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In der Ortsgruppe der Volkssolidarität arbeitet die Jerichowerin im Vorstand und als Kassiererin mit Christel Blunck ist eine, die zupackt und Humor hat

Von Sigrun Tausche 20.02.2014, 02:17

Sieben Kandidaten stehen zur Wahl bei der Volksstimme-Aktion "Du bist spitze". Sie haben die Wahl: Wer wird Lokalmatador 2013? Nacheinander präsentieren wir die Nominierten im Porträt. Heute: Christel Blunck.

Jerichow l Sie ist eine, die sagt, was sie denkt, die auf die Menschen zugeht, die anpackt, ohne viel zu fackeln. Und wem sich manchmal der Vergleich mit einer "echten Berliner Schnauze" aufdrängt, der liegt gar nicht so falsch. Christel Blunck ist 1940 in Berlin geboren, lebt aber schon seit 1955 in Jerichow.

Stellvertretende Vorsitzende der Jerichower Ortsgruppe der Volkssolidarität ist sie und schon seit ganz vielen Jahren eine der Kassiererinnen, ist außerdem in der Gymnastikgruppe von Lok Jerichow und auch dort immer dabei, wenn es etwas zu tun gibt, vom Kuchenbacken, Vorbereiten von Veranstaltungen bis zum Unterhaltungsprogramm. "Gekaspert habe ich schon immer gern", lacht sie. Sketche aufführen in verrückten Verkleidungen, das macht ihr genauso viel Spaß wie den Zuschauern.

Es war der Krieg, der die Familie aus Berlin vertrieben hatte. Aus Angst vor Bombenangriffen auf die Hauptstadt sind sie damals in die Altmark gezogen, erst nach Gardelegen, dann nach Osterburg und später nach Jerichow. Sechs Kinder waren sie, keine leichte Zeit damals im und nach dem Krieg. Aus der Schule gekommen ist Christel Blunck nach der 8. Klasse, wie das damals noch die Regel war, und wollte eigentlich Säuglingsschwester werden. Sie war aber erst 15 und hätte die Ausbildung erst mit 16 beginnen können. Also hat sie die Zeit überbrücken müssen, und dann ist daraus irgendwie nichts mehr geworden.

Mit 16 ist sie in die Fabrik nach Premnitz gegangen, ins Kunstseidenwerk, und hat dort auch ihren Facharbeiterbrief erworben und dann in drei Schichten gearbeitet. Fast wäre sie später auch ganz in Premnitz geblieben, jedoch ihr Mann kam aus der Landwirtschaft, und es war damals so, dass man dann keine Erlaubnis bekam, in eine Fabrik zu wechseln. In der Landwirtschaft wurden Leute gebraucht. Also ging sie mit zurück nach Jerichow, fing auf dem Volksgut an und hat dafür noch einmal eine ganz neue Berufsausbildung absolviert. In der Buchhaltung war sie hier 22 Jahre, erst auf dem Volksgut, dann in der KAP (Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion).

Dann kam die Wende und mit ihr erstmal die Arbeitslosigkeit. Für eine kurze Zeit hat sie Arbeit in der Wohngeldstelle der Stadt Jerichow bekommen, aber die gab es so lange auch nicht. So war sie sehr froh, im Fachkrankenhaus anfangen zu können, und dass sie nach vielen Jahren Büroarbeit hier nun putzen musste, habe sie überhaupt nicht gestört. "Es war eine gute Zeit, ich bin mit den Leuten super klar gekommen und habe es gern gemacht." Allein die Erinnerung an den Tag, als sie Rentnerin wurde, lässt sie ins Schwärmen kommen. Sie holt Fotos hervor und erzählt, wie herzlich sie damals verabschiedet wurde.

Mit Menschen gut klar kommen, ja, das konnte sie schon immer. Das ist ihr wohl schon "in die Wiege gelegt" worden. So war es auch ganz selbstverständlich, dass sie in die Volkssolidarität eingetreten ist. Das war schon 1982. Ihre Mutter sei damals Vorsitzende gewesen in Jerichow und habe ihr gar keine Alternative gelassen: "Du gehst da rein!" Schon damals half sie als Kassiererin mit.

Dann übernahm Ilse Junghans den Vorsitz und seit einigen Jahren nun Ingrid Klemm, die sie mit in den Vorstand holte. Das Kassieren, das macht sie nebenbei weiter. Man dürfe sich nicht vorstellen, dass das bedeute, einmal im Vierteljahr von Tür zu Tür zu gehen und die Beiträge einzusammeln, stellt sie klar. "Mehr als drei Leute pro Tag geht nicht!" Denn es sind ja heute fast ausschließlich Rentner, die meisten sind es schon seit vielen Jahren, und manche kommen nur noch selten vor die Tür. Da ist jeder Besuch willkommen, es wird erzählt, was es Neues gibt, hier und da wohl auch mal Rat und Hilfe angeboten.

Insgesamt hat Christel Blunck 26 Mitglieder auf ihrer Kassiererliste, da lässt sich ausrechnen, wie viele Tage sie jedesmal unterwegs ist. Auch Krankenbesuche macht sie ab und zu.

Ja, es geht sehr viel Zeit drauf dabei, aber sie mache es gern, betont Christel Blunck. Zugleich bedauert sie sehr, dass kaum noch jüngere Mitglieder der Volkssolidarität beitreten. "Es will keiner machen!" Dagegen sind in jüngster Zeit etliche ältere Mitglieder ausgeschieden. Allein der Umzug ins Pflegeheim sei oft ein Grund dafür, obwohl gerade jetzt der weitere Kontakt zur Ortsgruppe noch guttun würde. "Aber das Heim kostet viel Geld, da wird gespart, wo es geht."

Christel Blunck wird noch eine Zeitlang weitermachen mit ihrer Arbeit für die Volkssolidarität. Erst vor kurzem ist sie wiedergewählt worden als stellvertretende Vorsitzende, und als Kassiererin wird sie ebenfalls weiter unterwegs sein. Sie lebt, wie etliche Mitglieder, nun auch allein, hat vor nicht langer Zeit ihren Mann verloren. Aber sie hat zwei Kinder und vier Enkel und ist stolz darauf. Ihre Kinder sind 1961 und 1964 geboren, und mit 43 Jahren ist sie schon zum ersten Mal Oma geworden.

Und sie verreist auch gern, nicht nur mit der Volkssolidarität. Über den "Tellerrand" schauen, das bringt immer auch neue Ideen mit sich und frische Energie sowieso.