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Angst vor Pest Landkreis ordnet Schutz vor Wildvögeln an

Für Hühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse heißt es nun:
Ab in den Stall. Die Gefahr, dass Wildvögel die Tiere mit dem
Vogelgrippevirus infizieren, ist laut Umweltministerium zu hoch.
Deswegen die Stallpflicht. Das stellt Hobbyzüchter vor eine große
Herausforderung.

Von Franziska Ellrich 28.11.2014, 02:12

Schönebeck/Breitenhagen l Geflügel muss jetzt in den Stall. Das hat der Landkreis gestern angeordnet. Egal ob Truthahn, Fasan, Wachtel, Ente oder Gans - die Freilandhaltung ist bis auf weiteres untersagt. Für Hobbyzüchter Heinz Armin Sixdorf bedeutete das gestern: Ställe putzen, Stroh auslegen, Kästen zum Eier legen bauen. Rund 50 Tiere leben auf seinem Hof in Breitenhagen. Neben den Gänsen sind die Hühner - silberfarbene Italiener - seine Leidenschaft.

Kaum bezogen die Zuchttiere gestern in der Dämmerung ihre Schlafplätze im Stall, zog Heinz Armin Sixdorf sich die Handschuhe über, um die Tiere geduldig zu trennen. Wochen im engen Stall würden nun vor ihnen liegen. "Da sollen die Jung- von den Alttieren und die Hennen von den Hähnen getrennt sein", sagt Sixdorf. Und macht sich Sorgen. "Eigentlich wollte ich die Tiere in ein paar Wochen auf Schauen zeigen, aber das wird wohl nicht mehr möglich sein."

Müssen die Tiere auf dem engen Raum leben, weiß Sixdorf aus Erfahrung, dass "die Federn verschmutzen und verkleben". Auch dass die Hühner sich gegenseitig Federn ausrupfen, sei vorauszusehen.

Schuld an der Stallpflicht ist das Influenza-A-Virus, der Auslöser für die Geflügelpest. Er wurde vor drei Wochen in einem Putenbestand in Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen. Vor wenigen Tagen ist der sogenannte Vogelgrippevirus nun auch bei einer Wildente auf der Insel Rügen aufgetaucht. Anlass für das Landwirtschafts- und Umweltministerium Sachsen-Anhalt die "Aufstallung" anzuordnen.

Denn: Die Kontaktvermeidung zwischen Wildvögeln und dem Geflügel sei die wichtigste Schutzmaßnahme. Risikogebiete hat das Land schon am Mittwoch ausgerufen. Gestern hat der Salzlandkreis die einzelnen Kommunen festgelegt, in denen jeder Geflügelhalter seiner Pflicht nachkommen muss. Das sind die Städte Schönebeck, Calbe, Nienburg, Bernburg und Barby mit den jeweiligen Ortschaften sowie die Gemeinde Bördeland und die Ortschaft Förderstedt.

Der Landkreis spricht in diesen Fällen von Risikogebieten, da sie "als Rastplätze von Zugvögeln dienen und insbesondere die Elbe- und Saalemündungen und deren Ausläufer umfassen", erklärt Kreissprecherin Ingrid Schildhauer. In diesen Gebieten sei nun das Geflügel in geschlossenen Ställen unterzubringen. Alternativ sei auch eine Vorrichtung möglich, "die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung besteht".

Wichtig dabei: Die Viren können über den Kot infizierter Tiere, den Kontakt mit infizierten Tieren, durch verseuchtes Oberflächenwasser oder sogar behaftete Gerätschaften übertragen werden. Dass die Tiere von Heinz Armin Sixdorf mit Wildvögeln in Kontakt kommen, hält der Züchter eher für unwahrscheinlich. "Die Tiere sind so scheu, die würden sich nie meinem Hof nähern." Im Stall bleiben seine Hühner und Gänse trotzdem.

Auch wenn ihn die tägliche Reinigung dann vor eine große Herausforderung stellt. "Die Gänse sind jetzt noch schön weiß, das ist nach ein paar Tagen im Stall vorbei, überall liegt dann Kot", sagt Sixdorf mit Bedauern. Für einige der Gänse soll es deswegen kommende Woche zum Schlachter gehen. Sixdorf kann sich noch gut an 2009 erinnern, als der aggressive Virus das letzte Mal für Angst unter den Geflügelzüchtern sorgte. "Damals mussten die Tiere zirka acht Wochen im Stall bleiben."

Das hat auch der Eggersdorfer Winfried Hamel nicht vergessen. Der Geflügelzüchter hat bereits die Volieren für seine Hühner vorbereitet. Doch mit einem schlechten Gefühl. "Die Tiere sind es gewöhnt, draußen herum zu laufen, wenn sie jetzt für längere Zeit so eingeschränkt werden, ist das nicht gut für die Gesundheit", erklärt Hamel. Knapp 30 Tiere muss er unterbringen. Wer größere Bestände hat, stünde jetzt vor einer schwierigen Aufgabe. Für den Vorsitzenden des Rassegeflügelzuchtvereins Calbe Hansjoachim Gerber entscheidend: "Dass die Tiere im Stall bleiben, ist ein zwingendes Muss. Es wäre viel schlimmer, wenn der Virus sich ausbreitet."

Winfried Hamel will in zwei Wochen seine holländische Geflügelart auf einer Schau präsentieren. Und macht sich Sorgen: "Wenn die Tiere lange im Stall sind, bekämpfen sie sich und die Fellstruktur wird zerstört." Dass die Ausstellung trotz allem stattfindet, da ist Hamel guter Dinge. Aus dem Landwirtschaftsministerium heißt es: "Für Geflügelausstellungen und Geflügelmärkte gilt, dass die Veranstaltungen in geschlossenen Räumen stattfinden müssen und die auf der Veranstaltung ausgestellten Tiere vorher tierärztlich zu untersuchen sind."

Wichtig: Für Menschen besteht nach den derzeitigen Erkenntnissen keine Gefahr.