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Auf den Spuren der jüdischen Gemeinde Gedenktafel zeugt von Synagoge in Zerbst: Die Pogromnacht überstand das Gebäude, den Bombenangriff nicht

Fürst Friedrich August erlaubte die Ansiedlung der Juden in Zerbst wieder, nachdem diese im Spätmittelalter als angebliche Verursacher der Pest vertrieben worden waren. Die Gemeinde wuchs an, auch wenn sie viel zahlen musste, um ihre Religion frei ausleben zu können. Die alte Synagoge konnte abgeriffen und eine neue errichtet werden. Doch mit der Pogromnacht nahm das Unglück für die jüdische Gemeinde in Zerbst seinen Lauf...

30.07.2021, 10:46
Nach der Reichspogromnacht wurde die jüdische Synagoge äußerlich völlig umgestaltet.
Nach der Reichspogromnacht wurde die jüdische Synagoge äußerlich völlig umgestaltet. Museum der Stadt Zerbst

Zerbst - dp

Nachdem alle Juden im Spätmittelalter als angeblich Verantwortliche für die Pestepidemien aus Zerbst vertrieben worden waren, erlaubte Fürst Friedrich August (1734 bis 1793) ihre Ansiedlung wieder. Sie standen unter seinem Schutz und durften ihre Religion frei ausleben, wofür der Fürst jedoch hohe Zahlungen verlangte.

Die Gemeinde wuchs dennoch zunehmend an. 1794 lebten etwa 85 Juden in Zerbst. Um diese Zeit erwarben sie ein Grundstück in der Brüderstraße, auf den die erste Synagoge entsteht. „Erst 1884 gründete sich offiziell die Israelitische Kultusgemeinde Zerbst. Zu ihr gehörten auch Juden im Umkreis von zwölf Kilometern“, sagt die Historikerin Agnes- Almuth Griesbach.

Dank des reichen Nachlasses des aus Dessau stammenden Moritz von Cohn (1812 bis 1900) konnte die alte Synagoge abgerissen und eine neue im neoromanischen Stil errichtet werden, deren Weihe 1905 erfolgte. Sie befand sich an der Stelle der Wolfsbrücke, an der heute Garagen stehen. Vorn an der Ecke Brüderstraße grenzte das jüdische Gemeindehaus an, das in der Pogromnacht vom November 1938 ebenso stark verwüstet und geplündert wurde wie die Synagoge. Dass man diese nicht in Brand setzte, obwohl die Pechfackeln schon brannten, lag am Einschreiten der Feuerwehr. Die Gefahr, dass die Flammen auf benachbarte Gebäude übergreifen könnten, war einfach zu groß.

Später wurde die Synagoge umgestaltet, der Turmaufsatz zurückgebaut, die Rosettenfenster verändert und die Fassade verputzt. Als neuer Nutzer zog das Deutsche Rote Kreuz ein. Bei dem Luftangriff auf Zerbst am 16. April 1945 wurde das Gebäude direkt von einer Bombe getroffen und völlig zerstört. Eine 1999 durch den Zerbster Heimatverein angebrachte Gedenktafel erinnert an die ehemalige Synagoge.

Das Gemeindehaus diente den verbliebenen gut 30 Juden als Wohnstätte vor ihrer Deportation. Drei Transporte fanden 1942 statt – der letzte am 2. Dezember. Das war das Ende der Zerbster jüdischen Gemeinde.

Um 1910 entstand dieses Foto von der Zerbster 
Synagoge.
Um 1910 entstand dieses Foto von der Zerbster Synagoge.
Fotos (2): Museum der Stadt Zerbst/Anhalt