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Wohneigentum Wie viel ist die Immobilie wert?

Es gibt verschiedene Wege, seine Immobilie zu bewerten. Allerdings ist auch Skepsis angebracht.

Von Sebastian Rose 22.12.2020, 00:01

Zerbst l „Dein Zuhause beginnt mit Scoperty“, bewirbt das gleichnamige Unternehmen im Internetauftritt seine Geschäfte. Nach eigenen Angaben sind von rund 35 Millionen Immobilien in Deutschland die ungefähren Verkaufspreise aufgelistet. Seit neuestem auch von Zerbst. Aber wie verlässlich sind die Angaben und wie werden diese berechnet?

Vom Kölner Express bis zur Süddeutschen Zeitung haben schon einige große Medien über das in München ansässige Start-up-Unternehmen berichtet. Nach einer Anfangsphase, in der die Immobilien aus fünf deutschen Großstädten gelistet wurden, hat sich die Firma nach eigenen Angaben das Ziel gesetzt, alle rund 40 Millionen Immobilien aus mehr als 11 000 Städten und Gemeinden in Deutschland zu bewerten. Unter anderem soll die niederländische Bank ING in dieses Konzept, beziehungsweise in die Firma selbst, investiert haben. Zumindest ist das auf der Webseite zu lesen.

Das Unternehmen bewertet die Immobilien anhand eines Algorithmus. Das ist ein elektronischer Prozess, der automatisch die Preise bestimmt. Dafür benötigt er bestimmte Parameter. Dies geschieht auf Basis von Datenmengen wie unter anderem Grundstücksgröße, Wohnfläche, der Lage und dem öffentlichen Mietspiegel. Eigentümer können selbst das Ergebnis noch verfeinern, indem sie Baujahr oder Renovierungen angeben.

Im Stadtgebiet Zerbst ist eine große Zahl von Immobilien auf der Webseite von Scoperty gelistet. Die Preise schwanken dabei von wenigen Zehntausend bis hin zu fast einer halben Millionen Euro. Für Wohnungen mit einer Größe von 36 bis 67 Quadratmetern an der Zerbster Breite zahlt man beispielsweise zwischen 22 000 und 40 000 Euro. Generell gilt: Was zu DDR-Zeiten noch als Neubau galt, ist heute im Vergleich mit anderen Wohnungen und Häusern eher weniger wert.

Schon seit längerer Zeit bieten andere Unternehmen und auch Webseiten, auf denen teilweise direkt Wohnungsinserate zu finden sind, kostenlose Immobilienbewertungen an. Allerdings müssen auch hier vorher bestimmte persönliche Daten angegeben werden.

Schon nach kurzer Recherche lassen sich zum Thema Kritik an dem Unternehmen Scoperty einige Beispiele finden. So schreibt der Kölner Express, dass Verkaufsinteressenten sich nicht auf die auf der Website zu findenden Schätzwerte verlassen sollten. Auf Nachfrage der Volksstimme erklärt Michael Kasch, Gründer und Geschäftsführer von Scoperty: „Viele Eigentümer von Wohnungen oder Häusern wollen insgeheim verkaufen, haben aber Angst, sich zu schnell festzulegen und sich etwa in vertragliche Abhängigkeit von einem Makler zu begeben. Über Scoperty können sie unverbindlich eine erste Orientierung zum Wert und zur Attraktivität ihrer Immobilie erhalten.“

Kritik übt auch Fred Nindel, Betreiber einer Zerbster Immobilienfirma: „In meinen Augen sind diese Angaben irreführend. Die Zahlen und Werte sind oftmals realitätsfern. Dieser Dienst dient nur dazu, mögliche Kunden, die ihre Immobilien verkaufen möchten, an irgendwelche Makler zu vermitteln.“ Er zweifelt an der Verlässlichkeit der Ergebnisse. Eine Firma aus München, die vor Ort keine Mitarbeiter hat und nur über einen Algorithmus die Verkaufspreise berechnet, könne die Lage vor Ort schlechter beurteilen als eine im Ort ansässige.

Der Kritik tritt Scoperty entgegen: „Wir ermutigen Kaufinteressenten und Eigentümer zudem, den Scoperty-Schätzwert durch weitere Maßnahmen zu erhärten, wie zum Beispiel, die Immobilie selbst zu besichtigen, einen Immobiliengutachter heranzuziehen oder eine Marktwerteinschätzung, zum Beispiel durch einen Immobilienmakler, einzuholen“, schreibt Scoperty-Gründer Michael Kasch.

Nach eigenen Aussagen basiert das Vergütungsmodell auf zwei Säulen. „Wer sich bei Scoperty für den Verkauf einer Immobilie Unterstützung durch einen Makler wünscht, wird an einen von uns vorqualifizierten Immobilienmakler weitergeleitet. Und wer eine Finanzierung für einen Kauf benötigt, den übermitteln wir an unseren Partner, den Baufinanzierer Interhyp. Für diese Leads erhalten wir eine Vergütung.“

Mehr als eine grobe Einordnung des möglichen Verkaufspreises sind auf der Webseite nicht möglich. Genaue Angaben lassen sich ausschließlich in extra angefertigten Gutachten für einzelne Häuser und Wohnungen beziehen. Diese kosten allerdings einen gewissen Betrag. Ob diese Gutachten durch selbst gesuchte oder vorgeschlagene Experten von Scoperty eingeholt werden, muss jeder Verkaufsinter- essent am Ende selbst entscheiden.