Kennen Sie ihre Heimat? Leser erzählen viele Erinnerungen an Zerbster Schlachthof Schlangestehen bei der Hausschlachtung
Unzählige Leser erkannten den Zerbster Schlachthof beim aktuellen Heimatfotorätsel. Sie erzählten uns von der Zeit, als sie dort Tiere schlachten ließen oder selbst dort gearbeitet haben. Aber auch das Stangeneis fand Erwähnung.
Zerbst l Ein junges Mädchen war Hanna Senf aus Zerbst, als sie mit ihren Eltern immer auf den Schlachthof ging, um die eigenen Schweine zu schlachten. In Erinnerung ist ihr noch der "Fleischbeschauer". Der hat das Schwein genau inspiziert, um auszuschließen, dass es ansteckende Krankheiten mitbringt. "Ich selbst musste das Blut rühren, damit wir zuhause Blutwurst machen konnten", sagt sie. Gefürchtet hat sie sich beim Töten der Tiere nie. ",Du darfst kein Mitleid mit dem Tier haben, sonst dauert das Schlachten noch länger\', sagte mir der Schlachter", berichtet Hanna Senf heute.
Ein Glas voller Kuhaugen
Dieser Fleischbeschauer hätte auch Siegfried Schellin aus Güterglück sein können. "Ich habe dort damals einen Lehrgang gemacht", erzählt er. Elisabeth Krüger konnte sich daran erinnern, wie damals die schon toten Schweine mit Handwagen zum Schlachthof gefahren wurden, um dort weiterverarbeitet zu werden.
Wolfgang Bahn hat 1964 im Schlachthof seine Lehre zum Fleischer begonnen und erkannte daher das Bild sofort. "Wer das nicht erkennt, der kann kein richtiger Zerbster sein", findet er. "Mein Vater hat da auch gearbeitet, mein Bruder auch und mein Opa war da Pförtner", erinnert sich der Zerbster. "Ich weiß noch, dass das Tor abgebaut wurde, weil die Lkw nicht mehr durchpassten."
Horst Welauer erzählte wie viele andere Anrufer vom damaligen Schlangestehen bei den Hausschlachtungen. "Wir sind im November oder Dezember mit unseren Schweinen dahin. Zehn Leute standen in einer Schlange. Um 9 Uhr wurden die Schweine reingeholt, um 10 Uhr konnten wir sie wieder abholen."
Heinz-Jürgen Friedrich verbindet mit dem Foto eine ganz eigene Erinnerung. Die Familie einer Schulfreundin wohnte damals in der Hausmeisterwohnung (der heute noch erhaltenen Villa). "Für den Biologieunterricht sollten wir uns Kuhaugen besorgen zum Sezieren", erzählt der Zerbster. Die Schulkameradin kam zur Schule mit einem ganzen Einweckglas voller Augen. "Daran muss ich immer denken, wenn ich vom Schlachthof lese."
Rosemarie Klitsch erinnerte sich an einen Besuch beim Schlachthof wohl im Jahr 1950 oder 1952. "Da stand diese Kuh mitten auf dem Hof", erzählt sie. Vor ihren Augen ist sie betäubt und weggeschafft worden. "Da war ich zehn oder elf Jahre alt."
Günter Röhrs wohnte und wohnt auch heute noch genau gegenüber dem Firmengelände. Er kann sich noch genau an den Geruch erinnern, der durch die Straße zog, als sonntags die Schweine angeliefert wurden. "Auch der Traktor lief dann die ganze Zeit über, denn wenn man ihn ausgemacht hätte, wäre er nicht wieder angesprungen", scherzt er.
25 Pfennig für eine Stange Eis
Dass die Zerbster vom Schlachthof nicht nur mit Wurst- und Fleischwaren versorgt wurden, verdeutlicht Jürgen Schmidt aus Zerbst. "Als Kinder haben wir dort immer Stangeneis für den Eisschrank zuhause geholt", erinnert er sich. Zweimal pro Woche wären die schweren Stangen verkauft worden. Später wurde der Verkauf am Schlachthof jedoch aus hygienischen Gründen eingestellt.
"So ein Stück Eis hat zu DDR-Zeiten etwa 25 Pfennig gekostet und hat für drei bis vier Tage gereicht", fügt Udo Heinemann aus Zerbst hinzu. Auch Ursula Waldbauer erinnert sich, zweimal pro Woche losgeschickt worden zu sein, um Eis zu holen. Harald Neupert ging es als Kind nicht anders. "Da waren lange Schlangen, in die wir uns eingereiht haben. Die großen Stangen wurden mit Holzknüppeln abgeschlagen", berichtet er aus seiner Kindheit. Die Eisstücke seien dann auf Holzrutschen direkt in die Taschen der Kunden gerutscht...
Mehr über die Historie des Zerbster Schlachthofes findet sich im Übrigen im Heimatkalender 2013, der Anfang Dezember erschienen ist.
Derweil kann sich Wolfgang Bahn über eine Volksstimme-Tasse freuen, die unter allen Anrufern verlost wurde. Diese kann ab Donnerstag in der Lokalredaktion der Zerbster Volksstimme, Alte Brücke 45, in Zerbst abgeholt werden.