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Geräusche führen häufig zu Konflikten Wenn der Nachbar zu laut pfeift

17.06.2015, 01:09

Rund um das Nachbarschaftsrecht konnten beim Volksstimme-Telefonforum Leser ihre Fragen an den Rechtsanwalt Detlef Baarth und an den Schiedsmann Guido Scholz stellen.

Mein Nachbar pfeift werktags manchmal Lieder vor sich hin. Es ist zwar leiser als das Vogelgezwitscher, stört mich aber trotzdem. Ich habe schon Steine geworfen oder mit der Polizei gedroht, aber er hört nicht auf.

Vorsicht, wenn Sie Ihren Nachbarn mit dem Stein treffen wollten oder trafen, liegt eine Straftat vor. Ihr Nachbar muss beim Pfeifen auf jeden Fall die Ruhezeiten einhalten, die von Kommune zu Kommune unterschiedlich sind. Grundsätzlich müssen Grundstückseigentümer Geräusche aushalten, die die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen.

Ich kann mit meinem Nachbarn einfach nicht über unser Problem reden. Kann ich ihn vor Gericht verklagen?

Ja, aber nicht sofort. Zuerst sollten Sie ihn persönlich auf das Problem ansprechen. Wenn das nicht geht, dann schreiben Sie ihm einen Brief und fordern Sie ihn auf, die Störung zu unterlassen. Hilft das nicht, dann gehen Sie zur Schiedsstelle Ihrer Kommune und beantragen ein Schlichtungsverfahren. Dazu wird auch Ihr Nachbar eingeladen. Kann der Schlichter keine Einigung herbeiführen, sollten Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen und Druck aufbauen, eventuell wird dieser dann Ihr Recht vor Gericht einklagen.

Was kostet mich ein Schlichtungsverfahren?

Die Gebühr für eine Schlichtung beträgt 25 Euro, diese muss in der Regel auch als Kostenvorschuss durch den Antragsteller bezahlt werden. Kommt eine Einigung zustande, erhöht sie sich auf 50 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 75 Euro. Außerdem berechnen Ihnen die Schlichter Auslagen, zum Beispiel für Porto oder Schreibarbeiten.

In Ausnahmefällen können die Gebühren ermäßigt oder nachgelassen werden, wenn es Ihre finanziellen Verhältnisse übersteigt.

Koniferen nicht höher als 1,50 Meter

Mein Nachbar hat eine 150 Meter lange Koniferenhecke im Abstand von einem halben Meter zur Grundstücksgrenze gepflanzt und am Zaun zusätzlich Schilfmatten befestigt. Das beeinträchtigt meinen Gemüsegarten stark. Muss ich das dulden?

Nur bedingt. Die Koniferen dürfen nicht höher als 1,50 Meter hoch sein, außerdem dürfen die Wurzeln nicht in Ihren Garten hineinwachsen. Die Schilfmatten sind zulässig, wenn sie nicht höher als zwei Meter sind. Sind die Matten oder Bäume höher, dürfen Sie das nicht zu lange dulden. Denn es gibt Verjährungsfristen. Wenn Sie mehr als fünf Jahre zu hohe Koniferen geduldet haben, dann können Sie von Ihrem Nachbarn nicht mehr verlangen, dass er diese entfernt. Wenn es bereits seit mehr als zehn Jahren so ist, haben Sie noch nicht einmal mehr ein Recht auf einen Rückschnitt.

Mein Nachbar will seine Hausfassade dämmen. Diese würde dann bis zur Grundstücksgrenze ragen. Ist das in Ordnung?

Ja, eine Dämmung darf bis zur Grenze gehen, allerdings nicht darüber hinaus. In manchen Bundesländern ist das zwar zulässig, in Sachsen-Anhalt allerdings noch nicht.

Vom Nachbargrundstück rankt Efeu auf meine Seite hinüber. Darf ich diesen einfach abschneiden?

Nein, zuerst sollten Sie Ihren Nachbarn dazu auffordern. Der Wein muss gekappt werden, darauf haben Sie Anspruch. Ist kein Gespräch möglich, dann gehen Sie zur Schlichtungsstelle Ihrer Kommune. Auf keinen Fall selbst zur Schere greifen.

Mein Nachbar hat einen Hahn, der ständig kräht. Muss ich das ertragen?

In begrenztem Umfang ja, aber es gibt Grenzwerte für Lärmbelästigungen und Ruhezeiten. Für Tiergeräusche gelten Ruhezeiten von 13 bis 15 und 22 bis 6 Uhr. Hier gibt es aber örtliche Unterschiede. An diese hat sich auch der Hahn zu halten. Das gilt auch für Hundegebell oder Papageiengekreische.

Nacht- und Mittagsruhe sind einzuhalten

Wir wohnen in einem Wohngebiet. Seit einiger Zeit macht mein Nachbar dort Schlosserarbeiten. Das fängt oft schon frühmorgens an, auch am Wochenende ist keine Ruhe. Darf er das?

Nein, er muss Rücksicht auf seine Nachbarn nehmen und Störungen vermeiden. So ist zum Beispiel die Nachtruhe zwischen 22 und 7 Uhr sowie die Mittagsruhe zwischen 12 und 14 Uhr einzuhalten. Bei den Zeiten gibt es örtliche Unterschiede, diese erfahren Sie bei Ihrer Kommune.

Am besten, Sie besorgen sich ein Gerät, mit dem Sie die Dezibel messen können, und protokollieren diese. Denn es gibt für die übrigen Zeiten Grenzwerte, die im Wohngebiet nicht überschritten werden dürfen.

Das Abwasser von unserem Haus wird über das Grundstück das Nachbarn in eine Klärgrube geleitet. Das ist schon seit DDR-Zeiten so. Die Leitung ist jetzt ständig verstopft, der Nachbar will sich aber nicht um eine Reparatur kümmern. Was kann ich tun?

Wenig, wenn die Nutzung nicht irgendwo schriftlich vereinbart ist, zum Beispiel über eine Baulast. Ein Gewohnheitsrecht gibt es in solch einem Fall nicht. Ihr Nachbar muss noch nicht einmal dulden, dass Sie die Leitung über sein Grundstück nutzen. Sie können nur versuchen, mit ihm zu sprechen. Einen Anspruch haben Sie nicht.

Mein Nachbar hat eine Regentonne, die an der Grundstücksgrenze steht. Wenn nach einem starken Regen die Tonne überläuft, läuft das Wasser auf mein Grundstück. Muss ich das dulden?

Nein, das müssen Sie nicht. Der Nachbar muss dafür sorgen, dass das nicht passiert.

Im Nachbargarten ist ein Schäferhund, der mich ständig anbellt. Der Zaun ist schadhaft, ich habe Angst, dass das Tier rüberkommt. Der Nachbar sagt, es sei mein Zaun, ich müsste mich darum kümmern. Ist das so?

Nein, es gibt eine Einfriedungspflicht. Der Nachbar muss dafür sorgen, dass der Hund nicht auf Ihr Grundstück kommen kann. Wenn er den gemeinsamen Zaun, der auf der Grundstücksgrenze steht, nicht repariert, muss er einen eigenen auf seinem Grundstück errichten.

Spielgerüste sind genehmigungsfrei

Wir möchten in unserem Garten ein Spielgerät für unsere Kinder aufstellen. Dazu gehört auch ein Häuschen, das etwa 1,50 Meter weit oben liegt. Müssen wir eine Baugenehmigung beantragen?

Nein, das müssen Sie nicht. Selbst wenn die Kinder dadurch in den Nachbargarten blicken können, ist das erlaubt. Sie müssen auch keine Abstände zur Grundstücksgrenze einhalten. Der Paragraf 60 der Bauordnung Sachsen-Anhalt s (Absatz 1 Nr. 10) besagt, dass Anlagen wie Spielgerüste genehmigungsfrei sind.

Ich möchte auf meinem Grundstück einen Walnussbaum pflanzen. Welchen Abstand zum Nachbargrundstück muss ich einhalten?

Sie müssen beachten, dass Walnussbäume sehr hoch werden können. Wenn der Baum einmal mehr als 15 Meter hoch sein wird, müssen Sie einen Mindestabstand von sechs Metern zur Grundstücksgrenze einplanen. Die Abstandsvorschriften im Nachbarschaftsgesetz gelten für Gehölze, das heißt Bäume, Sträucher und Hecken. Als Abstand gilt immer die kürzeste Verbindung.