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"Haus & Grund" fordert Verbesserung im Sinne der Bürger / Stadt will Konzept beschließen lassen Gibt es Alternativen zum Anschlusszwang?

Von Daniel Wrüske 27.04.2013, 03:17

Schönebeck l Dass eine Kommune einen Anschlusszwang für Regenwasser herstellen kann, so wie es jetzt das Niederschlagswasserbeseitigungskonzept für die südlichen Teile der Stadt Schönebeck vorsieht, ist grundsätzlich möglich. "Nach aktueller wie nach neuer Gesetzeslage", sagt Dr. Holger Neumann, Landespräsident von "Haus Grund Sachsen" Anhalt und bezieht sich auf aktuelle Gesetzgebungsverfahren im Land. Er erkennt zudem die in der Elbestadt gewonnenen Erkenntnisse zur Vernässung an. Der Anschlusszwang hat seiner Ansicht nach in Schönebeck gute Chancen. "Jeder Verwaltungsrichter würde dem zustimmen, wenn es dem Wohl der Allgemeinheit dient und das vom Zwang betroffene Gebiet genau eingegrenzt ist."

Doch wie immer stecke der Teufel im Detail. "Was ist mit Grundstücksbesitzern, die Zisternen oder einen Tank haben, die ihr Wasser sammeln und über den Sommer im Garten einsetzen? Was ist daneben mit Härtefällen?", fragt der "Haus Grund"-Chef.

Er ist der Auffassung, dass man Lösungen finden sollte, die allen gerecht werden - und das muss nicht nur über einen Anschlusszwang sein. Denn wie im Vernässungs-Bürgerforum deutlich wurde, seien längst nicht alle Ursachen für die hohen Grundwasserstände in Schönebeck geklärt. "Professor Frido Reinstorf hat von einem Grundwasserberg unter Felgeleben und Sachsenland gesprochen, dessen Ursachen noch detailliert erforscht werden müssen", sagt Holger Neumann und lässt die Bürgerinformationsveranstaltung Anfang der Woche im Salzelmer Tolberg-Saal Revue passieren. Deshalb müsste auch über Alternativen zum Neubau eines Regenwasserkanalnetzes nachgedacht, und vor allem mit den Leuten darüber gesprochen werden. "Was nützt es, dass wir viel Geld in diese Angelegenheiten investieren und der Mehrwert für die Bürger nicht in Größenordnungen zu spüren ist?"

Holger Neumann regt daher zum Beispiel an, darüber nachzudenken, ob man nicht mit hohen Grundwasserständen leben könne, stattdessen stark betroffenen Eigentümern Geld gebe, um Häuser zu ertüchtigen oder Keller aufzugeben. "Die Diskussion ist noch lange nicht zu Ende", meint der "Haus Grund"-Landespräsident.

Ähnlich sehen das unsere Leser. "Jetzt kommen die modernen Raubritter, um uns Bürgern Tausende Euros und jährliche Gebühren, die dann folgen, aus der Tasche zu ziehen. Das Regenwasser, das von unserem Dach abläuft, wird direkt in großen Auffangbehältern gesammelt, um die vielen Pflanzen in unserem Garten gießen zu können. Und wenn da mal noch etwas überläuft, ist das ganz bestimmt nicht die Ursache für den erhöhten Grundwasserspiegel", schreibt Jürgen Helbing aus Schönebeck. "Hat sich auch mal jemand im Stadtrat Gedanken darüber gemacht, wovon die Leute hier das viele Geld aufbringen sollen? Ich bin sehr enttäuscht über die Politik in meiner Stadt."

Vor allem die zukünftigen Kosten machen unseren Lesern, wie Rainer Könnecke aus Schönebeck, Angst. "Bisher hat noch keiner die Katze aus dem Sack gelassen, wen es am Ende betrifft. Ich persönlich benötige das Regenwasser zum Bewässern meines Gartens. Es ist für mich ein Verbrechen, wenn ich für die Bewässerung 60 bis 80 Kubikmeter Trinkwasser jährlich einsetzen müsste. So gesehen ist für mich das Ableiten des Regenwassers nicht erforderlich. Die derzeit vorliegenden Gutachten zu diesem Problem mögen zwar richtig sein, aber hätte ich Konten in der Schweiz, könnte ich locker mehrere Gegengutachten vorlegen. Fazit: ade Demokratie, es lebe die Diktatur."

Neben den Kosten geht es aber immer wieder auch um die Verhältnismäßigkeiten zwischen versiegelten und unversiegelten Flächen. Klaus König aus Schönebeck schreibt. "Es erschließt sich mir die Notwendigkeit zur Einleitung des Regenwassers von Dachflächen in einen Regenwasserkanal nicht. Die Menge des von Dachflächen abfließenden Regenwassers entspricht doch der gleichen Niederschlagsmenge wie bei unbedachten Flächen. Es regnet ja nicht stärker auf Hausdächer, als auf unüberdachte Böden." Es gebe mehr Freiflächen mit Regenwasseraufnahme, als überdachte Flächen. Unser Leser denkt an Äcker oder Gärten. "Werden sie möglicherweise zwangsüberdacht, um zu verhindern, dass der Niederschlag in den Boden eindringt und das Grundwasser beeinflusst?"

Aus diesem Grund hält Klaus König die angestrebte Lösung, die auf den Vorschlägen des Niederschlagswasserbeseitigungskonzeptes beruht, für unsinnig. Alles komme ihm vielmehr vor wie ein "Schildbürgerstreich auf Kosten der Bürger".

Das Rathaus machte gestern deutlich, dass dem Stadtrat das Niederschlagswasserbeseitigungskonzept als Beschluss vorgelegt werden soll. Für Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase ist das Papier mit seinen Vorschlägen angesichts der dramatischen Vernässungs- und Grundwassersituation und des daraus resultierenden Bürgerunmutes "alternativlos".