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1,28 Euro pro Stunde für Menschen über 50 Jahre Knapp 100 Ein-Euro-Jobber beräumen Elbregion nach Hochwasser

Von Falk Heidel 16.08.2013, 03:11

Lostau/Jerichow/Burg l Gut acht Wochen nach der Flut werden jetzt im Jerichower Land überall die Spuren des Hochwassers beseitigt. Die Gemeinden bekommen dabei Unterstützung von Menschen ohne festen Job.

Und kräftig ziiiiiiehn! Der dicke Ast an der Böschung ist verdammt schwer. Kein Problem, mit vereinten Kräften und sechs Händen tragen die Arbeiter das Monstrum zum großen Haufen am Straßenrand.

Das Trio gehört zu einem knapp 30 Köpfe starken Aufräumtrupp an der Elbe in Alt Lostau. "Wir befreien Ufer und die damals gefluteten Wiesen von Schwemmgut, Ästen und sämtlichem Unrat, der hier angespült wurde", erklärt Henry Kleemann. Er ist eine Art Vorarbeiter, hier auch Praxisanleiter genannt.

Das Jobcenter im Jerichower Land hat in diesen Tagen knapp 100 Menschen in mehrere Projekte vermittelt. Umgangssprachlich ist von Ein-Euro-Jobbern die Rede. Diese Menschen werden zu verschiedenen Trägern geschickt, im Landkreis sind dies die QSG in Genthin, der Nabu in Blumenthal und das Deutsche Rote Kreuz. In letzterer Einrichtung kümmert sich Henry Kleemann seit Freitag um zwei Kolonnen, die in den Gemeinden Biederitz und Möser im Einsatz sind.

In Alt Lostau zeigt Kleemann auf einen Notdeich, den die Menschen in den Hochwassertagen per Sandsäcken und Plastikfolien aufgestapelt hatten. "Wir werden uns in den kommenden Wochen in Richtung Gerwisch durcharbeiten." Kleemann koordiniert die Arbeiten dieser Truppe und einer weiteren, die an der Biederitzer Schweinbrücke im Einsatz ist.

Kleemann ist ein Pragmatiker, spricht die Sprache der Menschen - das gilt auch im Fall von Sergej, der kein Wort deutsch redet. "Die Truppe muss sich erst finden, schließlich sind die Leute erst seit wenigen Tagen beeinander." Kleemann stellt den Menschen im Großteil ein gutes Zeugnis aus: "Das sind meist fleißige Zeitgenossen, die in ihrer Biografie schon eine Menge erlebt haben." Jedoch müsse man ihnen nicht mehr viel erzählen, "die wissen, wie eine Arbeit anständig erledigt wird."

Bei diesem Projekt handelt es sich um eine Ü-50-Maßnahme mit dem Titel "Aktiv zur Rente - Hochwasser Sonderförderung."

Doch bevor sich die Leute an die Arbeit machten, sind sie beim DRK intensiv belehrt worden. Nicht nur zum Thema Arbeitsschutz, sondern auch darüber, dass ein Europäischer Sozialfonds der EU das Projekt mitfinanziert. Diese Info mussten sie mit einer Unterschrift quittieren.

Enorm ist der logistische Aufwand, den die Träger der Maßnahme, also in diesem Fall das DRK, vor dem Start bewältigen müssen: "Wir müssen Bauwagen als Pausenräume, transportable Toiletten und natürlich die Bekleidung mit Arbeitsanzug, Schuhen und Handschuhen besorgen", erzählt Geschäftsführer Frank-Michael Ruth.

Für ihre Arbeit bekommen die Leute 1,28 Euro pro Stunden zusätzlich zu ihren Hartz-IV-Bezügen. Ruth: "Es handelt sich nicht um einen Lohn, sondern um eine Aufwandsentschädigung." Also gibt es bei Krankheit keine Lohnfortzahlung.

Über einen guten Service können sich die Leute aus Burg freuen: "Sie werden in der Frühe mit dem Bus abgeholt und nach sechs Stunden wieder in die Kreisstadt zurückgebracht." Zu Vorbereitung auf eine solche Maßnahme gibt es auch eine Hepatitis-Impfung: "Die ist natürlich freiwillig, wurde aber von den meisten Bewerbern angenommen", sagte Ruth zur Volksstimme.

Außer den DRK-Leuten hat das Jobcenter 20 Maßnahme-Teilnehmer an den Nabu in Blumenthal vermittelt, weitere 20 Kräfte an die QSG. "Diese Maßnahme ist zunächst bis zum Jahresende angelegt, eine Verlängerung ist aber derzeit im Gespräch", sagte Stefan Dreßler. Laut dem stellvertretenden Geschäftsführer des Jobcenters gibt es auch Bedarf im Bereich von Gommern. Die QSG-Trupps arbeiten entlang der Elbe in der Stadt Jerichow, der Nabu kümmert sich um die Abschnitte der Stadt Burg, inklusive Niegripp.

Im Jobcenter spricht man allerdings nicht von Ein-Euro-Jobbern, sondern von Teilnehmern an Arbeitsgelegenheits-Maßnahmen. Davon sind derzeit im Jerichower Land einschließlich aller anderen Projekte rund 400 Leute im Einsatz.