolitiker sprechen sich mehrheitlich für eine Reaktivierung von Sirenen aus.

Stadtverwaltung plant schon länger Installation von Sirenen

„Wir haben uns gleich bei Veröffentlichung des Sirenenprogramms des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit dem Thema beschäftigt, da wir nicht mehr in allen Orten – einschließlich der Stadt – über Sirenen verfügen“, sagt Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD).

Das Ordnungsamt arbeite in seinem Auftrag derzeit an der notwendigen Antragstellung, um so viele Sirenen wie möglich nachrüsten zu können. „Allerdings werden die jüngsten tragischen Ereignisse vermutlich dazu führen, dass es mehr Anträge als Mittel gibt. Insofern bin ich froh, dass wir schon einen Vorlauf haben“, so Dittmann.

Linke halt Sirenen für nicht erforderlich

Uwe Krüger (SPD) sagt: „Es kann nicht verkehrt sein, wieder in allen Ortsteilen Sirenen zu installieren, so dass eine flächendeckende Alarmierung in Ernstfall gegeben ist. Dieses sollte, wenn möglich in Verbindung mit Förderprogrammen realisiert werden.“

Alfred Schild (Linke) hält Warnung durch Sirenen nicht für erforderlich. „Unsere Feuerwehr, das Amt für Brand- und Katastrophenschutz und unsere Stadtverwaltung sind bestens vernetzt und gut organisiert. Ob zusätzliche Sirenen erforderlich sind, um vor ’Sturzfluten in der Nuthe’ zu warnen, ist eher zu bezweifeln“, erklärt Schildt.

Aufklärung der Bürger nötig

Das sieht der Vorsitzende der Freien Fraktion (FFZ) anders. „Akustische Signale zur Warnung vor Gefahren sind immer wirkungsvoll. Deswegen halte ich Sirenen auch für sehr sinnvoll“, erklärt Mario Rudolf. Die Alarmierung der Feuerwehren in den Ortschaften laufe ja schon jetzt zweigleisig. Die Einsatzkräfte werden durch die Leitstelle informiert, gleichzeitig wird ein Sirenensignal ausgelöst. „Leider ist die Sirenentechnik nicht überall auf dem neusten Stand und mancherorts auch zu leise“, so Rudolf.

Außerdem sollte die Bevölkerung über die unterschiedlichen Alarmsignale aufgeklärt werden, damit bewusst wird welche Gefahren drohen. „Das kann übrigens auch schon in Kindergärten und Schulen vermittelt werden. Eine weitere Variante wäre die Warnung im Katastrophenfall über das Läuten der Kirchenglocken, denn hiermit haben wir eine breitflächige akustische Erreichbarkeit der Bevölkerung“, macht Rudolf deutlich.

Das sieht die AfD-Fraktion ähnlich. „Wenn es um Leib und Leben geht, sind Sirenen für Warnungen im Katastrophenfall sehr wichtig. Übrigens könnten auch Kirchenglocken zur Warnung eingesetzt werden. Man sollte alle Möglichkeiten nutzen“, der Fraktionsvorsitzende Dirk Tischmeier. Die altbewährten Sirenen hätten Jahrzehnte lang gute Dienste geleistet.

Land und Bund müssen bei Finanzierung unterstützen

„Die Stimmen, auch seitens des Bundes, werden nach den jüngsten Ereignissen lauter, wieder flächendeckend Sirenen zu installieren. Bei der Finanzierung sollten die Kommunen allerdings nicht alleine gelassen werden. Unterstützung von Land und Bund ist hierbei dringend erforderlich“, betont Tischmeier.

Wilfried Bustro, Fraktionsvorsitzender der CDU sagt: „Die Vorwarnung der Bevölkerung in besonderen Situationen ist immer notwendig. Jeder Ortsteil muss mit einer Sirene ausgestattet sein. Dabei ist darauf zu achten, dass sie im Ernstfall auch von jedem Einwohner wahrgenommen werden kann.“

Nicole Ifferth (UWZ) erinnert an den Warntag 2020, der vielerorts erhebliche Mängel zutage treten ließ. „Resultierende Konsequenzen gab es kaum. Das muss sich unbedingt ändern. Wir denken, dass Sirenen am störungsfreisten und einfachsten einzusetzen sind“, so Ifferth. Apps oder Nachrichten auf dem Handy setzten immer ein intaktes Netz und die ständige Erreichbarkeit jedes Bürgers voraus. „Nicht alle Menschen haben ihr Handy ständig zur Hand, verschiedene Berufe und Lebenssituationen machen dies unmöglich. Wenn Eile geboten ist, kann man nur mit Sirenen viele Bürger sicher und schnell erreichen, gerade auch im ländlichen Raum. Hier besteht dringend Handlungsbedarf“, so Ifferth.

Warnung durch Sirenen in schlimmsten Fällen

„Sirenen sollten nur in Extremsituationen schlimmster Art in Verbindung mit Informationen zur Art der Gefährdung zum Einsatz kommen“, sagt Bernd Wesenberg (Grüne). Wesenberg betont: „Die Installation einer ausreichenden Anzahl von Sirenen, also flächendeckend auch in allen Zerbster Ortschaften, ist Voraussetzung dafür, dass in allerhöchsten Gefahrensituationen alle Bürger – gegebenenfalls auch am Arbeitsplatz und in der Nacht – gewarnt werden können.“

„Wir haben in einigen Ortsteilen noch Bestandsanlagen. Nach dem Warntag 2020 haben wir alle Sirenen inzwischen umprogrammieren lassen, so dass der Landkreis im Katastrophenfall die Sirenen einzeln oder komplett auslösen kann“, erklärt Stadtwehrleiter Denis Barycza.

Wie der Bürgermeister bereits erläutert habe, habe man sich in Zerbst schon länger mit dem Thema Sirenen beschäftigt, so Barycza. „Wir wollen das Förderprogramm in Höhe von insgesamt 80 Millionen Euro nutzen, um auch in Zerbst wieder Sirenen, übrigens auch mit Durchsagemöglichkeit, zu installieren“, so Barycza.