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Heimatgeschichte Einstige Pracht ist längst Vergangenheit

Der Zerbster Bahnhof hat im Laufe der Zeit seinen Glanz verloren. Ein Rückblick.

Von Daniela Apel 11.06.2017, 08:00

Zerbst l „Die Dampflok fährt in den Zerbster Bahnhof ein“, erkennt Hans-Joachim Heinemann sofort „ein Stück historisches Zerbst“ in dem Schwarz-Weiß-Foto wider. „Man könnte weinen, wenn man den heutigen Verfall sieht“, bedauert er den jetzigen Zustand des ursprünglich so einladend ausschauenden Gebäudes und dass es keinen Verein zur Erhaltung solcher Schönheiten gibt. „Heute hat die Bahn zwar die Bahnsteige erneuert, aber der Bahnhof selbst ist leider kein Aushängeschild für eine historisch gewachsene Stadt“, steht er mit dieser Meinung nicht allein.

„Man muss sich schämen, wenn Besuch mit dem Zug ankommt“, findet ebenfalls Andreas Indenbirken. Fasziniert beschreibt der Zerbster die um 1900 entstandene Aufnahme, die noch drei Gleise zeigt - zwei für den Personen- und eines für den Güterverkehr. Auf den Bahnsteigen sorgten damals Gaslaternen für Licht. „Und man konnte Gepäck aufgeben“, weist Andreas Indenbirken auf die abgebildeten Postwagen hin. Erfrischen konnten sich die Reisenden derweil an der Getränkequelle, die sich noch immer – allerdings längst abgestellt – außen am Bahnhofsgebäude befindet, dessen Architektur sich seither verändert hat. So ist beispielsweise das Türmchen mit den Zinnen einem Spitzdach gewichen.

„In den sechziger Jahren habe ich als Stift gern zugesehen, wenn hier eine Dampflok durchgefahren ist“, erzählt Andreas Indenbirken beim Anblick des alten Heimatfotos. Und an noch etwas erinnert er sich: „Mit meiner Schwester bin ich zusammen nach Dessau für 3,20 Mark hin und zurück in der zweiten Klasse gefahren.“

„Ich habe mal in der Karl-Marx-Straße gewohnt“, berichtet Ingeborg Flügel, die oft am Bahnhof vorbeigekommen ist. „Dort gab es mal eine wunderschöne Gaststätte, in der wir als junge Mädels Brause oder Brühe getrunken haben“, erzählt sie. Geführt wurde die Wirtschaft von einem älteren Ehepaar. Auch an deren Tochter und Schwiegersohn kann sich die Zerbsterin entsinnen. Denn die beiden hatten Nachwuchs und um den kümmerte sich Ingeborg Flügel. 1968/69 sei es gewesen, dass sie mit der kleinen Tochter mehrmals die Woche ein- bis zweistündige Spazierfahrten unternahm. „2 Mark habe ich dafür erhalten“, verrät sie.

„Für mich verbinden sich viele Erinnerungen mit dem abgedruckten Foto. Ich habe meine Kindheit dort verbracht“, erklärt Detlef Otto. Denn von 1942/43 bis 1963 hatten seine Großeltern – das Ehepaar Buttgereit – die Gaststätte gepachtet. „Das gesamte Bahnhofsgelände gehörte zum Streifgebiet unserer Kinderclique“, schaut er zurück.

„Es handelt sich um eine 89er Dampflok mit Personenwagen beobachtet haben, vermutet Günter Schubert aus Garitz mit Blick auf die von der Kamera eingefangene Eisenbahn. „Der gerade einfahrende Zug kommt aus Güterglück zur Weiterfahrt nach Dessau. Auch die kleine Tenderlok ist typisch für diese Zeit“, datiert Lothar Platte aus Schora das Foto richtig in die Jahrhundertwende ein. „Bis 1928 konnte man auch noch auf die Zerbster Pferdebahn umsteigen und weiter in die Innenstadt fahren“, berichtet er von den Erzählungen seiner Großmutter. „An den Zerbster Bahnhof habe ich noch Erinnerungen aus den Jahren 1960/62, als ich in Zerbst zur Schule gegangen bin. Da war da noch richtig Betrieb mit Fahrkartenausgabe, Bahnhofgaststätte und Gepäckannahme“, ergänzt er. „Ich finde es sehr traurig, dass der Bahnhof so verludert und die Stadt nichts machen kann“, erklärt Birgit Herrmann aus Nutha. Denn das Gebäude gehört einem privaten Investor. Unterdessen wünscht sich Gisela Thiem aus Zerbst, dass endlich mal jemand die Uhr repariert, die permanent Dreiviertelzwei anzeigt.

Auch Ursula Hackemesser aus Zerbst und Andrea Gedam aus Güterglück ordnen das gesuchte Motiv richtig zu. Über den verlosten Sachpreis kann sich Detlef Otto freuen. Der Gewinn kann werktags ab 9 Uhr in der Zerbster Lokalredaktion abgeholt werden.