Zahlen Nach Doppelmord in Kusel: Wie reagiert die Polizei in Anhalt-Bitterfeld bei Verkehrskontrollen
Der Doppelmord an zwei noch junge Polizisten ist immer noch in allen Medien. Wie sieht sich die Polizei generell auf Verkehrskontrollen vorbereitet und wie viele zugelassene Waffen gibt es eigentlich im Landkreis Anhalt-Bitterfeld? Die Volksstimme hat nachgefragt.

Zerbst - Das Entsetzen nach dem Doppelmord an zwei Polizisten in Kusel ist bundesweit groß. Ein Wilderer mit einem Helfer hat wohl während einer Verkehrskontrolle zwei junge Beamte erschossen. Die genauen Umstände der Tat sind noch offen. Anfangs war durch eine ausgeklügelte Masche des Beschuldigten nicht ganz klar, ob dieser die mutmaßlichen Mordwaffen legal oder illegal besitzt. Den Vorfall nahm die Volksstimme zum Anlass, nachzufragen, wie viele Waffen legal im Landkreis Anhalt-Bitterfeld existieren. Und wie die Polizei auf derartige Situationen vorbereitet ist.
Generell gilt natürlich: Nicht jeder legale Waffenbesitzer ist gleich ein Mörder. Außerdem sind die Hürden für Waffenbesitz recht hoch: Waffenschein, Ausbildung, Prüfung, geprüfte und erwiesene Eignung, auch von der Persönlichkeit her.
"Die letzte gespeicherte Statistik vor dem Hackerangriff mit Stand Mai 2021 besagt, dass 11.288 im Landkreis regierstriert sind", so Marina Jank, Pressesprecherin der Kreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld. "Wesentliche Veränderungen gab es nicht. Das macht rund 70 Waffen pro 1.000 Einwohner aus."
Im Vergleich zum Salzlandkreis (etwas weniger als 65 Waffen und Waffenteile pro 1.000 Einwohner) und dem Jerichower Land (78 pro 1.000 Einwohner) liegt der Landkreis im Mittelfeld.
Im Land Sachsen-Anhalt sind es generell 25.422 „natürliche Personen mit einer Anschrift in Sachsen-Anhalt, welche im Privatbesitz einer Waffe oder eines Waffenteils sind.“
64.929 ist die Gesamtzahl aller aktuell gültigen Waffenbesitz-Erlaubnisse im Land. Allerdings: Eine Person kann mehrere Erlaubnisse besitzen. Daher können daraus keine Rückschlüsse auf die Anzahl der waffenbesitzenden Personen gezogen werden.
Bis 1. Juli 2018 konnte im Rahmen einer Amnestie jeder, der eine nicht registrierte Waffe zu Hause hat, diese freiwillig bei der Polizei oder beim Landkreis bei der Waffenbehörde abgeben und ging dann straffrei aus. 2009 gab es bereits eine ähnliche Initiative, In Sachsen-Anhalt wurden damals gerade einmal 25 unerlaubte Waffen abgegeben. Bundesweit waren es rund 200.000 Schusswaffen. Der illegale Besitz erlaubnispflichtiger Waffen kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.
In der Fahndungsdatenbank des Landes waren 2020 rund tausend Waffen ausgeschrieben. Darunter 384 Pistolen, 240 Revolver, 219 Gewehre und 157 Jagdgewehre. Allein im vergangenen Jahr sind laut Michael Klocke vom Landeskriminalamt (LKA) 36 Waffen als gestohlen gemeldet worden.
Bundesweit sieht der Trend so aus: In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen 2020 heißt es, dass von den 5,44 Millionen offiziell eingetragenen Waffen 6.580 aktuell als gestohlen gemeldet wurden. Insgesamt gelten im Nationalen Waffenregister 33.191 Schusswaffen mit Stand Januar 2020 als nicht mehr auffindbar. Diese Zahl stieg um knapp 15 Prozent innerhalb von zwölf Monaten.
Polizei gezielt geschult
Wie geht die Polizei des Landkreises nun bei Verkehrskontrollen vor? "Die Verkehrsüberwachung ist ein elementarer Baustein des polizeilichen Aufgabenspektrums und zugleich ein wesentlicher Bestandteil der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit. Alltägliche Verkehrskontrollen und die regelmäßige Feststellung beziehungsweise konsequente Ahndung von Verstößen sind unabdingbar, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen", legitimiert Robert Niemann, Pressesprecher der Polizeiinspektion Dessau, die generellen Kontrollen.
"Für die Bewältigung verschiedenster Einsatzanlässe existieren Grundregeln und Handlungsempfehlungen. Im Rahmen der Aus- und Fortbildung sowie von Schulungsmaßnahmen werden den Polizeibeamten Fähigkeiten und Kompetenzen vermittelt, die es Ihnen grundsätzlich ermöglichen, handlungs- und rechtssicher sowie einsatzkommunikativ tätig zu sein. So werden beispielsweise der Umgang und die Handhabung mit Führungs- und Einsatzmitteln (Schießtraining, ballistische Schutzausstattung, 1. Hilfe) oder Handlungsabläufe trainiert", so Niemann. Auch der Einsatznachbereitung werde eine hohe Bedeutung beigemessen. Dennoch könne jede Situation anders, dynamisch und komplex sein, sodass es stets einer individuellen Prüfung und Einschätzung des jeweils konkreten Einzelfalls bedürfe.
"Folglich wäre die Beantwortung der „was-wäre-wenn“-Fragen spekulativ. Zudem äußert sich die Polizei nicht öffentlich zur Einsatztaktik. Das Tötungsverbrechen wurde zum Anlass genommen, hiesige Einsatzkräfte im Sinne einer Risikominimierung nochmals bezüglich ihrer Eigensicherung zu sensibilisieren. Ein gewisses Restrisiko besteht immer", so Niemann weiter. Heißt konkret: Die Polizisten des Landkreises wurden wegen des Doppelmordes nochmal geschult. Ein Risiko bestünde dennoch bei jeder einzelnen Interaktion mit anderen Menschen.
Auf der Internetseite der Polizei des Landes gibt es auch für kontrollierte Verkehrsteilnehmer. Diese helfen zum Beispiel in Situationen, welche für die Beamten nicht ganz eindeutig sind.
"Abruptes Abbremsen und Anhalten vermeiden, keine hastigen oder unvorhersehbaren Bewegungen, kein schnelles Hineinfassen in die Bekleidung, in Taschen oder das Handschuhfach, kein verstecktes Hantieren und keine gefährlich wirkenden Gegenstände ergreifen", heißt es da.
In jedem Falle solle den Anweisungen der Polizisten genau Folge geleistet werden. "Schalten Sie bei Dunkelheit die Innenbeleuchtung Ihres Fahrzeuges ein. Legen Sie nach dem Anhalten zunächst die Hände auf das Lenkrad. Weisen Sie unbedingt auf mitgeführte Waffen oder andere gefährliche Gegenstände hin. Kündigen Sie eigenes Verhalten wie zum Beispiel den Griff nach den Ausweispapieren deutlich an", so die Tipps.