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Feuerwehr Zentrale Grundausbildung gefordert

Die Feuerwehren in den Zerbster Ortschaften brauchen dringend Personal. Doch der Weg dahin ist schwierig.

Von Petra Wiese 27.04.2018, 08:00

Zerbst l Wer tatsächlich im Ernstfall Feuer bekämpfen oder bei anderen Einsätzen mit ins Feld ziehen will, muss bei der Feuerwehr zunächst eine umfangreiche Ausbildung durchlaufen. Doch wie umfangreich ist diese genau? Diese Frage wurde unlängst im Steutzer Ortschaftsrat gestellt. Oftmals könnten sich die Leute gar nicht vorstellen, was eigentlich dahinter steckt.

„Wenn es richtig gut läuft, haben wir nach drei Jahren einen ausgebildeten Truppmann und die Grundausbildung ist abgeschlossen“, macht Stadtwehrleiter Denis Barycza deutlich. Am Anfang der Ausbildung zum Truppmann oder zur Truppfrau steht ein Grundausbildungslehrgang, die Truppmannausbildung Teil 1. Ziel dieses Lehrganges ist die Befähigung zur Übernahme von grundlegenden Tä- tigkeiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz in Truppmannfunktion unter Anleitung.

Der Kurs dauert mindestens 70 Stunden und ist die Voraussetzung für Teil 2 der Truppmannausbildung, der noch einmal mindestens 80 Stunden umfasst. Eine Stunde entspricht einer Unterrichtsstunde von 45 Minuten. Im Teil 2 geht es um die selbstständige Wahrnehmung der Truppmannfunktion im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz sowie die Vermittlung standortbezogener Kenntnisse. Das sind insgesamt 150 Ausbildungsstunden, die investiert werden müssen.

Nun könnte ein Laie meinen, in rund drei Wochen – bei acht Stunden am Tag – dürfte ein Feuerwehrmann somit fertig ausgebildet sein. Doch diese Milchmädchenrechnung geht nicht auf. Bei Feuerwehren mit Atemschutzausrüstung sollen im Rahmen der Truppmann-ausbildung noch die Lehrgänge „Sprechfunker“ und „Atemschutzgeräteträger“ absolviert werden. Das sind noch einmal mindestens 16 und weitere 25 Ausbildungsstunden. Das macht fast 200 Ausbildungsstunden.

Solche kompakte Schnellbesohlung gibt es allerdings nicht. Innerhalb der Stadtfeuerwehr Zerbst wurde die Truppmann-Ausbildung bisher in den Ortsfeuerwehren oder innerhalb der Ausbildungs- und Ausrückebereiche durchgeführt, erläutert der Stadtwehrleiter. Also Stück für Stück, Woche für Woche, Monat für Monat.

Wenn die Ausbildung innerhalb der Feuerwehr selbst durchgeführt wurde, hat es ein gutes Jahr gedauert, bis die 70 Stunden-Ausbildung nach Feuerwehrdienstvorschrift 2 absolviert war. Als nächste Hürde in der Grundausbildung ist eine theoretische und praktische Prüfung abzulegen.

„Nur mit bestandener Truppmann-Teil-1-Prüfung dürfen die Kameraden an Einsätzen teilnehmen und erste Aufgaben übernehmen“, erklärt Denis Barycza. Nach der Prüfung ist es auch erst möglich, die Kameraden für den Sprechfunker-Lehrgang auf Kreisebene anzumelden. Nach der Ausbildung zum Sprechfunker, die 16 Stunden Analog- und 8 Stunden Digitalfunk umfasst, sollte die Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger mit Ausbildung im Brandübungscontainer absolviert werden. Parallel beginnt der zweite Teil der Grundausbildung, der 80 Stunden innerhalb zwei Jahre umfasst. Und schon sind drei Jahre um.

Wer die Truppmannausbildung in der Tasche hat, kann den Lehrgang zum Truppführer – mindestens 35 Stunden – machen. Ziel dieser Ausbildung ist die Befähigung zum Führen eines Trupps nach Auftrag innerhalb der Gruppe oder Staffel. Zur Weiterbildung und Qualifizierung stehen den Feuewehrleuten dann zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Lehrgänge werden auf Kreis- und Landesebene angeboten. Stufe für Stufe kann am Ende der Spirale der „Leiter einer Feuerwehr“ stehen.

Mit der Vorgabe des nach Jahren abgestuften Verlaufes des aufeinander folgenden Einsatzes in Funktionen und Führungsfunktionen ist laut Laufbahnverordnung für Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren beabsichtigt, dass die Führung einer Freiwilligen Feuerwehr nur denjenigen Mitgliedern im Einsatzdienst übertragen werden kann, die Erfahrungen innerhalb der Laufbahn der Feuerwehr gesammelt haben. Im Idealfall kann sich die Einsatzkraft also über den Einsatz als Truppführer, Gruppenführer, Zugführer und Verbandsführer auf die Leitung einer Einsatzeinheit oder einer ganzen Feuerwehr vorbereiten.

Dass die Ausbildung bei der Feuerwehr so langwierig ist, ist durch den Verordnungsgeber bewusst gewählt. Viele in kurzer Zeit aufeinander folgende Lehrgänge stellen oftmals eine Überforderung dar. Die Kräfte sollen in ihre Aufgaben hineinwachsen. Eine Eignung für eine Funktion müsse sich herausbilden.

Die Stadt Zerbst hat inzwischen schon einige Anreize geschaffen, um die Kameraden in den Ortswehren für Weiterbildungen, Dienststunden, Nachweise zu motivieren. Dochdas reicht auf die Dauer nicht, weiß Barycza. Neue Mitglieder lassen sich nur schwer finden, auch wenn die Nachwuchsarbeit in einigen Ortswehren sehr gut läuft. Die Personalknappheit ist akut. Der demografische Wandel und häufig lange Arbeitswege der Einsatzkräfte wirken sich aus. Der Bestand von zehn Ortswehren in der Zerbst ist in Gefahr.

Doch es wird etwas getan, um Stück für Stück voran zu kommen. „Im Herbst möchten wir erstmalig eine teilweise zentralisierte Grundausbildung Teil I für die Ortsfeuerwehren der Stadt Zerbst anbieten“, so Denis Barycza. Ziel dieser zentralisierten Ausbildung ist es, deutlich schneller und effektiver neue Kameradin- nen und Kameraden auszubilden.

Manchmal gibt es einen, manchmal zwei Kameraden in den einzelnen Ortswehren, die den Lehrgang brauchen, so Barycza. Da mache es Sinn, die Leute zusammen zu nehmen. An drei Wochenenden plus Erste Hilfe-Kurs soll die Ausbildung erfolgen. Im September soll der Lehrgang beginnen. Der Bedarf bei den Ortsfeuerwehren sei da, so Denis Barycza. Zirka 15 Leute kommen da bis jetzt schon zusammen.

Überlegungen gibt es außerdem, für den Teil 2 der Truppmannausbildung einzelne Module in den Wintermonaten, wenn die Leute mehr Zeit haben, anzubieten. „Eine zweite Sache, um die wir uns kümmern, um die drei Jahre zu verkürzen“, erklärte der Stadtwehrleiter.

Zu den Ortsfeuerwehren, die derzeit auf der Kippe stehen, gehört auch die in Steckby. Dort wird demnächst eine Versammlung der Einwohner einberufen, um über die Zukunft der Ortswehr zu beraten und um Mitglieder zu werben. Wer sich da bereit erklärt, der könnte schon im Herbst bei der zentralen Grundausbildung zum Truppmann Teil 1 mit dabei sein.