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Feuerwehr Landespolitiker fordern mehr Geld

Die Diskussion um Landesförderungen für die Feuerwehren geht weiter.Landtagsmitglieder erfragen konkrete Fördersummen.

Von Thomas Kirchner 22.09.2020, 01:01

Zerbst l In einem Beitrag der Zerbster Volksstimme vom 29. Juli hatte Anhalt-Bitterfelds Kreisbrandmeister Heiko Bergfeld die mangelnden Zuwendungen des Landes Sachsen-Anhalt zur Förderung des abwehrenden Brandschutzes beklagt.

Rüdiger Erben, Parlamentarischer Geschäftsführer und innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Magdeburger Landtag, und Landtagsmitglied Holger Hövelmann (ebenfalls SPD) wollten es jetzt genau wissen und stellten eine kleine Anfrage an die Landesregierung.

Die beiden Landespolitiker hatten zwei konkrete Fragen: Wie viel Fördergeld des Landes ist zum abwehrenden Brandschutz – beispielsweise zum Bau von Gerätehäusern und zur Beschaffung von Einsatzfahrzeugen – in den Jahren 2011 bis 2020 und in den Jahren 2001 bis 2008 insgesamt geflossen?

Was die Antwort und damit die Zahlen verraten: Der Kreisbrandmeister liegt mit seiner Einschätzung und Kritik wohl nicht ganz daneben. Sind es in den acht Jahren von 2001 bis 2008 noch 700. 000 Euro, also jährlich durchschnittlich 87.500 Euro gewesen, die als Fördermittel für die Feuerwehren in die Einheitsgemeinde geflossen sind, waren es in den zehn Jahren von 2011 bis 2020 nur noch 33.122 Euro im Durchschnitt und pro Jahr – insgesamt 331.220 Euro. Das ist ein Minus von rund 62 Prozent.

Das bedeutet konkret: Wurden zwischen 2001 und 2008 noch sieben Einsatzfahrzeuge (für die Ortswehren Moritz, Lindau, Bärenthoren, Steckby, Steutz und zwei für Zerbst) mit insgesamt 510.210 Euro sowie zwei Baumaßnahmen an Gerätehäusern (in Deetz 2001, 2002 und Lindau 2008) mit insgesamt 189.790 Euro gefördert, waren es zwischen 2011 und 2020 nur noch ein Einsatzfahrzeug für Zerbst (190.000 Euro) und zwei Baumaßnahmen in Buhlendorf und Jütrichau (insgesamt 141.220 Euro).

Hinzu kommen laut Antwort der Landesregierung für beide Zeiträume Zuwendungen in Höhe von 188.000 Euro für Jugendfeuerwehren und für die Beschaffung von Digitalfunktechnik sowie Zuschüsse für den Erwerb von Lkw-Führerscheinen. Das wären dann noch einmal durchschnittlich etwa 10.000 Euro Fördermittel pro Jahr in 18 Jahren.

Auch hier der Hinweis der Landesregierung, dass das Land Sachsen-Anhalt auf freiwilliger Basis die Beschaffung von ausgewählten Einsatzfahrzeugen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel unterstützt. Weiter heißt es, „dass sich die Träger der Feuerwehren grundsätzlich auf die Umsetzung der Investitionen ohne Fördermittel einstellen müssen“. Bei einer Gemeinde mit einer größeren Anzahl an Ortsfeuerwehren sei das bekanntermaßen eine anspruchsvolle Aufgabe.

Nach Berlin, Hamburg, Gardelegen und Möckern ist die Einheitsgemeinde Zerbst mit 468 Quadratkilometern, insgesamt 56 Ortschaften, 19 Ortsfeuerwehren und insgesamt 27 Feuerwehrstandorten die fünftgrößte Flächenstadt Deutschlands. Zum Vergleich: Düsseldorf erreicht nur Platz 74, Stuttgart Platz 92 und Hannover Platz 97.

„Die von der Landesregierung auf unsere Anfrage hin herausgegebenen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, 2016 bis 2021 100 Millionen Euro für neue Gerätehäuser und Fahrzeuge an die Kommunen auszureichen“, sagt Rüdiger Erben. Davon sei leider nichts übrig geblieben. „Ich hätte mir deutlich mehr Kampfgeist und Durchsetzungskraft von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) gegenüber dem Finanzministerium gewünscht. Beides fehlte, die Folgen kann man auch in Zerbst besichtigen“, ärgert sich Erben.

Auch Holger Hövelmann sieht die Entwicklung mehr als kritisch. „Mit dem Konjunkturpaket haben wir nach der Wirtschaftskrise 2009 gute Erfahrungen gemacht und viele Investitionen ermöglicht“, sagt Hövelmann, der in Zerbst wohnt. Auch der Brand- und Katastrophenschutz habe damals davon profitiert.

„Deshalb fordert die SPD ein kommunales Investitionsprogramm, das die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie zu bewältigen hilft und gleichzeitig den Investitionsstau der vergangenen Jahre auflöst“, so Hövelmann. Er hat auch gleich Verwendung für das Investitionsprogramm: „Neben den Feuerwehren bedarf es Investitionen in Straßen und Radwege genauso wie in den Ausbau der digitalen Infrastruktur.“

Nach Angaben von Stadtwehrleiter Denis Barycza erreichen allein in der Einheitsgemeinde Zerbst in den nächsten zehn Jahren 20 Einsatzfahrzeuge ihre festgelegte Nutzungsdauer. Das sei von den Kommunen wohl keinesfalls allein zu stemmen. Das schreie nach entsprechenden Fördertöpfen, so Barycza im Beitrag vom Juli.

Kreisbrandmeister Heiko Bergfeld sieht den Brandschutz in Sachsen-Anhalt sogar mittelfristig vor dem Kollaps. Es sei absolut wichtig, dass die Fördermittel auch in geplanter Höhe von 100 Millionen Euro und im Zeitraum von sechs Jahren in die Kommunen fließen, fordert der Anhalt-Bitterfelder Kreisbrandmeister.

„Ich kann dem Kreisbrandmeister wie auch meinem Stadtwehrleiter in der Konsequenz nur zustimmen. Natürlich ist der Brandschutz eine kommunale Angelegenheit, aber die Spielregeln und Standards bestimmt wiederum der Gesetzgeber und da sind wir beim Stichwort Konnexität, also wer bestellt, bezahlt. Da sind wir ein ganzes Stück von entfernt“, kommentiert Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) die Querelen um die Landesförderung für Feuerwehren.

Hintergrund: Für die Jütrichauer Ortsfeuerwehr sollte im nächsten Jahr ein modernes Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug – ein HLF 10 – angeschafft werden. Die Stadt hat Geld eingeplant und Fördergeld für die Kofinanzierung beantragt. 290 000 Euro waren dafür im Investitionsplan für 2021 veranschlagt – 145.000 Euro sollten als Zuweisungen vom Land fließen.

Auch ein Antrag auf Fördermittel für ein neues Tanklöschfahrzeug für die Ortswehr Reuden wurde gestellt. Das TLF sollte schon dieses Jahr angeschafft werden. Im Haushaltsplan für 2020 sind dafür 300.000 Euro kalkuliert – rund die Hälfte sollte als Zuschuss fließen. Das Land lehnte es ab, den Kauf der beiden Fahrzeuge zu fördern.