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Ausbildungsbörse der Agentur für Arbeit in Zerbst: Letzte Chance für einen Ausbildungsplatz 2013 "Wo darf ich denn einen Haken machen?"

Von Judith Kadow 16.08.2013, 01:08

Mit Ausbildungsbörsen im gesamten Bereich der Arbeitsagentur Dessau-Roßlau-Wittenberg versuchen die Berufsberater auch die letzten Jugendlichen, die gewillt sind, in eine Ausbildung zu vermitteln. In Zerbst fand die Börse gestern statt.

Zerbst l 20 Jahre alt ist der junge Zerbster mittlerweile, den Melitta Klatt gestern im Rahmen der Ausbildungsbörse als ersten Bewerber des Tages begrüßen kann. Man kennt sich von zahlreichen vorherigen Terminen, denn dieser junge Mann ist einer der schwierigeren Fälle für die Berufsberaterin.

Mit einem Hauptschulabschluss aus dem Jahr 2008 in der Tasche hat der Zerbster einen Berufswunsch: Verkäufer. Doch bislang hat es mit einem Ausbildungsplatz noch nicht geklappt. Eine berufsvorbereitende Maßnahme hat er durchlaufen, eine andere außerbetriebliche Ausbildung abgebrochen.

"Die Bewerbung ist abgeschickt, aber ich habe noch keine Antwort."

Eine Bewerbung ist aktuell noch offen, eine andere hat sich wohl im Sande verlaufen. "Wie sieht es mit dem Angebot der Wirtschaftsakademie aus?", hakt Klatt nach. "Ist abgeschickt, aber ich habe noch keine Antwort." Wirtschaftsakademie: Das wäre eine neue Chance einer außerbetrieblichen Ausbildung, die die Grundlagen für eine praktische Ausbildung legt. "Solange du die Zusage dafür jedoch noch nicht hast, würde ich dich bitten, dich auf die eine Stelle in Zerbst zu bewerben, die noch eine Ausbildung zum Verkäufer im Lebensmittelbereich anbietet", sagt Melitta Klatt. Um nach weiteren potentiellen Ausbildungsstellen zu suchen, wechselt der junge Mann das Büro zu einer Mitarbeiterin des Arbeitgeber-Services.

Das Angebot an unbesetzten Lehrstellen im Altkreis Zerbst ist unterdessen überschaubar. Es sind 38. 13 Bewerber in Zerbst und Umgebung, die der Agentur für Arbeit gegenüber ihr Interesse für eine Ausbildungsstelle signalisiert haben, gibt es. "Ziel ist es heute, noch einmal zu schauen, ob für diese jungen Frauen und Männer nicht doch noch eine Ausbildungsstelle gefunden werden kann", gibt Berufsberaterin Melitta Klatt das Tagesziel aus.

Doch einfach ist das nicht. Das beginnt schon im Vorfeld. Die potentiellen Teilnehmer der Börse sind vorweg durch Melitta Klatt angeschrieben worden, zu einer bestimmten Uhrzeit an der Ausbildungsbörse teilzunehmen. Einige Briefe kamen nicht an, andere Bewerber lassen den gestrigen Tag verstreichen, ohne bei der Ausbildungsbörse zu erscheinen oder sich abzumelden.

"Wir müssen sehen, ob Berufswahl und die Realität übereinstimmen."

"Es ist schon so, dass alle Bewerber mit guten Zeugnissen bereits vermittelt sind. Diese können sich die Stellen eigentlich aussuchen", erklärt Carena Hünecke vom Arbeitgeber-Service. Wie der junge Zerbster sind es nun die schwerer zu vermittelnden Bewerber, für die diese Ausbildungsbörse nochmals eine Chance sein kann.

"Zum einen ist es notwendig zu sehen, ob die Berufswahl des Jugendlichen und die Realität übereinstimmen. Wenn dem nicht so ist, müssen wir Alternativen aufzeigen", so Klatt. Doch auch mit den Arbeitgebern müssen die Mitarbeiter vom Arbeitgeber-Service zum Teil verhandeln. "Viele Betriebe gehen beispielsweise mit ihren Ansprüchen an Zensuren schon runter, andere bleiben bei ihren Kriterien an die Auszubildenden und bilden lieber gar nicht aus", ist die Erfahrung der Mitarbeiterinnen.

Doch nicht nur geladenen Bewerbern steht die Ausbildungsbörse offen. Kommen kann jeder, der auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist - darunter ein junger Mann aus Nedlitz. In diesem Jahr hat er die Schule beendet und ist in der 12. Klasse vom Gymnasium abgegangen. "Ich habe somit die Fachhochschulreife", erzählt der 18-Jährige, der an einer Ausbildung zum Technischen Produktdesigner interessiert ist oder Konstruktionsmechaniker werden möchte.

Einen ersten Kontakt mit Barbara Findeisen, der für die Gymnasiasten zuständigen Berufsberaterin, gab es bereits. Doch einen festgelegten Beratungstermin konnte er nicht einhalten. "Ich habe mich bereits bei mehreren Unternehmen beworben. In München kann ich einen Vorstellungstermin vereinbaren", berichtet er. Doch er will die Jobbörse nutzen, um Angebote vor Ort zu finden. Und das tut er. Melitta Klatt pflegt sein Profil als Bewerber ins System ein. "Wo darf ich denn einen Haken machen?", fragt Klatt nach, als es darum geht, die Vorzüge und positiven Eigenschaften des jungen Mannes zu beschreiben. Leistungsbreitschaft, Zuverlässigkeit und Zielstrebigkeit sind Felder, die unter anderem einen Haken erhalten. "Ich möchte erstmal eine Ausbildung machen und dann mal sehen, vielleicht auch studieren", sagt der Nedlitzer.

"Ich möchte eine Ausbildung machen und später vielleicht studieren."

Allein im Umkreis von 100 Kilometern finden sich etwa ein halbes Dutzend Stellen in den "Wunschberufen" des Nedlitzers, davon zwei in Zerbst. "Der Arbeitgeber-Service kann dir da sicherlich noch mehr Angebote raussuchen", sagt Klatt. Sie wirft jedoch zuvor einen Blick in die Bewerbungsmappe. Der eine oder andere Grammatikfehler findet sich. Auch eine andere Aufteilung des Anschreibens rät sie ihm sowie einige andere Formulierungen.

Am Ende der Ausbildungsbörse ist Melitta Klatt mit der Resonanz durchaus zufrieden. Von den elf eingeladenen Bewerbern sind fünf erschienen. Jeweils zwei ließen sich entschuldigen, da sie derzeit ein Probepraktikum absolvieren oder sogar bereits die Zusage für einen Ausbildungsplatz erhielten. "Bei zwei Bewerbern wissen wir nicht, warum sie nicht erschienen sind", so Klatt. In diesen Fällen werden die Mitarbeiter erneut den Kontakt suchen. Zwei Jugendliche suchen die Ausbildungsbörse spontan auf.