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Wiederansiedlung Die Rückkehr der Lachse in die Nuthe

Die Nuthe entwickelt sich wieder zu einer Heimat für Lachse. Den Erfolg des Wanderfischprogramms belegt eine Probebefischung bei Zerbst.

Von Daniela Apel 18.12.2020, 00:01

Zerbst/Nutha l Das kalte Wasser spritzt. Mit aller Mühe versucht Jens Windheuser, einen stattlichen Lachs mit dem Kescher zu erwischen. Das von Robert Frenzel erzeugte Stromfeld hat das Tier an die Oberfläche gelockt. Mit kräftigen Schwanzschlägen versucht der imposante Fisch nun zu flüchten. Nur Sekundenbruchteile bleiben, um ihn einzufangen. „Das ist gar nicht so einfach“, gesteht Jens Windheuser.

Gemeinsam lassen sich die beiden Männer in einem schmalen Boot flussabwärts treiben. Nach dem Zufallsprinzip durchpflügen sie die Nuthe bei Zerbst. Oberhalb der Amtsmühle sind sie auf der Suche nach Lachsen und Meerforellen, die aus dem Nordatlantik zum Laichen in ihre Kinderstube zurückgekehrt sind.

Seit 2009 läuft die Wiederansiedlung von Wanderfischen in Sachsen-Anhalt. Bei dem Programm kooperieren das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt und der Landesanglerverband mit dem Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow, das hier federführend agiert. Praktische Unterstützung erhalten die Experten aus Brandenburg vor Ort stets von den Mitgliedern des Zerbster Anglervereins, von denen einige auch bei der jetzigen Probebefischung mit dabei sind.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in diesem Abschnitt, Lachse finden, ist sehr hoch“, sagt Projektleiter Steffen Zahn. Kiesablagerungen im Nuthe-Bett zeugen von Laichplätzen. Während früher zahlreiche Querbauten den Aufstieg der Fische verhinderten, ist der Nebenfluss der Elbe inzwischen durch den Um- und Rückbau von Wehren auf einer Länge von 23 Kilometern frei passierbar. So werden die Großsalmoniden, deren Bestand einst erlosch, dank regelmäßiger Besatzaktionen ganz allmählich wieder heimisch in der Region.

Mehr als 163.500 Junglachse und 110.000 Meerforellen-Brütlinge wurden inzwischen in den Nuthe-Armen rund um Zerbst ausgesetzt. Während sie in dem verzweigten Flussystem aufwachsen, werden sie auf das Gewässer geprägt, bevor sie schließlich abwandern in den fernen Nordatlantik. Dort bleiben sie mindestens zwei, drei Jahre. Um sich fortzupflanzen, treten die Fische schließlich den kräftezehrenden Weg zurück in ihre Kinderstube an.

Bereits 2011 kehrte der erste Lachs in die Nuthe zurück. Seither kamen mehr als 60 weitere hinzu. Ähnlich ist es bei den Meerforellen, von denen bislang gut 100 laichreife Exemplare gezählt wurden.

Ein bei Niederlepte installiertes Videosystem erfasst die Großsalmoniden mittlerweile automatisch. Im Herbst 2016 wurden die vier Kameras installiert, die wie ein Bewegungsmelder reagieren und die aufsteigenden Fische filmen. „Im vergangenen Jahr waren es elf Lachse und 15 Meerforellen“, erzählt Steffen Zahn. 2018 insgesamt sogar 39 Tiere.

Er ist zufrieden mit dem Verlauf des Projektes und spricht von einem Erfolg. Denn längst hat sich der Lebenszyklus der Wanderfische geschlossen. Das beweist der nachweislich in der Nuthe geschlüpfte Nachwuchs. Erkennbar ist jener daran, dass er im Gegensatz zu den ausgesetzten Brütlingen keinen Flossenschnitt besitzt.

Auch das Prachtexemplar, das Jens Windheuser bei der Fangaktion am Mittwoch aus dem Fluss holt, ist ein echter Nuthe-Lachs. „Super“, freut sich Steffen Zahn. Glücklich hält er den 83 Zentimeter großen Fisch in Händen, der knapp vier Kilo schwer ist und bereits abgelaicht hat. Alles wird genauestens dokumentiert, bevor der Lachs nach dem Wiegen und Vermessen schließlich ins kühle Nass zurück darf.

Drei Meerforellen gehen den Männern an diesem Tag ebenfalls ins Netz. Was für den Laien nicht viel klingt, ist für den Experten ausreichend. „Das ist ein sehr gutes Ergebnis“, sagt Steffen Zahn. Er hofft nun, mit flächendeckenden Maßnahmen wie dem Einbau von Kiessubstraten und Strukturen zur Erhöhung der Strömungsintensität die Bedingungen für die Lachse weiter zu optimieren. Ziel ist es, dass sich ihre Population irgendwann wieder von allein erhält.