Kahle Äste geben Blick auf sonst verborgene Pflanzen frei Kugeliges Gestrüpp an den Bäumen sind Mistelsträucher
Zerbst (mfe) l Das milde Wetter und die Feiertage luden dieser Tage zu manchem Spaziergang ein. Einige Leser wunderten sich dabei über die grünen Kugeln, die in manchen Bäumen zu sehen sind. Das sind nicht etwa die ersten Blätter, die in diesem Jahr früher als gewöhnlich an den Bäumen sprießen, sondern Misteln, die sich im Baum festgesetzt haben und jetzt an den kahlen Ästen zu sehen sind.
"Misteln kommen durch den Kot von Vögeln auf die Bäume", erläutert Revierförster Dietmar Schleth. Die Beeren der Pflanze sind im Dezember reif und werden besonders von der Misteldrossel gefressen. Die Samen verbreiten sich durch den Mist des Vogels. So bekam auch die Schmarotzerpflanze ihren Namen "Mistel". Die für die Tiere unverdaulichen Samen kleben sich auf die Äste und beginnen, dort zu keimen.
Die festen Wurzeln der Mistel treiben sich in den Wirtsbaum und ernähren sich fortan von dessen Wasser und Nährstoffen. "Das passiert besonders bei Laubbäumen, Pappeln und Weiden", weiß Revierförster Schleth. Wie viele Bäume auf diese Art befallen sind, wird nicht erhoben.
"Der Mistelbefall ist nicht von äußeren Umwelteinflüssen, wie Luftverschmutzung abhängig, deshalb ist für uns eine Erhebung nicht wirtschaftlich", sagt Schleth. Für den Baum sei der Mistelbefall nicht per se schädlich, da der Schmarotzer nur so viele Nährstoffe, wie sie zum eigenen Wachstum braucht. Allerdings könne die Mistel auch auf Nadelbäumen gefunden werden, meint Schleth.
Dort sind bereits geschädigte Bäume unter Umständen doch gefährdet, da sich die Mistel schnell ausbreiten und den Wirtsbaum nach einigen Jahren zum Absterben bringen kann. Dennoch hat die Mistel in der Bevölkerung einen eher positiven Ruf. In England und Amerika gibt es in der Weihnachtszeit den Brauch, einen Mistelzweig über der Tür aufzuhängen.
Wenn sich ein Jüngling und eine junge Dame unter dem Zweig begegnen, darf der junge Mann die Frau küssen. Dieser Brauch scheint mittlerweile auch in Deutschland gepflegt zu werden. "In der Vorweihnachtszeit gibt es durchaus eine Nachfrage nach Misteln", erklärt Christian Linka, der in Zerbst ein Blumengeschäft betreibt.
Auch würde mancher die Sträucher als Dekoration für den Wintergarten verwenden. Bei Linka ist der Verkauf von Misteln erlaubt. An und für sich ist der Vertrieb der Pflanze aber nicht so ohne Weiteres möglich, darauf weist Jörg Schuboth, Dezernent beim Landesamt für Umweltschutz in Sachsen-Anhalt hin. "Die Mistel steht nicht in der Bundesartenschutzverordnung", sagt er. Somit stehe die Pflanze in Sachsen-Anhalt auch nicht generell unter Naturschutz.
"Wenn Sie im Garten die Misteln aus Ihren Obstbäumen schneiden, ist das ohne Weiteres möglich", so Schuboth. Problematischer sei der Verkauf. "Dafür brauchen Sie eine gewerbliche Genehmigung." Immer wieder komme es deshalb vor, das Mistelverkäufer von Wochenmärkten entfernt würden, da diese Genehmigung fehle.
Auch in der Natur dürfen Misteln nicht nach Belieben aus Bäumen geschnitten werden. "Dafür benötigt man eine Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde", sagt Schuboth. Es könne nämlich sein, dass die Misteln beispielsweise für pharmazeutische Zwecke verwendet werden sollen.
Denn auch das ist die Mistel: Sie wird nach wie vor als Heilpflanze zum Beispiel gegen Entzündungen oder Krämpfe verwendet. Im Jahr 2003 wurde sie sogar zur Heilpflanze des Jahres gekürt. Allerdings ist außer den Beeren alles an der Mistel giftig.