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Kein endloses Debattieren

06.05.2015, 01:13

Georg Credo (CDU) war der erste Landrat des Landkreises Zerbst nach der Wende. Er sprach mit Volksstimme-Redakteur Sebastian Siebert über die Anfänge des Kreises und seinen Werdegang als Lokalpolitiker.

Herr Credo, was hat sie dazu bewogen, sich als Landrat nominieren zu lassen?

Credo: Das weiß ich bis heute noch nicht, warum ich das gemacht habe (lacht). Eigentlich war ich bis dato nirgendwo organisiert. Ich habe mich überall zurückgehalten. Die Wende war ja kein Tagesereignis, sie lief ja über drei, vier Jahre. Über Arbeitskollegen bin ich dann auf die Situation aufmerksam geworden. Viele suchten Leute, die sich für den Kreistag bereitstellten.

Wieso sind sie für die CDU angetreten?

Ich bin mein Leben lang katholisch. Da dachte ich mir, ich sollte es mit denen versuchen (schmunzelt). Ich bin einfach zur Geschäftsstelle gegangen, das war ein Büro in der Jeverschen Straße, und die suchten auch Freiwillige für die Kreistagswahl. Weil sie so gut abschnitten, war ich gleich mit im Kreistag.

Hatten Sie vorher schon Erfahrung mit solchen Ämtern?

Das Ganze war mir relativ unbekannt. Ich hatte Spaß mit meinen Investitionen bei der Wema (Werkzeugmaschinenfabrik in Zerbst). Dort war ich für den Einkauf zuständig. Plötzlich war ich nun im Kreistag.

Was waren die ersten Schritte?

Es gab das Problem, dass die Wahl nach einer anderen Kommunalverfassung durchgeführt wurde als der unseren. Allerdings flächendeckend, in ganz Sachsen-Anhalt. Die Verwaltungshelfer, die vom Westen geschickt wurden, haben einfach das mitgebracht, was sie hatten. Denen ist nicht aufgefallen, dass hier eine Kommunalwahl nach dem Gesetz der DDR durchgeführt werden musste. Bei der konstituierenden Sitzung wählten mich die Räte dann zum Landrat.

War es von Vorteil, dass sie vorher keine politische Karriere hatten?

Ja. Wer damals ein guter Fachmann war und eine politische Karriere gehabt hatte, hatte zeitweise gar nichts.

Was war ihre erste Amtshandlung?

Am Tag nach der Wahl war ich erstmal in der Wema. Da erhielt ich einen Anruf, ich sollte in das Büro des Rat des Kreises kommen. Dort sollte ich für zwei oder zweieinhalb Millionen Mark investive Mittel bewilligen. Das habe ich nicht unterschrieben.

Warum?

Das war eben jenen zwei System geschuldet und die Mitarbeiter des Kreises wussten nun auch nicht, wer zuständig war. Nach dem niedersächsischen Prinzip, nach dem wir gewählt haben, wäre der Landrat ein Ehrenamt. Ihm überstellt gab es einen Oberkreisdirektor. Gab`s bei uns aber nicht. Der Landrat hätte nach der Satzung hauptamtlich sein müssen. Das haben wir dann per Kreistagsbeschluss bei der nächsten Sitzung geregelt.

Was blieb noch hängen?

Es gab unglaublich viele Versammlungen, hoher Vorbereitungsaufwand, viele Debatten. Es war ja für alle Beteiligten neu. Jemand sagte kürzlich zu mir: Du warst damals kein Demokrat. Da hab` ich ihm Recht geben müssen (lacht). Denn Demokratie hieß bei vielen endloses Debattieren. Das ging bei mir nicht. Führte etwas nicht zum Ende, drängte ich auf eine Entscheidung oder es musste eben vertagt werden.

Auf welche Errungenschaft sind sie besonders stolz?

Das ist nicht meine, sondern die der damaligen Bauamtsmitarbeiter. Die haben es geschafft vom ersten Bauetat des Landes die Hälfte nach Zerbst zu holen. Dabei gab es das zuständige Amt noch gar nicht. 25 Millionen Mark wurden hier verbaut. Die erste Straße war die von Lindau nach Kerchau. Vier solcher Mitarbeiter hatte ich. Was besonders war, weil ich in Spitzenpositionen gerade mal 1100 DM zahlen konnte, die in der Wirtschaft aber 2000 bis 2500 im Westen bekommen haben. Dass sie blieben, war mein Glück. Und das vom Altkreis Zerbst.

Vier Jahre waren sie Landrat. Wie bewerten sie die Entwicklungen der Folgelandkreise?

Es gibt schon unterschiedliche Gewichtungen bei den kommunalen Themen. Wo sie alle gleich ranmüssen, ist die Schulreform. Da müssen sie damit rechnen, dass sie auf Landesebene den gleichen Maßstäben genügen müssen. Eine Schule zu bauen, wo eigentlich keine gebraucht wird, nur weil man da gerade politisch stark ist, ist eigentlich immer schief gegangen.