Landgericht Stendal: 5. Verhandlungstag im Berufungsprozess von Landrat Lothar Finzelberg Situation im Gerichtssaal angespannt - Interpretationsfrage: Was bedeutet befasst?
Stendal/Burg l Es ging dem Vorsitzenden Richter Gundolf Rüge am Freitag hauptsächlich um die Prozesse in der Kreisverwaltung des Jerichower Landes. Zum fünften Verhandlungstag im Berufungsprozess von Landrat Lothar Finzelberg waren sein Büroleiter Henry Liebe und Sekretärin Dana Hahn als Zeugen geladen. Die Situation im Landgericht Stendal ist angespannt - jede Formulierung wird genau hinterfragt (Volksstimme berichtete).
"Bleiben Sie bei dem Datum im Oktober 2007, als der Skandal für Sie hoch kochte?", fragte Staatsanwalt Thomas Kramer den Angeklagten. Finzelberg wurde vom Amtsgericht Burg zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Müllskandal Falschaussagen gemacht zu haben.
Untersuchungsergebnisse als Auslöser für den Skandal
Im Ausschuss gab der Landrat an, zuvor nicht mit der Thematik der Tongruben "befasst" gewesen zu sein. Eine der Aussagen, für die er verurteilt wurde. "Befasst bedeutet für mich, die fachspezifischen Hintergründe zu kennen und das war anfangs nicht der Fall. Das ist die Aufgabe der Mitarbeiter aus den Fachbereichen", erklärte Finzelberg gegenüber der Volksstimme. Besondere Bedeutung habe das Thema für ihn bekommen, als ihm im Oktober 2007 die Ergebnisse der Untersuchungen in den Tongruben vorlagen.
Nicht automatisch sei ein Landrat mit allem befasst, was über seinen Tisch geht und wo er ein Kürzel setzt.
Genau nach diesen Unterschriften erkundigte sich Richter Rüge am Freitag bei den Mitarbeitern der Verwaltung und bezog sich dabei auf verschiedene Schreiben im Fall Sporkenbach.
"Bedeutet der Vermerk \'Kenntnis vor Abgang\', dass der Landrat erst genehmigen muss?" Sekretärin Dana Hahn stimmte zu. Bejaht hatte die Burgerin zudem die Frage des Staatsanwaltes Kramer: "Kommt es vor, dass der Landrat entscheidet, welche Angelegenheiten von besonderer Bedeutung sind, über welche er dann laut Geschäftsordnung informiert werden muss?"
Vermerk des Landrats auf Schreiben von 2006 identifiziert
Büroleiter Henry Liebe identifizierte nicht nur die Handschrift des Angeklagten bei Vermerken auf einem Schreiben vom Juli 2006. Der Inhalt: eine Änderungsgenehmigung für die insolvente Sporkenbach Ziegelei. Liebe bestätigt zudem einen Vor-Ort-Termin auf dem Gelände der Müll-Sortierungs-Anlage in Rietzel. Gemeinsam mit einem der Geschäftsführer der Ziegelei. Die will Finzelberg auch nicht, "bevor der Skandal aufkam", gekannt haben.
Liebes zeitliche Einordnung der Besichtigung nach dem März 2008 widersprach dem nicht. Zu dieser Zeit wurde eine Fernsehdokumentation ausgestrahlt, die für die Landtagsabgeordneten das Müllproblem zum Skandal machte.