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Harzer Arbeitskreis "HaLT! - Hart am Limit" beteiligt sich an bundesweiter Aktionswoche Komasaufen ist "schick", selbst Zwölfjährige greifen schon zur Flasche

14.05.2011, 04:28

"Alkohol? Weniger ist besser!" Unter diesem Titel beteiligen sich Jugendämter, Polizei, Verwaltungen, Suchtberatung und andere Partner im Harzkreis an der bundesweiten Aktionswoche. In erster Linie, um aufzuklären. Leider, so die Fachleute, schädigen sich immer noch viel zu viele Jugendliche durch den Konsum von Alkohol. Selbst Zwölfjährige greifen schon zur Flasche.

Von Regina Urbat

Halberstadt/Wernigerode. Alkohol ist in Deutschland allgegenwärtig. Rund 9,5 Millionen Menschen trinken zu viel Alkohol, davon sind 1,3 Millionen alkoholabhängig. Weltweit belegen die Deutschen im Alkoholkonsum den 5. Platz.

Wegen dieser besorgniserregenden Zahlen beteiligen sich die Partner, die im Vorjahr den Arbeitskreis "HaLT! - Hart am Limit" im Harz gegründet haben, an der bundesweiten Aktionswoche "Alkohol? Weniger ist besser". Mitarbeiter von Jugend- und Ordnungsämtern, von Polizei, Suchtberatungs- und -behandlungsstellen haben gemeinsam zahlreiche Veranstaltungen organisiert, mit denen vor allem aufgeklärt werden soll.

"Alkohol hat nach wie vor eine große Lobby in unserer Gesellschaft", sagt Antje Rumpf auf Volksstimme-Nachfrage. Sie ist im Suchtmedizinischen Zentrum der Diakonie-Krankenhaus Harz GmbH tätig, hat bei ihrer Arbeit in der Präventionsfachstelle Wernigerode immer wieder mit "schlimmen Fällen" zu tun. Über Details darf sie keine Auskunft geben. "Fest steht aber, Jugendliche finden Komasaufen schick, und es gibt immer wieder Zwölfjährige, die schon zur Flasche greifen."

Nach Volksstimme-Informationen landete erst kürzlich ein zwölfjähriges Mädchen mit Alkoholvergiftung in der Kinderklinik, sie hatte 2,7 Promille. Ein gleichaltriger Junge wurde in der Faschingszeit sturzbetrunken ins Krankenhaus eingeliefert. Der Schnaps sei ihm förmlich zugeflogen, als er Zaungast eines Karnevalumzuges war. Die Narren warfen nämlich kleine "Stolpermänner" anstatt Bonbons ins Volk.

Grenzenlos Alkohol? Zumindest ist die gesetzliche Altersgrenze nicht beachtet worden. In Deutschland darf erst an Jugendliche Alkohol verkauft und ausgeschenkt werden, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Die Realität muss anders aussehen. Laut Untersuchungen, die das Bundes- und Landesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben haben, beginnen weit über die Hälfte der Jugendlichen vor dem 16. Lebensjahr mit dem Konsum von Alkohol (siehe Grafik). Übrigens unterscheiden sich dabei Jungen und Mädchen kaum.

Und wer sich erst einmal Bier, Wein, Spirituosen und Softdrinks "probiert" hat, trinkt weiter. Fast 90 Prozent der 17-Jährigen konsumieren Alkohol, die Mehrheit von ihnen regelmäßig und zunehmend exzessiver. Meist an den Wochenenden wird "Binge-Drinking" praktiziert. Trinken, bis nichts mehr geht, bis zur Bewusstlosigkeit. In der Bundesstudie mahnen Experten, dass von den 16- und 17-Jährigen schon jeder Siebte und jede Zwölfte im Durchschnitt pro Tag eine Alkoholmenge trinkt, die für Erwachsene riskant ist, zum Beispiel mehr als 0,6 Liter Bier bzw. 0,3 Liter Wein.

Diese Fakten und vieles mehr, sind Bestandteil der Aktionswoche. "Wir wollen Kinder frühzeitig sensibilisieren", sagt Antje Rumpf. Wichtig sei dem Arbeitskreis auch, dass sich Eltern für das Thema interessieren. Besonders könne sie die Veranstaltung am 27. Mai empfehlen (Infokasten). Zwei trockenen Alkoholiker lesen aus ihren Büchern "Das letzte erste Glas" und "Der Trümmermann". Antje Rumpf: "Authentischer gehts nicht."