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Kirche Saisonstart in der Radfahrerkirche

Neue Saison der Radfahrerkirche St. Nicolai in Steckby beginnt bei Schmuddelwetter.

Von Petra Wiese 16.04.2019, 07:00

Steckby l Drei Dinge stimmten am Sonntag in der Steckbyer Radfahrerkirche nicht. Zum einen war das Wetter alles andere als radfahrerfreundlich. Zum anderen war der Pfarrer Lutz-Michael Sylvester, der die Andacht halten sollte, erkrankt, und zum Dritten hatte auch das Vokalensemble Cantus Albicus krankheitsbedingt abgesagt.

Boris Krmela vom Gemeindekirchenrat begrüßte die Besucher in der Nicolaikirche und lud sie trotzdem zu einer anregenden Stunde ein. Weder umsonst, noch vergebens sollten sie gekommen sein und zumindest sorgte der Ofen in der Kirche für eine angenehme Wärme. Für den erkrankten Pfarrer war Pfarrer Helmut Markowsky aus Coswig gekommen, um den ein oder anderen Bezug zwischen Radfahren und Glauben herzustellen.

Auch für das Vokalensemble hatte sich kurzfristig Ersatz gefunden. Zwei Musiker vom Köthener Bachensemble spielten Stücke auf der Orgel und auf der Querflöte und das sehr beeindruckend. Die Vorträge fügten sich gut in die Andacht ein.

Nach zehn Jahren Radfahrerkirche habe man sich entschlossen, mit der elften Saison weiter zu machen, erklärte Boris Krmela. Die vielen Einträge und Dankesworte derer, die in die Kirche kamen, seien die Motivation dafür. Radfahrer aus ganz Deutschland und dem Ausland kommen hier jedes Jahr vorbei. Auch für die nächsten, die kommen, soll die Kirche ein Ort der Ruhe und Besinnung sein.

Seit der Eröffnung im Jahr 2008 haben rund 14.250 Menschen St. Nicolai, die erste Radwegekirche in Anhalt, besucht. Im vergangenen Jahr waren es 750 Personen, darunter zahlreiche Radfahrer. Dabei liegt die Zahl der Besucher aus dem Ausland bei rund zwölf Prozent. Die meisten Gäste hinterlassen Hinweise auf ihre Herkunft.

Den Worten des Pfarrers zum mobilen Glauben lauschten an dem Nachmittag 20 Gäste in den Kirchenbankreihen. Markowsky war allerdings nicht mit dem Fahrrad die weite Strecke gekommen. Aber er hatte sein Klapprad eingepackt, das er im Anschluss aus dem Kofferraum holte. Es hatte aufgehört zu regnen, als sich die kleine Gruppe Mutiger schließlich auf die Räder schwang, um traditionell gemeinsam eine Runde durch Steckby zu fahren.

Weitere Radwegekirchen in Anhalt sind die Kirche St. Nicolai Coswig, die Kirche St. Petri Wörlitz, die Patronatskirche Klieken, die Stadtkirche Oranienbaum und die Kirche in Ballenstedt-Opperode.

Die Steckbyer Kirche ist nicht nur Radfahrerkirche sondern seit Ostern 2009 Stationskirche am Luther-Pilgerweg. Und St. Nicolai ist nicht nur der Schutzpatron der Kirche zu Steckby, sondern auch der Reisenden. Seinen Namen hat die Kirchengemeinde aufgegriffen und ihr Gotteshaus zu einem Ort gemacht, an dem sich Rad- und Pilgerwege unterschiedlichster Menschen kreuzen.

Die um 1200 erbaute Feldsteinkirche in Steckby ist mit dem Kirchenschiff, einem quadratischen Chor und einer kleinen halbrunden Apsis vollständig erhalten. Über dem westlichen Giebel des Schiffes sitzt ein Fachwerkreiter aus dem 18. Jahrhundert. Die Fensteröffnungen blieben nicht im Original erhalten, sind aber in ihren ursprünglichen Umrissen zu erkennen, ebenso wie die jetzt vermauerten Portale an der Nord- und Südseite.

Die Bronzeglocke der Kirche stammt aus dem Jahr 1876, die Zuberbier-Orgel aus dem 18. Jahrhundert. Der schlichte barocke Altaraufsatz ist ein Geschenk des Herzogs Leopold Friedrich und trägt das Gemälde „Noli me tangere“ – „Berühre mich nicht“: Maria Magdalena begegnet dem auferstandenen Christus. Seit 1996 ist die Kirche im Besitz von modernen Fenstern, die vom Magdeburger Künstler Richard Wilhelm gestaltet wurden.

Wer sich selbst ein Bild machen will, sollte mal eine Radpartie nach Steckby in Erwägung ziehen. Von der Kernstadt Zerbst aus sind das um die zwölf Kilometer. Am Karfreitag will dann auch das Café Storchenmühle in Steckby in die neue Saison starten.