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Die Erinnerung wach halten Gedenkgottesdienst auf dem Walternienburger Friedhof findet trotz Corona statt

Aktualisiert: 19.4.2021, 10:33

Walternienburg (pwi). Beim Gedenken geht es darum, an jemanden, etwas ehrend, anerkennend zurückzudenken, zu erinnern und dies zu äußern. Mahnendes Zurückdenken, wenn an die Opfer der Kriege erinnert wird. Die Ereignisse im April 1945 wurden am Sonnabendnachmittag in Walternienburg angemahnt. Der Walternienburger Ortsbürgermeister Jörg Hausmann begrüßte die Teilnehmer am Gedenkgottesdienst auf dem Friedhof.

Zum Glück konnte die Veranstaltung durchgeführt werden – im Einklang mit der aktuellen SARS-Eindämmungsverordnung. Das Gesundheitsamt des Landkreises hatte angesichts des Hygienekonzeptes keine Bedenken. Zum Glück konnte das Gedenken stattfinden, denn im vergangenen Jahr war es abgesagt worden. Findet etwas nicht statt, lässt es die Erinnerung verblassen, lässt es vergessen. 

Vergessen werden darf nicht, was im April 1945 geschah, welche Opfer der Krieg forderte. „Wir dürfen nicht aufhören, der Opfer der Kriege zu gedenken“, so Pfarrerin Benita Arnold, die ein „großes Hoffnungszeichen“ darin sieht, dass die Soldatengräber in Walternienburg von Jugendlichen gepflegt werden.

Immer wenige Zeitzeugen

Es ist der 76. Jahrestag der Ereignisse um den Brückenkopf Barby/Walternienburg. Der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann hielt sich in seiner Ansprache ebenfalls an den Autoren Herbert Witte  und zitierte aus „Zwei Tage im April 1945 - Die Operation ´Toast´ in der Region Anhalt-Zerbst“. In dem rezensierten Buch werde auf der Basis von Protokollen, Befehlen und persönlichen Schilderungen ein detailliertes Bild jener Tage im April 1945 gezeichnet, so Dittmann.

Der Text lese sich aufgrund seines wissenschaftlichen Charakters natürlich ganz anders, als die persönlichen Schilderungen der ehemaligen hier kämpfenden Soldaten. „Es ist aber eben diese Nüchternheit der Schilderung, auf die wir uns einstellen müssen, weil es immer weniger Zeitzeugen werden, die uns ihre Erlebnisse zur Mahnung auf den Weg geben können“, machte er deutlich.

Die Aufforderung, alles nur Mögliche für den Erhalt des Friedens zu tun, legte er den Anwesenden ans Herz und dankte allen, insbesondere den Mitwirkenden der Gedenkveranstaltung, dass sie sich dieser Mahnung und Verantwortung stellen. Mit Hannes Waders Worten „Es blieb nur das Kreuz als einzige Spur…" aus „Es ist an der Zeit“ gab Dittmann das Wort weiter.

Erinnerungen bleiben trotzdem erhalten

Allerdings sollten trotz Mangels an Zeitzeugen persönliche Gedanken nicht fehlen. Jörg Hausmann las aus den Erinnerungen seiner Tante, wie diese als Kind die Jahre 1943 bis 1945 erlebte. Der Vater im Krieg, die Mutter musste die Kinder versorgen, ein kleiner Bruder kam noch zur Welt. Von Menschen in Luftschutzbunkern, vom stets gepackten Kinderwagen las Hausmann vor. Mit Federbetten lagen die Menschen auf den Kartoffeln im Scheunenkeller, um Angriffe auszuharren - in großer Angst. Mit dem Gewehrkolben klopften die Amerikaner an die Tür. Nachdem sie abgezogen waren, kamen die Sowjets… Im Spätsommer 1945 kehrte der Vater nach Hause zurück...

An die Jugendlichen, die am Gedenken teilnahmen, verteilte Gymnasiallehrerin Heike Richert, die ebenfalls zum Gedenkgottesdienst beitrug, ein Buch mit Erinnerungen von Pfarrer Lischke mit seinen besten Grüßen. Und auch andere Freunde der Veranstaltung hatten Grüße übermitteln lassen. Tuba und Trompete erklangen. Die Jugendlichen legten Rosen und Gebinde am Gedenkstein ab, wo schon der Kranz der Stadt lag.