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Landwirtschaft Gänsehaltung im Gerichtsverfahren

Das Gerichtsverfahren um die Gänsehaltung in Deetz geht weiter. Der betroffene Landwirt hat das Oberverwaltungsgericht angerufen.

Von Thomas Höfs 17.08.2018, 08:00

Deetz l Mit einer Beschwerde gegen den jüngsten Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle hat sich der Deetzer Gänsehalter Mathias Mösenthin an das Oberverwaltungsgericht gewandt. Das Landesverwaltungsamt hatte dem Landwirt in einem neuen Bescheid die Auflage gemacht, die Gänsehaltung unter Dächern in Zukunft durchzuführen. Damit bestätigte die Aufsichtsbehörde die Ansicht der Kreisverwaltung in Anhalt-Bitterfeld. Die dort tätigen Veterinäre sehen eine Gefahr in der Freilandgänsehaltung in Deetz, wegen der Nähe zu einem Vogelrastplatz. Außerdem, so die Argumentation des Landkreises, ziehen jährlich viele Vögel über das Gebiet. Damit verbinden die Tierärzte die Gefahr der Übertragung der Vogelgrippe. Unter freiem Himmel könne der Landwirt die Gänse deshalb nicht mehr halten. Dabei beruft sich der Kreis auf die Geflügelpestverordnung. Die Regelung, die die Eindämmung der Vogelpest zum Ziel hat, gilt auch, wenn es keinen Pestfall in der Bundesrepublik gibt.

Die Freilandgänsehaltung von Frühling bis zum Herbst in einem Maisfeld, wie es übrigens eine andere Behörde des Landesverwaltungsamtes nach wie vor zertifiziert, ist nach Ansicht der Tierärzte der Kreisverwaltung nicht mehr zulässig.

Andere Tierärzte widersprechen den Annahmen der Kreisverwaltung inzwischen. Denn nach wie vor sind die Übertragungswege der Vogelpest nicht geklärt. Sollte sich der Landkreis allerdings mit seiner Ansicht durchsetzen, käme dies einem Berufsverbot gleich, argumentiert Mathias Mösenthin.

Die Verwaltungsrichter in Halle konnten in ihrem Beschluss auch kein Problem darin sehen, dass die Übertragungswege unbekannt sind. Das Gericht wertet die Vogelpestverordnung so, dass die Behörden ohne konkrete Kenntnisse zunächst einmal handeln sollten. Die Behörde müsse nicht abwarten, bis der Krankheitsfall eintrete. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei zudem gerechtfertigt, beurteilen die Richter.

Mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, will der Deetzer die nächst höhere Instanz die Angelegenheit beurteilen lassen. Ob sich wirklich mit einer Verordnung so ohne Weiteres das Grundgesetz aushebeln lassen kann, könne er nicht glauben, meinte er. Vor allem habe die Rechtsauffassung des Landkreises eine enorme Wirkung für das gesamte Bundesgebiet, sollte sie sich durchsetzen, warnt er. An vielen Orten in der Bundesrepublik werden Gänse in Freilandhaltung in Maisfeldern gehalten. Viele Haltungsflächen liegen nach seiner Recherche zudem in der Nähe von Vogelzuggebieten. Setze sich der Landkreis Anhalt-Bitterfeld mit seiner Meinung durch, dürften dort ebenso keinen Gänse mehr unter freiem Himmel gehalten werden.

Abenteuerlich finde er die Anordnung auch aus dem Grund, dass die Behörde für ihre Einschätzung keinerlei Beweise vorlegen müsse. Ausgangspunkt der Forderungen waren Wildvögel, die die Mitarbeiter des Veterinäramtes beim Überflug über die Gänsehaltungsfläche in Deetz beobachtet hatten.

In den zurückliegenden Jahren gab es immer wieder Ausbrüche der Vogelgrippe in Deutschland. Dabei waren nicht nur Wildvögel betroffen. Immer wieder brach die Vogelgrippe auch in eingestallten Geflügelbeständen aus. Wie es dem Erreger der Krankheit gelang, Mauern und Türen zu überwinden, ist unbekannt.

Unterm Strich sei das Geflügel in den Ställen nicht minder gefährdet, in Kontakt mit dem Virus zu gelangen, schätzt der Deetzer Landwirt ein. Denn letztlich werde das Futter für die Tiere unter freiem Himmel angebaut. Niemand verlange, dass die Futtermittel für die Geflügelhaltung nur noch in den Landstrichen angebaut werden dürften, die von großen Vogelschwärmen gemieden werden, sagt er. Nach der Logik des Landkreises müsste dies aber ebenso verlangt werden. Nicht nur die in Ställen gehaltenen Tiere müssten abgeschottet werden, sondern auch das Stroh für die Ställe und das Tierfutter. Eine Haltung von Geflügel sei dann nicht mehr möglich, schätzt er ein. Deshalb habe er sich entschlossen, mit einer Beschwerde gegen den Beschluss vorzugehen.

In der Hoffnung, dass das Verwaltungsgericht die Anordnung der Behörden verwirft, hatte er in diesem Frühjahr wieder kleine Gänse bestellt. Die Tiere wachsen, wie gewöhnlich, auf dem Maisfeld am Ortsrand heran. Bestrafen kann der Landkreis oder das Landesverwaltungsamt die Haltung aktuell nicht. Denn die im Bescheid angekündigte Strafandrohung erachteten die Hallenser Richter als rechtswidrig. Hier fehle es an einer angemessenen Frist.