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Masterstudenten der Hochschule Anhalt werten Exkursion nach Zerbst aus Für die Zukunft von St. Nicolai ist öffentliche Meinung wichtig

Von Antje Rohm 08.09.2012, 03:25

Zerbst l "Man kann natürlich einerseits mit einer Ruine zu leben versuchen. Andererseits sollte immer wieder der Weg für eine Wiederherstellung eines solchen Bauwerkes mit Widmung offen gehalten werden, wie das auch in der Geschichte des Kirchbaus immer wieder geschehen ist. Voraussetzung dafür ist ein Bedarf und ein Wille vor Ort." So fasst Michael Sußmann, Dozent an der Hochschule Anhalt, die Frage nach der Zukunft der Zerbster Nicolaikirche zusammen, so wie er sie mit seinen Studenten diskutiert hat.

Vorausgegangen war ein Praxisseminar für 15 Masterstudenten im Fachbereich Denkmalpflege der Hochschule Anhalt mit dem Thema "Denkmalnutzung und bauliche Denkmalpflege am Objekt" im Juni (die Volksstimme berichtete). "In erster Linie war das eine Übung für die Studenten, sich einmal in eine so komplexe Problematik direkt am Ort in kurzer Zeit hineinzufinden", erklärt Michael Sußmann, der Walter Tharan, Vorsitzender des Förderkreises St. Nicolai, inzwischen den von den studentischen Moderatoren Jenny Gottschalk und Tobias Rogge vorgelegten Exkursionsbericht übermittelt hat.

Sowohl Walter Tharan als auch der Landeskonservator i.R. Gotthard Voß und der Gebietskonservator i.R. Theo Lösser standen den Studenten als Gesprächspartner vor Ort zur Verfügung.

Ziel des Praxisseminars in St. Nicolai für die angehenden Denkmalpfleger war, durch die Besichtigung des Objektes sowie die Gespräche dort einen ersten Eindruck vom Objekt zu gewinnen. Auch wenn fundierte Schlussfolgerungen nach einem solchen Kurztermin nicht möglich seien, sollten doch "der Standort mit seiner Bedeutung sowie wesentliche Schwerpunkte für die zukünftige Umnutzung" erkannt, der bauliche Zustand analysiert und die Bedeutung des Bauwerkes herausgearbeitet werden. Ein Ziel sei auch, an einer Strategie für die zukünftige Herangehensweise an ein solches Projekt zu arbeiten.

Die Studenten machten sich mit den bisherigen Aktivitäten des Förderkreises, den erfolgten Sanierungsmaßnahmen vertraut. Walter Tharan informiert über den akuten Handlungsbedarf, der zur Rettung der stark witterungsgeschädigten Säulen des Arkadenbogens besteht. Der Förderkreis-Vorsitzende ging ebenso auf die gewollte Entwicklung der Ruine als Veranstaltungsstätte ein, stellte dar, dass ein Wiederaufbau der Kirche in der Zerbster Bevölkerung derzeit keine Akzeptanz finde.

Für die weitere Entwicklung ist aus Sicht der Dessauer Studenten "das Einholen der öffentlichen Meinung zu den potentiellen Umnutzungsmöglichkeiten der Nicolaikirche" wichtig. "Um die Situation der Ruine als solche im Moment so zu verstehen, wie sie baulich ist, sie durch verträgliche Nutzung auch zu würdigen und im Bewusstsein der Zerbster und der Besucher zu verankern, könnte", so Dozent Sußmann ergänzend, "ein noch zu verbesserndes Nutzungskonzept durchaus wichtig sein".

Die Studenten schlagen vor, dazu im Vorfeld, "vielleicht über eine Zusammenarbeit mit Architektur- und Landschaftsplanungsstudenten der Hochschule Anhalt", mögliche Nutzungsideen auszuarbeiten und in einem Entwurfswettbewerb genauer darzustellen. Die Ergebnisse sollten mit der Öffentlichkeit diskutiert werden, wobei der Förderverein die Moderation übernimmt. "Ziel sollte es sein, eine baumaßnahmenarme und finanziell tragbare Nutzung zu finden und mögliche vorhandene Gelder zunächst in die Sanierung und Erhaltung des aktuellen Zustandes zu investieren", ist der Rat bezogen auf mögliche Finanzierungsschwierigkeiten. Bei der weiteren Substanzsicherung könnten ein Prioritätenkatalog oder eine Art Wartungsplan eine Hilfe sein.

"Vergangenes und Gegenwärtiges präsent"

In der Auswertung ihrer Exkursion nach Zerbst haben die Masterstudenten selbst verschiedene ergänzende Nutzungsideen für St. Nicolai entwickelt.

Eine ist ein Freiluftmuseum. Es "würde nicht nur die Bedeutung des (Ruinen)Bauwerkes, sondern zusätzlich den Mahncharakter der Kirchenruine unterstreichen, das heißt, Vergangenes und Gegenwärtiges wären zukünftig präsent".

Eine weitere Überlegung ist ein "ein flexibles, wetterfestes Ausstellungskonzept", das "eine kostengünstige, baumaßnahmenarme und vor allem denkmalgerechte Umgestaltung" möglich mache.

Das träfe auch für die Anregung für ein Kolumbarium zu. Mit einer auf altrömische Grabkammern zurückgehenden Aufbewahrungsstätte für Urnen würde der Kirchenraum ebenfalls zu "einem Ort der Erinnerung und Ruhe sowie des Gedenkens". Schwierig hier wäre jedoch die Kombination mit einer Nutzung für Open-Air-Veranstaltungen.