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Bundestagsabgeordneter Tino Sorge "Pfeil und Bogen helfen nicht im Irak"

Der Bundestag wird am Montag über einen Antrag von Union und SPD für Waffenlieferungen in den umkämpften irakischen Norden abstimmen. Mit dem Magdeburger CDU-Bundestagsabgeordneten Tino Sorge sprach dazu Steffen Honig.

30.08.2014, 01:16

Wie werden Sie am Montag im Bundestag abstimmen?
Tino Sorge: Zunächst einmal finde ich es gut, dass wir über den vorliegenden Entschließungsantrag im Rahmen einer Bundestagsdebatte abstimmen. Bei einem solch wichtigen Thema ist es notwendig, dass wir als Parlamentarier direkt mit einbezogen werden.

Wie werden Sie sich entscheiden?
Ich werde dafür stimmen. Das Vorgehen des extremistischen islamischen Staates (IS) gegen Volksgruppen wie den Jesiden im Nordirak ist meines Erachtens als Völkermord einzuordnen. Bei der aktuellen Diskussion geht es aber wohlgemerkt um Waffenlieferungen, nicht um die Entsendung deutscher Truppen. Beides kann man nicht in einen Topf werfen. Und am wichtigsten bleibt nach wie vor die humanitäre Unterstützung für die Menschen im Irak.

Nach dem militärischen Eingreifen in Jugoslawien in den 1990er Jahren ist die Waffenlieferung in Krisengebiete ein nächster Paradigmenwechsel in der deutschen Außenpolitik. Wie bewerten Sie das?
Ich sehe das nicht als einen Paradigmenwechsel. Die humanitäre Hilfe hat in der deutschen Außenpolitik weiterhin Vorrang vor Waffenlieferungen oder Truppeneinsätzen. Wir müssen aber einfach der Realität ins Auge sehen. Wir Deutschen dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn Verbrechen in diesem Ausmaß geschehen. Allerdings muss über militärische Unterstützung von Fall zu Fall entschieden werden. Und meines Erachtens möglichst immer unter Einbeziehung der Abgeordneten des Bundestages.

Die Gegner von Waffenlieferungen in den Irak führen an, dass somit auch indirekt die kurdische PKK, in Deutschland als terroristische Vereinigung eingestuft, bewaffnet werden könnte. Was meinen Sie?
Diese Gefahr kann niemand ausschließen. Dass diese potenzielle Möglichkeit besteht, darf aber nicht heißen, grundsätzlich auf Unterstützung zu verzichten. Bei der Frage nach der Art der zur Verfügung zu stellenden Waffen soll man -übertragen gesprochen - zwar nicht mit "Kanonen auf Spatzen schießen", aber "Pfeil und Bogen" würden den Kurden im Kampf gegen die Islamisten auch nicht wirklich helfen.

Was den Kurden im Irak recht ist, könnte den Ukrainern billig sein. Sollte also Deutschland die Regierung in Kiew in deren Kampf um die Ostukraine mit Waffen unterstützen?
In der Ukraine-Krise müssen alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft werden, um zu einer Lösung mit den Separatisten und mit Russland zu kommen. Das kommt vor jeder möglichen Waffenhilfe.

Bisher sind aber Bemühungen gescheitert, einen Frieden in der Ostukraine auf dem Verhandlungsweg herbeizuführen. Wenn sich daran nichts ändert - sollte dann zu einer deutschen Militärhilfe gegriffen werden?
Die Lieferung von Waffen oder gar ein deutscher Truppeneinsatz sind für mich im Fall der Ukraine derzeit kein Thema.

Der Bundestag stimmt am 1. September ab. An diesem Tag vor 75 Jahren hat Nazideutschland Polen überfallen und den Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Spielt das für Sie eine Rolle?
Wir Deutschen sollten uns immer der dunklen Seiten unserer Geschichte bewusst sein. Das darf aber nicht bedeuten, bei Konflikten, wie sie sich jetzt im Irak abspielen, nur Zuschauer zu sein, sondern mit Augenmaß Verantwortung zu übernehmen.