Ein Naturfreund fragt sich, ob ein Baum gefällt werden darf, wenn darin ein Waldkauzpaar lebt Zeichen an Bäumen werfen Fragen auf
Totholz, Fehlstellungen, Innenfäule. Es gibt viele Gründe, weshalb ein Baum gefällt werden muss. Im Rephuns Garten aber wurde eine Baumfällung nun vorerst gestoppt.
Zerbst l Leicht macht es sich die Stadt nicht, wenn sie im öffentlichen Raum einem Baum an den Kragen geht. In einer offiziellen Erklärung der Stadtverwaltung heißt es sogar, Baumfällungen führten zu einem "unwiederbringlichen Verlust eines Naturgutes". Maßnahmen wie diese werden "in Zerbst keinesfalls leichtfertig betrieben". Doch Verlust hin oder her, manchmal muss ein Baum gefällt werden. Spätestens nämlich, wenn Menschen durch herabfallendes Totholz in Gefahrensituationen gebracht werden könnten, rücken die Arbeiter mit der Säge an.
Aufmerksame Spaziergänger haben es sicher längst gesehen: Im Park Rephuns Garten tragen einige Bäume einen waagerecht gezogenen grünen Strich an der Borke. Das könnte man als Zeichen dafür interpretieren, dass der Baum gefällt werden soll. So ging es auch Lothar Wilhelm, als er mit seinem Dackel Willi wie jeden Sonntagmorgen durch den Park ging. "Der Baum darf nicht gefällt werden", meint Wilhelm. In dem Stamm habe sich ein Waldkauzpärchen in einer Höhle niedergelassen. "Das kann ich jeden Morgen singen hören, ich wohne nämlich direkt um die Ecke und ich bin sicher: Das muss das Waldkauzpaar im Rephuns Garten sein." Wilhelm ist ein großer Natur- und insbesondere Vogelfreund. Also informierte er die Stadtverwaltung, die Untere Naturschutzbehörde und andere Institutionen über seine Entdeckung.
Die Untere Naturschutzbehörde reagierte nach Rücksprache mit der Stadt Zerbst auch prompt und ließ Wilhelm wissen, dass derzeit keine Baumfällarbeiten im Rephuns Garten durchgeführt werden.
Die Geschichte zeigt, dass Markierungen an Bäumen in Wahrheit alles Mögliche bedeuten können. Das bestätigt der Baumsachverständige Diplom-Ingenieur Friedemann Hornburg, der im Auftrag der Stadt tätig ist. Er erklärt: "Es ist leider zu einer Art Unsitte geworden, dass alle möglichen Personen mit Spraydosen Markierungen an Bäumen anbringen. Das sind Jugendliche, Waldarbeiter und so weiter. Meistens sind die Zeichen irgendeine Art Wegmarkierung".
Wenn sich einer mit Bäumen und deren Zustand auskennt, ist das Friedemann Hornburg: Der Sachverständige überprüft nach eigenen Angaben zwischen 10 000 und 12 000 Bäume im Jahr auf ihre Standfestigkeit, "nicht nur für die Stadt Zerbst", wie er betont.
Ob ein Baum weg kommt oder stehen bleiben kann, darüber gibt der Sachverständige dann eine Empfehlung an seinen Auftraggeber. "Friedemann Hornburg arbeitet in unserem Auftrag" erklärt Kerstin Gudella, Amtsleiterin Ordnungsamt, Grünflächen sowie Bau- und Wirtschaftshof. Zwei weitere Mitarbeiterinnen der Stadt sind ebenfalls als Baumsachverständige im Einsatz. Alle Bäume der Stadt werden von der Kommune nummeriert und in einem Kataster geführt, weshalb Friedemann es für unwahrscheinlich hält, dass die Stadt selbst Markierungen vornimmt.
Kerstin Gudella bestätigte zudem, dass der fragliche Baum nicht gefällt wird bis die zuständige Sachbearbeiterin wieder da ist. Das wird Ende Oktober sein.