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Im Raum Zerbst ist Birgit Friedrich zuständige Lebensmittelkontrolleurin / Die Volksstimme begleitete sie zu einer Kontrolle im Restaurant "Rephuns Garten" Für den Verbraucher wird ganz genau hingesehen

Von Judith Kadow 05.07.2010, 07:35

Sechs Lebensmittelkontrolleure und zwei Tierärzte überwachen rund 3500 Betriebe im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Im Bereich Zerbst ist Birgit Friedrich die zuständige Kontrolleurin, die die Volksstimme bei einer Kontrolle im Restaurant "Rephuns Garten" begleitete.

Zerbst. Über den Hintereingang betritt die Lebensmittelkontrolleurin den Restaurantraum von "Rephuns Garten". Inhaber Henning Strüber begrüßt die Besucherin freundlich. Sie ist nicht zum ersten Mal da. Hier wirft sich Birgit Friedrich einen weißen, frisch gewaschenen Kittel über. Ein kleines Notizbuch verschwindet in einer ihrer Taschen.

"Das ist alles im erlaubten Bereich"

"In Großküchen würde ich mir jetzt noch eine Haube aufsetzen, aber in diesem Fall geht es auch ohne", sagt Friedrich. Doch auf die Überzieher für die Schuhe verzichtet sie nicht. Schließlich sollen keine Unreinheiten bis in die sensibelsten Bereiche des Restaurants, wie die Küche, getragen werden.

Schon beginnt die Kontrolle. Mit dem Notizbuch in der Hand betritt sie den so genannten Office-Bereich. Hier wird der Kaffee zubereiten, letzte Vorbereitungen vom Service-Personal getroffen. "Und hier steht auch schon der erste Kühlschrank", fällt Friedrich sofort auf. Kühlschränke seien immer interessant. In diesem Fall lagern Getränke und Milchkartons darin. Auf den ersten Blick sieht Friedrich eine angefangene Milch. "Das geht so nicht, dafür ist die Temperatur nicht niedrig genug. Sie müsste im Kühllager stehen." Umgehend ruft Strüber einen Mitarbeiter. "Bring die Milch ins Kühllager."

Schon steuert Friedrich die Kaffeemaschinen an. An der Wand hängt die Bedienungsanleitung. Dies nimmt die Kontrolleurin mit Wohlwollen zur Kenntnis. "Wir reinigen die Maschinen täglich", erklärt Strüber ruhig.

In der Patisserie glänzt ein Kühltisch, der zu diesem Moment nicht genutzt wird. Nichts steht unnötig im Weg herum, es ist sauber. Doch der erste Handgriff gilt den Kühltruhen, die an der Wand stehen. Warentrennung – dieses Wort wird im Laufe der Kontrolle noch des Öfteren fallen. "Wir haben eine Truhe für Speiseeis, eine für Gemüse, eine für Brötchen und eine für Fisch", erklärt Strüber. Auch die Temperaturen in den Truhen stimmen. Jede einzelne kontrolliert Friedrich. Mal zeigt das Thermometer -18 Grad Celsius, mal -25 oder sogar -30 Grad. "Das ist alles im erlaubten Bereich. Die oberste Grenze für Tiefkühlkost ist -18 Grad." Allerdings findet Friedrich dennoch ein, zwei Makel. "Wann wurden denn die Eiskartons geöffnet?", fragt sie nach. Eine Frage, die Strüber nicht beantworten kann. "Wir verbrauchen es so schnell wie möglich", sagt er. Zudem könnte es nicht allzu lange geöffnet gelagert werden, da es sonst kristallisiert. "Spätestens dann entsorgen wir es." "Schreiben sie es am besten drauf. Dann wissen sie mit einem Blick Bescheid", rät Friedrich und notiert sich den Mangel im Notizbuch.

Eine Truhe weiter stimmen die Beschriftungen. Der Rotkohl wurde am 27. Juni eingefroren. Brechbohnen und Spinat warten drauf, zu einem Menü verarbeitet zu werden. Der letzte Gang in diesem Raum führt Friedrich zum Handwaschbecken. Das Wasser läuft warm und kalt durch, der Seifenspender ist gefüllt, eine Papierrolle liegt griffbereit.

"Hier kann ich bis zum Grund sehen – ein gutes Zeichen"

Auch in der Küche, dem hygienisch betrachtet sensibelsten Bereich eines Restaurants, schaut sich Friedrich mit routiniertem aber aufmerksamen Blick um. Sie kennt das Restaurant von früheren Kontrollen, lässt ihre Erfahrung spielen, weiß, auf welche Ecken und Details sie besonders achten muss. Der erste Blick gilt dem Mülleimer, der mit einer Abdeckung versehen ist. "Grade im Sommer ist das enorm wichtig."

Dann steuert die Kontrolleurin gezielt auf eine große Gallone Öl zu. "Hier schaue ich, ob es sich um reines Rapsöl oder gentechnisch verändertes Öl handelt." Warum, das zeigt sich später. Auch hier blitzten und glänzen die Arbeitsflächen der ungenutzten Kühltische. Der eine zeigt eine Kühltemperatur der Fächer von fünf Grad an. "Fisch und Hackfleisch muss bei höchsten sieben Grad gelagert werden", erklärt Friedrich. Nochmals zwei bis drei Grad darunter sei die ideale Lagertemperatur. Ein Blick in die Fritteuse und auch den besteht das Unternehmen mit Bravour. "Hier kann ich bis zum Grund der Fritteuse sehen. Das ist ein gutes Zeichen", weiß Friedrich aus Erfahrung. Schließlich ist sie seit 20 Jahren in diesem Beruf tätig. Altes, ranziges Öl werde dunkel. Abfallende Panade verunreinigt das Öl zusätzlich. "Im Zweifelsfall habe ich ein Messgerät, das zeigt, wie die Qualität des Fettes ist." Im schlimmsten Fall nimmt sie eine Probe und lässt diese untersuchen.

Auch die Dunstabzugshaube hält einem prüfenden Griff stand. Kein Fettablagerungen zu finden. Dafür findet sie Fettspuren auf dem Griff eines Faches am Kühltisch. "Griffe sind immer Gefahrenstellen. Was man an den Händen hat, trägt man weiter." Von Sahne und Brüh-Pulver prüft Friedrich die Mindesthaltbarkeitsdaten. Auch das Fleisch, das in einem der Kühltische lagert, schaut sie sich an. Es ist frisch, keine Beanstandungen. "Dafür muss auch der Koch einen Blick haben", sind sich Friedrich und Strüber einig. Er sollte sozusagen der hausinterne Qualitätsprüfer sein. "Unsere Köche verwenden nur sichere Lebensmittel. Bei Zweifeln werfen wir die Waren sofort weg."

Doch nicht nur die Qualität und Haltbarkeit der Lebensmittel interessieren Friedrich. Auch der bauliche Zustand der Räume und der Zustand der Technik unterliegen der Kontrolle. "Nach oben zu schauen, ist auch wichtig", betont sie und sieht prompt eine Deckenleuchte ohne Abdeckung. "Da muss wieder eine angebracht werden." Außerdem fällt ihr eine aufgerissene Fuge zwischen oberster Kachelleiste und Decke auf.

Im Keller befinden sich die Kühlräume. Im Vorratsraum stehen Ananas-, Mandarinen- und Obstkonserven in den Regalen. Daneben liegen Nudelpackungen und Reissäcke. Stichprobenartig wirft Friedrich einen Blick aufs Mindesthaltbarkeitsdatum.

Dasselbe Prozedere wiederholt sich in den weiteren Kühlräumen. Auch im Gemüse-Lager wird Warentrennung groß geschrieben. Eine Kiste Möhren, Sellerie und Lauch liegen nebeneinander. Auch in den Regalen hat jedes Gemüse seine eigene Schachtel. In einem weiteren Lager sind Milchprodukte und Eier zu finden. Hier steht auch die vom oberen Kühlschrank längst nach unten gebrachte offene Milch. Vorn im Regal. "In unserem Haus gilt der Rhythmus, die schon eingelagerten Sachen vorn im Regal zu haben, damit diese zuerst verbraucht werden", erklärt Henning. Die meisten Haushalte machen es nicht anders. Die gefliesten Böden sind sauber. Die Regal geordnet.

Ein prüfender Blick in die Umkleiden und Personaltoiletten folgt. Ein Stückchen Handseife, das auf dem Handwaschbecken der Frauentoiletten liegt, fliegt sofort in den Mülleimer. Nicht erlaubt. "Haben sie auch Desinfektionsmittel hier?", fragt Friedrich. "Die Flüssigseife ist antibakteriell", erwidert Henning Strüber. Ein letzter Blick auf die Reinigungsliste der Toiletten. "Sie ist Teil der Dokumentation", erklärt Friedrich.

Nach der Kontrolle der Schankanlage folgt der letzte Kontrollpunkt für diesen Tag: die Speisekarte. Nun spielt auch das kontrollierte Öl wieder eine Rolle. Ist es gentechnisch verändert, muss dies auf der Speisekarte vermerkt sein, ebenso wie die Zusatzstoffe in den übrigen verwendeten Lebensmitteln, falls vorhanden. Die Speisekarte erfüllt diese Kriterien. Doch bei den Frühstücksplatten, die nicht auf der Karte stehen, muss zukünftig ein Aufsteller mit entsprechenden Verweisen dazu gestellt werden, damit die Gäste über Zusatzstoffe informiert sind.

"Seit 2006 gilt europäisches Recht, das im Bereich der Lebensmittelhygiene den Betrieben viel Eigenverantwortung bei der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit gibt", erklärt der Sachgebietsleiter Lebensmittelüberwachung, Dr. Reinhard Bange.

"In diesem Fall war die Dokumentation in Ordnung"

Beispielsweise müssen Betriebe die Lebensmittel verarbeiten, täglich die Kühltemperaturen ihrer Lagerstätten aufzeichnen. Ein Reinigungs- und Desinfektionsplan für den Betrieb ist gefordert, ebenso wie die Dokumentation der Schädlingsbekämpfung, die Gesundheitszeugnisse der Mitarbeiter und Nachweise zur Herkunft der Lebensmittel, aber auch das Betriebsbuch der Schankanlage.

"Es gibt einiges aufzuschreiben, damit wir alles sicher nachvollziehen können", weiß Bange. "In diesem Fall war die Dokumentation in Ordnung."

Zum Abschluss fertigt Friedrich einen Kontrollbericht an. Den Durchschlag behält sie, das Original reicht sie an Strüber weiter. Darauf stehen nun die "Hausaufgaben", die es sofort oder mit angemessenen Fristen zu erledigen gibt. "Die Griffe am Kühltisch sind zum Beispiel sofort zu reinigen", nennt Friedrich ein Beispiel. "Die Reparatur der Deckenfugen sollte innerhalb von zwei Wochen geschehen."

Fazit dieser Kontrolle: "Kleinere Mängel gibt es immer. Aber heute war im Großen und Ganzen alles in Ordnung", fasst Birgit Friedrich zusammen.