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Zukunftsforum in Havelberg mit einigen guten Ideen gegen den Einwohnerschwund in der Elb-Havel-Region Jugend rechtzeitig an die Heimat binden

Von Ingo Freihorst 07.06.2014, 03:19

Wie wird die Zukunft? Fest steht nur, die Bevölkerung nimmt ab. Wie man dem negativen Trend entgegenwirken kann, darüber wurde jetzt in Havelberg beraten.

Havelberg l Das vom Land initiierte Zukunftsforum trägt den Titel "Stadt, Land, Karriere" - am Donnerstag war Station in Havelberg. Gastgeberin war Kerstin Maslow, die sich hier mit ihrem Bilderbuch-Café selbstständig gemacht hat. Nach Arbeitsstationen in Berlin und Hamburg war sie in ihre alte Heimat zurückgekehrt - und beschäftigt in der Domstadt inzwischen acht Mitarbeiter. In Kürze kommt erstmals ein Lehrling hinzu.

"Ein tolles Beispiel", freute sich Bürgermeister Bernd Poloski, der zusammen mit Kerstin Maslow und SITI-Chef Dr.-Ing. Hannes König im Podium saß. Der ländliche Raum sei wenig erschlossen, was Firmen an der Ansiedlung hindere.

Der Abwärtstrend bei den Einwohnern sei unumkehrbar, man müsse sich darauf einstellen - wie mit Abriss von Wohnungen. In Havelberg leben bereits viele ältere Bürger, hier wurden darum diverse Pflegeplätze geschaffen - so dass nun sogar die Fachkräfte rar werden. Das muss bei der Berufsausbildung beachtet werden.

"Kinder und Jugendliche müssen sich in der Region wohlfühlen, dann kommen sie nach der Ausbildung vielleicht zurück", meinte das Stadtoberhaupt. Verkehrt sei es nicht, dass die Jugend nach der Schule erst einmal die Welt kennenlernt - er hätte das früher auch gern getan.

Im Übrigen habe die Stadt bis 1945 auch schon nur um die 5000 Einwohner besessen, durch die Flüchtlinge schnellte die Zahl danach nach oben. Der Höhepunkt war 1989 mit 8034 Einwohnern erreicht, jetzt ist es ein Drittel weniger: "Uns fehlt hier die gebärfähige Generation." Bis 2025 soll laut Prognose nochmals ein Viertel verschwinden.

Patenschaften mit Firmen binden Jugend an Heimat

Wie Bernd Poloski ist auch Hannes König kein "Ur-Einwohner", auch er blieb der Liebe wegen hier: "Aber ich fühle mich jetzt als Havelberger." Weil er als Schüler in Thüringen wegen des Gitarrenunterrichts immer mit dem Rad zur Schule fahren musste, wollte er als Lehrer Angebote schaffen, die Schüler an den Ort binden. In der DDR gab es die "Station junger Naturforscher und Techniker" - deren Arbeit wurde im nach der Wende gegründeten Computerclub modifiziert fortgeführt. Mit viel Engagement ist daraus das Schülerinstitut SITI erwachsen, wo derzeit 50 Schüler mitarbeiten.

Im Computerzeitalter seien Arbeitsplätze nicht mehr ortsgebunden, sieht Hannes König eine Chance für Zuwanderer aufs Land. Er schätzt an Havelberg die Ruhe und die planbaren Fahrzeiten - falls nicht gerade auf der B107 gebaut wird. Noch immer hält er Kontakt zur Hälfte seiner ehemaligen Mitstreiter - einer wird nun in Bayern sogar Betriebsleiter.

Dass die Landbevölkerung in den politischen Gremien nicht entsprechend vertreten ist, stört Thomas Müller aus Jederitz. So sei eine Elbbrücke nötig - die Entscheidungen werden aber anderswo getroffen. Früher gab es deshalb noch einen "Flächenfaktor" erinnerte sich Bernd Poloski - in weiträumigen Kommunen sei das Vorhalte von Leistungen schwieriger.

Als negativen Standortfaktor führte Thomas Müller das Fehlen von Französischlehrern an - wer trägt dafür die Verantwortung? Die Region müsse sich besser vermarkten, fand zudem Thomas Barniske, Geschäftsführer des Stendaler Gründerzentrums.

Mit Karina Boensch saß eine weitere Firmengründerin im Publikum. Ihr Stolz auf Havelberg entstand in ihrer Kindheit - schon in der Jugend müssen die Bindungen zur Heimat aufgebaut und deren Vorzüge aufgezeigt werden, fand sie. Patenschaften zu Firmen hält sie für einen guten Weg, leider halten sich die Schulen da oft raus.

Patenschaften findet auch Bernd Poloski toll. Auch mit Blick auf den Berufsnachwuchs - in manchen Firmen gibt es niemand mehr, der sie übernimmt. - Ebenfalls eine Chance, hierzubleiben.

www.blogaufsland.de