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Maisernte Stellenweise wie in Afrika

Endspurt bei der Ernte 2019. Der Zieleinlauf auf den Maisfeldern fällt ernüchternd aus.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 10.09.2019, 15:00

Fischbeck l Statt sich nach Monaten der Arbeit etwas zurückzulehnen und sich über die Früchte der Ernte zu freuen, müssen die Bauern mit spitzen Stift rechnen, Löcher stopfen und zusehen, dass das magere Futter über den Winter reicht. Auch die Fischbecker Agrargenossenschaft sehnt mal wieder „wenigstens ein durchschnittliches Erntejahr“ herbei.

Ohne Zukauf würde sie nicht über die Runden kommen und die Kühe stünden in ein paar Monaten vor leeren Futtertrögen. Denn das, was auf den 260 Hektarn Maisfläche der Fischbecker Agrargenossenschaft „Schwarzbuntzucht“ gewachsen ist und zu Maissilage wird, ist zu wenig. „Eigentlich würde der Ertrag von 200 Hektarn reichen, die 60 sind schon Reserve. Aber auch das reicht dieses Jahr nicht. Deshalb haben wir 125 Hektar von benachbarten Bauern zugekauft“, berichtet Geschäftsführer Michael Briest froh, dass diese Möglichkeit überhaupt besteht. Denn eigentlich braucht jeder Bauer jede Pflanze selbst. „Aber etliche haben sich in den letzten Jahren von ihren Kühen getrennt und bauen wegen der Einhaltung der Fruchtfolge trotzdem Mais an.“

Insgesamt 385 Hektar Mais sind also zu heckseln. Die Agrargenossenschaft ist nach anderthalb Wochen Arbeit bei der Halbzeit angelangt, das Silo an der Michviehanlage zwischen Fischbeck und Kabelitz halb voll – Ration für ein Jahr gesichert? 700 Milchkühe und ihre Nachzucht – nochmals rund 800 Rinder – müssen satt werden und hochwertiges Futter kriegen. Aber wirklich durchgängig hochwertig ist die Maissilage nicht. Denn bedingt durch den fehlenden Regen sehen die Pflanzen auf manchen Schlägen aus wie Papier, Kolben gibt es nicht, „wie in Afrika“, kommentiert Michael Briest auf einem Schlag gleich neben der Milchviehanlage stehend. „Es hat wie schon 2018 viel zu wenig geregnet. Die Böden sind ausgedorrt.“ Er denkt zurück an das Jahr 2017. Während des nassen Sommers ist eine hervorragende Ernte herangewachsen – aber es war schwierig und aufwendig, sie überhaupt vom Feld zu bekommen.

„Es gibt auch dieses Jahr Flächen, die sehen wirklich gut aus. Aber auf mindestens der Hälfte ist der Anblick einfach nur traurig. Ohne Kolben fehlt der Silage die Stärke.“ Und deshalb muss Kraftfutter in Form von Maisschrot zugekauft werden. Das widerum erhöht die Futterkosten – die Milchpreise dagegen steigen nicht. „Milchproduktion ist ein hartes Geschäft, da schreibt man nicht jedes Jahr schwarze Zahlen. Nicht umsonst haben so viele Milchbetriebe aufgegeben“, rechnet Michael Briest die erhöhten Ausgaben gegen die Einnahmen. Für die Agrargenossenschaft kommt es nicht in Frage, am Bestand etwas zu verändern. „Wir haben alles darauf ausgerichtet und können wegen des Futtermangels nicht einfach sagen, wir verkaufen 100 Kühe. Wir müssen durch Zukauf über die Runden kommen und hoffen auf wieder bessere Jahre.“

Schon beim Getreide blieb auch in diesem Jahr das finanzielle Polster aus. „Vielleicht ein klein wenig besser als 2018, aber alles andere als zufriedenstellend.“

Wenigstens eine Konstante gibt es bei der Agrargenossenschaft: Die Biogasanlage, die Strom produziert und ins öffentliche Netz einspeist. „Das war eine gute Entscheidung, die Anlage zu bauen“, blickt der Geschäftsführer auf 2014 zurück. Bestückt wird die Anlage ausschließlich mit der Gülle, die in den Ställen anfällt. Noch ein Vorteil: Nach der Vergährung in der Anlage riecht die Gülle nicht mehr so extrem, wenn sie auf die Felder ausgebracht wird.

Nicht nur die Biogasanlage ist relativ neu, sondern auch der Boxenlaufstall für das Jungvieh. Er ist mit viel Platz, Licht und Luft als „besonders tierartgerecht“ eingestuft – eine freiwillige Investition der Agrargenossenschaft.

Zurück zum Futter: Nicht nur bei der Maissilage muss wegen der fehlenden Kolben Maisschrot zugesetzt werden, auch beim anderen Futter ist der Aufwand größer. Weil wegen der Dürre auch das Gras auf den Grünlandflächen nicht wie gewohnt nun schon im zweiten Jahr wächst, musste sich die Genossenschaft auch hier etwas einfallen lassen. Denn die Kuh benötigt eine bestimmte Menge Futter pro Tag. Um die zu haben, wird mehr Stroh eingesetzt. Das wird mit zugekauftem Biertreber – ein energiereiches Abfallprodukt bei der Bierproduktion – vermengt, so dass ein für Wiederkäuer geeignetes Futter entsteht.

Die Maisernte neigt sich dem Ende. Jetzt stehen noch die Zuckerrüben auf 25 Hektarn. Auch ihnen hat das Wasser gefehlt, sie können aber jetzt noch ein wenig aufholen – vorausgesetzt, es regnet ausgiebig. Der Niederschlag wird auch gebraucht für die Flächen, die neu bestellt werden. Der gedrillte Raps wartet darauf, endlich aufgehen zu können.