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Im Havelberger Prignitz-Museum tauchen Jung und Alt gern in die Geschichte ein Als Bischof das Mittelalter erleben

Von Andrea Schröder 15.08.2014, 03:15

Vor 110 Jahren, am 12. August 1904, fand die Gründungsversammlung des "Vereins zur Förderung der Heimatkunde in der Prignitz" statt. Seit 1906 ist das Prignitz-Museum Havelberg in den Klostermauern am Dom eingerichtet und lockt jährlich Tausende Besucher an.

Havelberg l "Ich finde es toll hier, weil es so viele alte Sachen zu sehen gibt und Spielmöglichkeiten. Ich habe hier schon aus den kleinen Backsteinen die Spitze vom Dom gebaut", erzählt Janne. Hannah berichtet von der Geburtstagsfeier ihres Schulfreundes Merlin. "Wir haben bei Antonias Geburtstag eine Schnitzeljagd gemacht und im Eulenturm, nachdem wir die Schatzkarte gepuzzelt hatten, einen Schatz gefunden", berichtet Melissa.

Die drei gehören zu einer Gruppe Kindern aus dem Havelberger Hort, die für die Sommerserie der Volksstimme dem Prignitz-Museum einen Besuch abstattete. Sie kennen das Museum, eine Einrichtung des Landkreises Stendal, haben es als Kindergarten- oder Schulkinder schon öfter besucht. Denn spannend ist es dort immer wieder. "Hier darf man auch mit alten Sachen spielen oder sie anfassen", sagt Pascal und berichtet von einem Schwert, einem Steinbohrer oder einem Faustkeil aus der Steinzeit. Melissa erinnert sich an "die Reibesteine, mit denen wir Mehl hergestellt haben".

Alte Museumsstücke in die Hand nehmen zu dürfen ist erlaubt, wenn sie so robust sind, dass nichts passieren kann. Wie zum Beispiel die Steinreibe oder der Faustkeil. Beim tausendjährigen Einbaum aus Eiche allerdings wird darauf geachtet, dass er nicht berührt wird. "Ansonsten haben wir Nachbauten", erklärt Museologin Sabine Ball. Diese haben zum Teil auch schon viele Jahre auf dem Buckel. So ist der Nachbau des Steinbohrers 80 Jahre alt. Mit ihrer Kollegin Antje Reichel ist sie stets bemüht, interessante Stücke für die Museumspädagogik zu erhalten. Manches wird dann auch privat gekauft. So wie der Ritterhelm, den Janne aufsetzt, als er sich in einen Ritter verkleidet.

Mitra hatte 460 Edelsteine

In die Rollen der Bewohner des früheren Dombezirkes zu schlüpfen, ist nur ein Angebot, mit dem das Prignitz-Museum Kindern und Jugendlichen die Geschichte näher bringt. Ritter haben zwar nicht dort gewohnt. Doch gibt es im Dom zwei Grabbilder, die Ritter zeigen. Während sich Pascal in den Bischof Johannes von Wöpelitz verwandelt, erzählt Sabine Ball von der Bischofsmütze, Mitra genannt. Die Havelberger war mit 460 Edelsteinen besetzt. Die sind jedoch alle verschwunden (und bilden eine gute Grundlage für Schatzsuchen), die Mütze jedoch wird in Brandenburg aufbewahrt und soll zur Bundesgartenschau 2015 in Havelberg ausgestellt werden. Die Kinder erfahren vom Wilsnacker Wunderblut, den Pilgerzeichen und den farbigen Fenstern im Dom. "Hatte ich viel Geld?", fragt Pascal und hört von der Legende vom Schatz des Bischofs, der in den einstigen Weinbergen bei Wöplitz versteckt liegen soll. Und von seinem Besitz: Der Bischofsberg war sein Dorf.

Ein blendend weißer Mühlsteinkragen gehörte zur Kleidung der Domherren nach der Reformationszeit. Jonas bekommt ihn zu dem schwarzen Mantel um den Hals gelegt. Ritter Janne zieht immer mal wieder das Schwert aus der Scheide. Niklas erhält einen Umhang mit einem dicken Pelz - als Holzhändler hat er vielleicht im Schiffsbau, der Havelberg einst prägte, gutes Geld verdient. Seine Frau Hannah bekommt ebenfalls einen Pelz und, als Verheiratete, eine Haube. Melissa verkleidet sich als Magd. Lisa wird eine Pilgerin. Mit Mantel, der auch als Decke diente, Pilgerstab, Wasserflasche und Tasche. Ein Klöpfel bleibt liegen, die Verkleidung als Bildhauer, die zum Beispiel den Lettner im Dom schufen, wäre auch noch möglich gewesen.

Geschichte altersgerecht zu vermitteln, ist das Ziel der Museumsmitarbeiter. Dafür lassen sie sich immer wieder etwas einfallen. Beliebt sind die kleinen Backsteine, mit denen sich schon mancher als Dombauer ausprobiert hat. Auch die Burg wird gern genutzt. Eifrig wird das Havelberg-Puzzle zusammengefügt. Und wer beim Rundgang durchs Museum einen Fragebogen richtig ausfüllt, der darf sich als Lohn über ein Farbbild vom 1170 geweihten Dom freuen.