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  7. Stadt Halle verliert vor Gericht - ist der Fall für Zerbst relevant?

Falsch: Je mehr Haushaltsmitglieder, um so weniger Abfallgebühren / Oberverwaltungsgericht erklärt Hallesche Satzung für gesetzeswidrig Stadt Halle verliert vor Gericht - ist der Fall für Zerbst relevant?

Von Thomas Drechsel 22.04.2013, 01:22

Magdeburg/Zerbst l Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat in mehreren Berufungsverfahren Urteile des Verwaltungsgerichts Halle bestätigt, mit denen das Verwaltungsgericht Abfallgebührenbescheide der beklagten Stadt Halle/Saale für die Jahre 2009, 2010 und 2011 aufgehoben hatte.

Die Abfallgebührensatzung der Stadt Halle vom 28. Januar 2009 sei, auch in der Gestalt der ersten Änderungssatzung vom 25. November 2009 sowie der zweiten Änderungssatzung vom 27. Oktober 2010, nichtig. Das Gericht begründet dies in der enthaltenen Degression: Die Gebühren steigen darin nicht linear, sondern nehmen entsprechend der Anzahl der zum Haushalt gehörenden Mitglieder ab. Dies verstoße gegen das aus dem Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalts folgende Gebot einer zumindest linearen Gebührenstaffelung, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Der Fehler in der Gebührenstaffelung habe eine Gesamtnichtigkeit der Abfallgebührensatzung zur Folge.

Eine sehr ähnliche Degressionsregelung, allerdings lediglich für den Teil der Grundgebühr, enthielt auch die frühere Anhalt-Zerbster Abfallgebührensatzung. Grund war die Überlegung, dass beispielsweise eine Waschmaschine in einem Drei-Personenhaushalt wahrscheinlich nicht dreimal soviel im Einsatz ist wie in einem Ein-Personen-Haushalt und daher der größeren Familie die Kosten ihrer Entsorgung nicht in dreifacher Höhe berechnet werden sollen. Die Regelung war allerdings bereits vor rund zehn Jahren nach entsprechender Klarstellung im Kommunalabgabengesetz unterlassen worden.

Aus dem Urteil schlussfolgert Volksstimme-Leser Rainer Frankowski, dass ein grundsätzliches Gebot zur mengenbezogenen Berechnung von Abfallgebühren oder - wie im Anhalt-Bitterfelder Entsorgungsgebiet eingeführt - Abfallentgelten bestehe. "Das OVG Magdeburg stellte fest, dass ein Verstoß gegen das Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt vorliegt, konkret gegen den §5 Abs.3a Satz 2, wonach derjenige, der wenig Abfall produziert, auch wenig zu bezahlen hat und nicht, dass derjenige, der viel Müll produziert, entlastet wird ", erklärt Frankowski.

In gleichem Sinne hatten seit langem die Walternienburger Eheleute Gens argumentiert und berechnete Entgelte nur anteilig für die tatsächlich zur Entsorgung bereitgestellte Menge bezahlt. Die Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke zogen daraufhin vor Gericht und bekamen recht. Familie Gens muss für die in der Abfallsatzung festgelegten, aus Müllmindestmengen resultierenden Entgelte zahlen, obgleich die Mengen überhaupt nicht angefallen sind.

Ob das nun gefasste Urteil des Oberverwaltungsgerichtes tatsächlich eine Relevanz für die Situation des Abfallrechtes in Anhalt-Bitterfeld hat, bleibt abzuwarten. Möglicherweise kommt es schon bald zu einer erneuten rechtlichen Prüfung der Thematik, wenn die Wohnungsgenossenschaft "Frohe Zukunft" Zerbst e.G. tatsächlich gegen die Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke klagt. Dies steht in Aussicht, sollte es keine anderweitige Einigung zwischen beiden zu den 2011 erheblich gestiegenen Abfallrechnungen bei annähernd gleicher Abfallmenge kommen.

Das Oberverwaltungsgericht hat im Fall der Abfallsatzung der Stadt Halle keine Revision gegen seine Entscheidungen zugelassen. Dagegen kann die Stadt Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen, so dass die Urteile noch nicht rechtskräftig sind.

Bezug: OVG LSA, Urteile vom 16. April 2013 - 4 L 96/12 -; - 4 L 97/12 -; - 4 L 102/12 - VG Halle, Urteile vom 23. März 2012 - 4 A 9/11 HAL -; - 4 A 81/11 -; - 4 A 6/11 -