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Bauernverband verärgert über den Umgang mit Vorjahres-Landessieger Kreisausscheid für Erntekronen 2012 in Gefahr

Von Thomas Drechsel 26.06.2012, 03:18

Der Bauernverband Anhalt wird den regionalen Erntekronenwettbewerb 2012 nicht organisieren. Hintergrund ist die Vorjahres-Entscheidung, die Nuthaer Krone statt der "schönsten" aus Ragösen an den Bundespräsidenten vergeben zu haben.

Zerbst l Der Bauernverband "Anhalt" wird nicht länger einen jährlichen Erntekronenwettbewerb veranstalten. Dies erklärte der Verbandsgeschäftsführer Heinz Vierenklee vor einigen Tagen gegenüber der Volksstimme. Vor 14 Jahren begann der Verband, den Wettbewerb zu organisieren und hat so das Erntekronen-Binden in größerem Maße wiederbelebt.

Vierenklee für den Bauernverband wie namentlich der Ragösener Heimat- und Kulturverein sind verärgert über die Entscheidung des Landfrauenverbandes Sachsen-Anhalt im vorigen Jahr. Der Landfrauenverband richtet den Erntekronen-Landesausscheid aus und hatte im vorigen Jahr die Ehre, eine Krone an Schloss Bellevue, den Sitz des Bundespräsidenten, liefern zu dürfen. "Natürlich sollte es die sein, die beim Landesausscheid als schönste Krone den Wettbewerb gewann. Das war die Ragösener Krone. Sie hatte auch unseren regionalen Ausscheid gewonnen", erinnert sich Vierenklee. Nach Berlin ging dann jedoch die Erntekrone aus Nutha. Zweifellos auch absolut prächtig, ärgern sich die Ragösener, der Bauernverband und namentlich Vierenklee dennoch und fühlen sich abgewertet.

"Die Veranstalter haben ausdrücklich neben den Landfrauenverbänden auch Heimatvereine und soziale Einrichtungen zum Landes-Erntekronenwettbewerb eingeladen. Folglich war für uns klar, dass jeder dieselbe Chance haben sollte, die Krone für Schloss Bellevue zu binden", findet Vierenklee.

Der Landfrauen-Landesverband pocht auf klare Ansagen. "Die Erntekronen für Schloss Bellevue stammen jährlich abwechselnd vom Deutschen Bauernverband, von der Deutschen Landjugend oder vom Deutschen Landfrauenverband. Es war ein großes Glück für den Landfrauen-Landesverband Sachsen-Anhalt, 2011 die Krone liefern zu dürfen. Daraus folgt natürlich, dass es auch eine von einem Landfrauenverein gefertigte Krone sein wird. Das haben wir auch immer so gesagt, das war kein Geheimnis. Also bekam die Erntekrone aus Nutha 2011 als beste von Landfrauen gefertigte Krone die Ehre, im Schloss Bellevue ausgestellt zu werden." Dies erklärte Kathrin Heinl, Projektleiterin und Sprecherin des Landfrauen-Landesverbandes Sachsen-Anhalt.

Landesverband kann nicht

Sie bedauert die Situation. Der Regionalausscheid in Anhalt sei "alljährlich eine Bereicherung, denn das stärkt das ländliche Brauchtum". Der Landfrauen-Landesverband könne jedoch nicht in die Bresche springen. "Wir richten seit 16 Jahren den Landesausscheid aus. Der findet zum Erntedankfest auf der Seebühne in Magdeburg statt. Hier kann jeder seine Erntekrone in den Wettbewerb um den Landestitel schicken - egal, ob die Krone zuvor bei einem Regionalausscheid angetreten ist. Und hier bieten wir ausdrücklich auch allen nicht im Landfrauenverband organisierten Erntekronenbindern die Möglichkeit, am Wettbewerb teilzunehmen. Aber wir selbst werden keine Regionalwettbewerbe ausrichten", stellt sie klar.

Was sagen die Nuthaer Landfrauen zur Situation? "Wir wollten alle zusammen im April über das weitere Verfahren reden. In den Vorjahren, besonders 2010, hatte uns Erntekronenbinderinnen die Ausgestaltung des Wettbewerbes nicht mehr so gefallen. Es ging alles ruck-zuck und war vorbei. Die vielen Mühen beim Binden wurden überhaupt nicht mehr gewürdigt. Darüber wollten wir mal reden. Aber im April ist Herr Vierenklee nicht gekommen. Ohne ein Wort. Dafür jetzt seine Absage. Nun überlegen wir, ob es einen Regionalausscheid geben könnte und wer den organisiert. Vielleicht in jedem Jahr eine andere Gruppe? Mal in Prödel, mal in Buhlendorf, mal in Nutha, mal in Ragösen? Mal sehen", meint Birgit Herrmann für die Nuthaer Landfrauen.

Natürlich wolle man am Brauchtum festhalten, sofern die Frauen und Männer weiter mitmachen können. "Wir haben den Wettbewerb schon zwei Jahre lang selbst organisiert und kennen den zusätzlichen Aufwand. Da waren wir auf uns allein gestellt. Er brauchte nur die Preise mitbringen."

Prödel: Zu kurzfristig

Darauf angesprochen, prüfte der Prödeler Landfrauen-Vereinsvorsitzende Friedrich Pickler die Möglichkeiten seines Vereins. "Wir schaffen das nicht. Eine solche Veranstaltung zu organisieren, braucht seine Zeit. Und die Ernte steht schon fast vor der Tür", erklärte er gestern.

Eine Alternative zum Regionalwettbewerb wäre, die 2012-er Erntekronen zunächst in den Landeswettbewerb zu schicken und später eine Erntekronenschau in einem der Orte zu veranstalten. "Wir finden, Herr Vierenklee sollte das Thema jetzt nicht einfach so von sich wegschieben", sagt Frau Herrmann. "Das Problem mit der Krone vom vorigen Jahr hätte er längst ansprechen können." Auch im Landfrauen-Landesverband ist noch Hoffnung, dass Vierenklee sich nicht völlig dem Thema Erntekronenwettbewerb verschließt. "Das ist eine solch schöne Tradition geworden. Vielleicht gibt es ja auch eine andere Organisationsform, und Herr Vierenklee hilft mit seiner Erfahrung, diese zu finden", meint Kathrin Heinl.

Heinz Vierenklee hatte betont, einem anderen Organisator helfend zur Seite stehen zu wollen. Allerdings wird der Bauernverband nicht mehr Veranstalter sein. "Davon unabhängig ermuntere ich all die fleißigen Erntekronenbinderinnen, sich auch 2012 einzubringen. Das Brauchtum sollte bewahrt und gepflegt werden. Ich bin nach wie vor enttäuscht über die Entscheidung im vorigen Jahr, aber das darf diese Tradition nicht gefährden!"