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Tierheim Stendal-Borstel: Zahl der Katzen übersteigt Kapazität Immer weniger Tiere werden vermittelt

Von Klaus Pohlmann und Nora Knappe 12.01.2011, 04:27

Immer mehr Tiere werden im Tierheim Stendal-Borstel aufgenommen, aber immer weniger vermittelt. Das ist die nachdenklich stimmende Bilanz, die Leiter Dieter Lusznat für das vergangene Jahr zieht. Mehr als 700 Tiere waren 2010 zu versorgen – vom Wellensittich übers Meerschweinchen bis zum Hund.

Stendal/Borstel. Apollo mag Kinder, fährt gern im Auto mit und ist nicht nur gutmütig, sondern auch gelehrig. All das kann der Stafford-Mix mit dem fuchsroten Fell aber grad gar nicht so richtig zeigen. Denn seit einem Jahr lebt er im Tierheim Stendal, hat kein Zuhause. "Der ist wirklich immer traurig", sagt eine Pflegerin über den als Familienhund bezeichneten viereinhalbjährigen Rüden.

Apollo ist nur einer von gut hundert Hunden, die konstant im Tierheim Stendal-Borstel unterkommen. Die Zahl der Fundtiere lag bei den Hunden im vorigen Jahr allerdings doppelt so hoch, hunderte Katzen und Dutzende Kleintiere wie Vögel, Kaninchen oder Hamster kamen hinzu, so dass sich das Tierheim um mehr als 700 aufgenommene Tiere kümmern musste. Viele von ihnen werden wieder vermittelt, etwas mehr als die Hälfte der aufgenommenen Tiere. "Aber die Zahl geht zurück", sagt Dieter Lusznat, "wir haben mehr Tiere aufgenommen als vermittelt."

Trotz vieler Aufklärungsaktionen und viel Informationsmaterial würden immer noch zu viele Tiere schlecht behandelt, aus persönlichen oder finanziellen Gründen im Tierheim abgegeben oder gar ausgesetzt – in dem Vertrauen darauf, dass sich schon irgendjemand kümmern wird.

Zu den Tieren, die in der Einrichtung an Borstels Ortsrand an der B 189 unterkommen, gehören auch Hunde, die nach dem Kampfhundegesetz eingeliefert werden. Wenngleich das Tierheim mit Hilfe von Stadt und Landkreis dafür extra sieben neue Zwinger errichtet hat, stößt man auch hier schon wieder auf die Grenzen der Kapazität. Und: Diese Hunde sind schwerer zu vermitteln als andere. Einige von ihnen müssten den Wesenstest absolvieren, den sich der neue Besitzer aber auch leisten können muss.

Immerhin kann das Tierheim auf eine gute Zusammenarbeit mit dem örtlichen Hundeverein, einer Tierpsychologin und Fachleuten vom Wesenstest zählen, so dass die Chancen auf Vermittlung steigen. Sorgen bereitet dem Tierheimleiter jedoch die stetig wachsende Anzahl der aufgenommenen Katzen. "Das Problem des ungewollten Katzennachwuchses bedarf einer Lösung, zum Beispiel durch Kastration der Tiere", meint Lusznat. Er will sich mit Städten austauschen, in denen dies längst zur Regel geworden ist.

80 000 Euro werden jährlich für die Abdeckung der Kosten benötigt, so dass das Tierheim trotz der vertraglichen Zuwendungen von den Städten und Gemeinden jede Spendenform, aber auch Patenschaften über einzelne Tiere willkommen sind.

Friedhof fast ausgelastet

Von der Bevölkerung scheint das Tierheim geschätzt zu werden, meint Dieter Lusznat. Als 2009 das 20-jährige Bestehen gefeiert und zum Tag der offenen Tür eingeladen wurde, das Tierheim sich zudem bei öffentlichen Veranstaltungen präsentierte, gewannen die Mitarbeiter den Eindruck, dass die Tierheimarbeit im öffentlichen Leben immer mehr Beachtung findet. Außerdem wirkten sich die engen Kontakte mit dem Berufsbildungswerk im Bereich der Ausbildungsarbeit, Gespräche mit der Fachhochschule über eine Zusammenarbeit in Sachen Marketing und die Möglichkeiten zum Ableisten eines Freiwilligen Ökologischen Jahres positiv auf die Arbeit aus.

Vorhaben fürs neue Jahr gibt es auch reichlich: die Verbesserung der Ausläufe, der Ausbau der Katzenhäuser, die Erneuerung der Zaunanlagen, die Grundsteinlegung für den Bau der Quarantänestation und die Verbesserung der technischen Ausstattung (Stichwort Wasch-und Spülmaschinen) sind Schwerpunkte.

Unendlich erweitern kann sich das Tierheim aber nicht. Die Auslastung ist bald mehr als erreicht. Das zeigt sich auch beim angrenzenden Tierfriedhof, auf dem so gut wie alle der 150 Grabstätten belegt sind. Vom Kaninchen bis zum Hund werden hier Tiere bestattet. "Da kann man geteilter Meinung sein", sagt Lusznat. "Für die Betroffenen ist die Trauer aber so groß, als wenn ein Mitglied der Familie aus dem Leben gerissen worden wär."