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Eines von Barbys repräsentativsten Gebäuden versteckt sich hinter der Johanniskirche Der Klosterhof, der auch Edelhof heißt

Von Thomas Linßner 12.04.2014, 03:24

Im jüngsten Volksstimme-Heimaträtsel wurde der Barbyer Kloster- oder Edelhof gesucht. Zahlreiche Reaktionen gingen dazu ein.

Barby l Das Foto zeigte am Dienstag den Edelhof Anfang des Ersten Weltkrieges, als die Besitzer von Dietze das Gebäude als Lazarett zur Verfügung stellten. In der Chronik von 2008 heißt es dazu: "Eines ... unterhielt Frau Rittmeister von Dietze auf dem Klosterhof, den die Barbyer heute Edelhof nennen, das andere befand sich im Barbyer Krankenhaus. Insgesamt konnten 70 Verwundete betreut werden. Medizinisch versorgt wurden sie von Sanitätsrat Dr. Kabelitz und Frauen der Stadt, die über eine entsprechende Ausbildung als Hilfsschwester verfügten.

Der Krieg forderte aber nicht nur an der Front Opfer. In Barby erlag Hilfsschwester Ehrengard von Dietze am 17. September 1915 den Folgen einer Blutvergiftung, die sie sich bei der Pflege zugezogen hatte. Solche zivilen Opfer wurden geehrt und betrauert wie an der Front gefallene Soldaten", schreibt der Historiker Prof. Dieter Engelmann. Ihren Namen findet man noch heute auf einer Tafel für die Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges in der Marienkirche.

Fast alle Leser wussten Bescheid

Bis auf eine Ausnahme erkannten alle Leser, die anriefen, das Haus. Manfred von Mackrodt aus Schönebeck hatte Ende der 90er Jahre die historischen Fenster erneuert, als die enteigneten von Dietzes Haus und Grundstück 1998 zurück kaufen durften. "Das war damals eine schöne und anspruchsvolle Arbeit", erinnerte sich der Tischler.

Irmgard Naumann aus Barby hatte hier ihre Freundin Gesine Tiedgen besucht, die dort zur Oberschule ging. Auch Erika Krabbes (Barby) ging von 1955 bis 1957 im Klosterhof zur Schule, legte die Mittlere Reife ab. Wie sie sagt, hießen die Lehrer damals Pöhle, Brückner, Lauch oder Garitz. Während in den mittleren Etagen Klassenräume waren, befanden sich unter dem Dach Internatszimmer für auswärtige Schüler. Ilse Hecklau aus Barby hat ähnliche Erinnerungen.

Monika Mucke, Jahrgang 1948, hat jüngere Bilder vor dem geistigen Auge: Sie besuchte die Marktschule, ging von dort aus zur Kulturhalle, wo die Schulspeisung war. "Ich glaube, im Edelhof-Keller standen Waschmaschinen, wo gewaschen wurde, was mit der Schule zusammenhing", so Monika Mucke.

Rainer Wohlraab kennt das Gebäude durch seine Besuche bei den Heimatfreunden oder der benachbarten Grundschule, die einst Marienstift hieß und heute Awo-Pflegeheim ist.

Es meldete sich auch einer, der die Geschichte des Hauses am besten kennt: Bewohner und Besitzer Burkart von Dietze. Er schreibt: "Sicher in den 1930er und 1940er Jahren, aber auch in der DDR-Zeit, bis beinahe zur Gegenwart, sprechen die Barbyer eher vom `Klosterhof` als vom `Edelhof`. In meiner Familie hieß er allerdings, soweit ich zurückdenken kann, `Klosterhof`."

Über der Eingangtür findet man ein Familienwappen, das an die Erbauer des Hauses erinnert. Burkart von Dietze: "Es wäre, hätte man es denn gewollt, sehr leicht und rasch mit ein paar Hammerschlägen zu entfernen gewesen, war es doch als Hinweis auf eine alte Adels-Familie nicht zu übersehen."

Man tat es nicht und ließ auch die Wetterfahne mit "A.v.D." auf dem Dach, obwohl dieses zu DDR-Zeiten neu gedeckt wurde (mit Betondachsteinen, die heute noch liegen).

Die Oppens gehören zum sogenannten Uradel. Die dokumentierte Geschichte der Familie geht auf das Jahr 1271 zurück. Sie waren Beamte, Offiziere und Landwirte. Durch Erbe, wie es in der Oppenschen Familiengeschichte heißt, wurde einer der vielen Ludwigs (v. Oppen) Eigentümer des Klosterhofes (125 Hektar Land). Er starb kinderlos. Von seinem Testamentvollstrecker erwarb Amtsrat Adolph von Dietze 1876 Haus und Acker.

Bemerkenswert ist das Foto von Ludwig von Oppen, der 1872 starb. Die Fotografie steckte damals noch in den Kinderschuhen. Der langen Belichtungszeit wegen wurde der Porträtierte an einer Rückenstütze fixiert. Damit vermied man Verwacklungen.

Ludwig von Oppen gilt als Reorganisator der Barbyer Schützengilde, die unter der Napoleonischen Besatzungszeit verboten war. Auf dem Friedhof ist das Oppensche Mausoleum eines der imposantesten Gebäude. Es ist allerdings leer. In den 1980er Jahren wurde der unverschlossene "Tempel" von Jugendlichen geplündert.

Wie es hieß, hätte der Kauf 1876 vorrangig mit dem guten Acker zu tun gehabt, der zum Klosterhof gehörte. "Tatsache ist, dass es ein Flurstück gibt, das bis heute `Oppens Wiese` heißt", weiß von Dietze. Sein Urgroßvater hätte verwitwete und nach Barby zurückgekehrte Schwestern im Klosterhof untergebracht. Was allerdings nicht belegt werden könne.

Bedeutung bekam das Haus, als die Pacht von Gottesgnaden zu Ende ging, weil ein Bierbrauer den Amtsrat bis zur Unwirtschaftlichkeit überbot. Von Dietzes Sohn Constantin und dessen vier Schwestern konnten damit nicht mehr in Gottesgnaden bleiben und zogen in den Klosterhof ein. Nach 1934 bis zum Krieg stand der Klosterhof überwiegend leer, wenn er nicht für Gäste genutzt wurde.

Gewonnen hat Irmgard Naumann aus Barby. Sie kann sich in der Redaktion in Schönebeck einen Preis abholen.