Reaktivierung von Bahnstrecken Zerbst bekommt zweite direkte Bahnverbindung über Güterglück und Barby nach Magdeburg
Lange war die Wiederbelebung der neun Kilometer langen Bahnlinie zwischen Güterglück und Barby nur ein Papiertiger. Nun hat die Deutsche Bahn verkündet, dass sie mit der Reaktivierung der Strecke ernst machen will, auch um die Elbbrücke in Magdeburg zu entlasten.

Zerbst - Die Deutsche Bahn (DB) wird 20 Bahnstrecken mit einer Länge von insgesamt 245 Kilometern für den Bahnbetrieb reaktivieren. Bei den Strecken handelt es sich um einen ersten Teil zuvor stillgelegter Trassen, auf denen künftig wieder Personen- oder Güterverkehr rollen soll.
Eine der 20 Trassen ist die 2004 stillgelegte Strecke zwischen Barby und Güterglück. Die Bahn hat ihre Pläne am vergangenen Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Branchenverbänden Allianz pro Schiene und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Berlin vorgestellt. Einer der Hauptgründe für die geplante Wiederinbetriebnahme der neun Kilometer langen Bahnlinie ist die Elbbrücke Barby. Sie soll die stark befahrene Elbquerung in Magdeburg entlasten.
„Mit dem Ergebnis der Prüfung der Bahn wird die Auffassung des Landes bestätigt, dass eine Reaktivierung der Bahnverbindung grundsätzlich sinnvoll ist und daher nun vertieft geprüft werden sollte“, schreibt Wolfgang Ball, Sprecher der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (Nasa) auf Nachfrage.
Die vom Land angeregte Durchführung einer Machbarkeitsstudie unter Beteiligung von Bahn, Bund und Land habe mit der Entscheidung über die Reaktivierungsprojekte jetzt grünes Licht bekommen. „Die Frage der Finanzierung der Streckenreaktivierung kann erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, insbesondere einer ersten Kostenschätzung, geklärt werden“, so Ball.
Auswirkungen auf Haltepunktneubau in Güterglück unklar
Welche Auswirkungen die Reaktivierung der stillgelegten Strecke auf den Bau des neuen Haltepunktes in der Güterglücker Moritzer Straße hat, scheint nicht so ganz klar zu sein. „Die Auswirkungen werden von der DB Netz AG bewertet. Konkrete Aussagen können erst nach Abschluss der Bewertung durch die DB Netz getroffen werden. Seitens des Landes wird auf die Einhaltung des Inbetriebnahmetermins bis spätestens 2025 gedrängt“, betont Ball.
Für die Reaktivierung der Strecke muss das Land Sachsen-Anhalt sowie der Aufgabenträger Nasa Machbarkeitsstudien beauftragen, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Strecke durchführen, Finanzierungsanträge stellen und die Planung der Infrastruktur anstoßen, heißt es seitens der Bahn.
Verkehrsminister Thomas Webel: Wichtiger Schritt zum Klimaschutz
„Die DB unterstützt sie dabei, in Abhängigkeit von Priorität und Planungsstand der Strecken, mit Experten und -Teams. Dies beinhaltet unter anderem die Mitarbeit in Expertenrunden und die fachliche Unterstützung bei Machbarkeitsstudien, Nutzen-Kosten-Untersuchungen, eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Untersuchungen, Betriebsprogrammanalysen und den einzelnen Leistungsphasen von Planungen“, so ein Sprecher der Deutschen Bahn.
Das bedeutete, dass die Reaktivierung der Strecke zum jetzigen Zeitpunkt mit diesem Projektfortschritt keine Auswirkungen auf die anderen Vorhaben habe. „In jedem Fall wird bei der Planung der Infrastruktur der Gesamtkontext der Region berücksichtigt. Zum Halt Güterglück und Moritzer Straße gibt es keinen neuen Stand“, macht der Bahnsprecher deutlich.
„Mit dem positiven Prüfergebnis der Deutschen Bahn AG sind wir einen wichtigen Schritt weiter bei unseren Bemühungen um die Reaktivierung der Bahnstrecke über die Elbbrücke Barby. Ein leistungsfähiges Bahnsystem ist wesentliche Voraussetzung, um die Klimaschutzziele im Verkehrsbereich zu erreichen“, macht Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) auf Nachfrage deutlich.
Differenzierte Sicht auf Streckenreaktivierung
Engpässe auf den Magistralen des Güterverkehrs müssten beseitigt werden. Deshalb habe das Land die Reaktivierung und Elektrifizierung der elbquerenden Eisenbahnverbindung zwischen Barby und Güterglück vorgeschlagen. „Damit kann solchen Engpässen im Knoten Magdeburg und auf der Magdeburger Eisenbahnelbquerung entgegengewirkt werden. Wir werden jetzt gemeinsam mit Bahn und Bund zügig eine Machbarkeitsstudie anstoßen“, erklärt Webel.
Für Barbys Bürgermeister Torsten Reinharz ist die Reaktivierung der Strecke eine gute Nachricht. „Wir freuen uns sehr über diese Entscheidung, auch wenn es noch ein wenig dauert. Zum einen, weil unsere Stadt dadurch wieder an den Schienenverkehr angebunden wird, was für unsere ländlich geprägte Einheitsgemeinde wirklich wichtig ist und zum anderen, weil damit der Einsatz der Brücken-Arbeitsgruppe und vieler Barbyer Bürger für den Erhalt der Eisenbahnbrücke nicht umsonst war, denn nichts fördert den Erhalt eines Bauwerkes mehr als eine entsprechende Nutzung“, sagt Reinharz.
Der Zerbster Rathauschef sieht das Projekt etwas differenzierter. „Die Stadt Zerbst wurde bislang nicht in die Planungen einbezogen. Insofern kann ich momentan wenig dazu sagen. Wenn tatsächlich eine Verbesserung der Zugtaktung zwischen Magdeburg und Dessau einhergeht, wie es von der Bahn angekündigt wurde, wäre das natürlich vorteilhaft“, sagt Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD).
Strecke ist Teil der ehemaligen Kanonenbahn
Wie die Einbindung in Güterglück erfolgt, werde man sehen. „Klar ist, dass sich darüber nicht alle Anlieger freuen werden, da es ja durch die Stilllegung zu einer Aufwertung der Wohnqualität gekommen ist. Andererseits bin ich auf die tatsächliche Umsetzung der Maßnahme gespannt, denn allein das Thema Bahnsteigverlegung sollte schon im Jahr 2021 realisiert werden. Den angekündigten Zeitrahmen habe ich deshalb mit Interesse zur Kenntnis genommen“, so Dittmann.
Die etwa neun Kilometer lange Strecke ist Teil der ehemaligen „Kanonenbahn“ Berlin – Blankenheim – Trier, die bis ins französische Metz führte und für militärische Zwecke gebaut wurde. Zwischen Wiesenburg und Barby wurde der Zugverkehr 2004 eingestellt. Die Gleise sind zum größten Teil abgebaut. Die Trasse selbst ist allerdings noch vorhanden und nicht überbaut. Die Elbebrücke Barby ist baulich vorhanden, aber laut Bahnsprecher in schlechtem Zustand.
