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Moderatorin Mo Asumang zeigt ihren Film "Roots Germania" im Rahmen der Projekttage gegen rechte Gewalt am Berufsschulzentrum in Stendal Mutige Suche nach den eigenen Wurzeln

Von Katrin Wurm 10.11.2010, 04:17

Zu den Projekttagen gegen Rechte Gewalt an Schulen, hatten die Berufsbildenden Schulen Stendal die Fernsehmoderatorin Mo Asumang zu Gast. Ihr Dokumentarfilm "Roots Germania" setzt sich mit dem Thema Rechtsradikalismus und der Suche nach den eigenen Wurzeln auseinander.

Stendal. "Diese Kugel ist für dich – Mo Asumang." Diese Liedzeile änderte viel im Leben der Moderatorin Mo Asumang. Ein Satz der sich im Kopf der Halb-Ghanaerin einbrannte, einen Satz den sie fortan nicht mehr vergessen konnte, der ihr Leben veränderte und sie auf die Frage brachte: Woher kommt dieser Hass?

Es ist das Jahr 2001. Die bekannte TV-Moderatorin Mo Asumang wird vom ZDF eingeladen. Es gehe um Neonazis, soviel wurde ihr gesagt. An diesem Tag hörte sie zum ersten Mal das Neonazi-Lied der Band "White Aryan Rebels". Morddrohungen gegen sie und gegen andere Prominente, wie Hella von Sinnen wegen ihrer Homosexualität, Michel Friedman wegen seiner jüdischen Wurzeln oder der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth aufgrund ihres Kampfes gegen die Unterdrückung der Frauen, waren Inhalt. Dieser Schock inspirierte sie zu einer filmischen Spurensuche, die im ZDF am 5. November 2007 unter dem Namen "Roots Germania" gezeigt wurde.

Gemeinsam mit den Schülern der Berufsbildenden Schulen Stendal wurde gestern der Film angeschaut und schließlich übers Gesehene diskutiert.

Auf ihrer Recherchereise versucht Mo Asumang die Ursachen des Hasses und die Ausgrenzung von Migranten zu ergründen.

Für den Film scheute sie sich nicht, vor Konfrontationen mit Neonazis und nimmt deren bösartig gemeinten Rat dabei ernst: "Geh dahin, wo du hergekommen bist!", sagt ein Neonazi, der wegen Körperverletzung in einer deutschen JVA sitzt, zu ihr. Doch sie ist sich nicht sicher: Ist das ihr Geburtsort Kassel? Oder Ghana, woher ihr Vater stammt? Also macht sie sich auf, dies herauszufinden. Doch in Afrika angekommen, merkt sie schnell, dass sie als eine Weiße angesehen wird. Und ihr fehlt Deutschland – sie weiß, das ist ihre Heimat.

"Ich habe mich selbst integriert"

Ihr Aufenthalt dort öffnet ihr die Augen für einen ganz neuen Weg, den Rassismus und Pseudo-Germanenkult deutscher Neonazis zu hinterfragen. Plötzlich entdeckt sie einen Zusammenhang zwischen den Kulturen. "Die Verbindung zu anderen Völkern findet man bei den ältesten Wurzeln", sagt sie. Es sind die Wälder. In Ghana sind sie heilig, und auch in Deutschland verehrten die heidnischen Götter die Wälder. "Die Nazis missbrauchten das zu ihren Gunsten. Heute sind die Germanen ein eher umstrittendes Thema in der Gesellschaft", sagt Asumang. "Dabei kommen auch die Vorfahren der Germanen aus anderen Erdteilen, wie zum Beispiel Asien oder Afrika."

Viel Mut bewies sie bei der Auseinandersetzung mit Neonazis. Ob sie denn keine Angst gehabt hätte, auf eine Nazi-Demo mit 3000 Demonstranten zu gehen, fragt ein Schüler. Sie ist ehrlich und sagt: "Ja klar, ich hatte Angst. So viele Neonazis auf einem Haufen." Sie berichtet von dem immer wieder kehrenden, gleichen Muster, in dem Gespräche mit Neonazis abliefen: "Sie konnten mir nicht in die Augen schauen und auch nicht ihre Standpunkte anständig verteten. Es war, als hätte ihnen der Rückhalt anderer Neonazis gefehlt."

Ihr mutiges Gespräch mit dem 2009 verstorbenen NPD-Politiker Jürgen Rieger wurde bei youtube 250 000 geklickt. "Die nordische Rasse ist objektiv, und Sie sind es eben nicht", antwortete er im Interview auf ihre hartnäckigen Fragen.

Eine Konfrontation mit dem Sänger der "White Aryan Rebels" kam nie zustande. "Ich habe über vier Stunden vor einem Biker-Club auf ihn gewartet. Doch er ließ sich nicht blicken. Angeblich ist er untergetaucht."

Wie sie sagt, ist das Fazit des Films eines, welches sie selbst glücklich macht: "Ich habe mich selbst integriert. Menschen kann man nicht ändern, aber man kann sein eigenes Leben ändern."