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660. Geburtstag mit Rückblicken, persönlichen Geschichten und mit einem bunten Programm in Bittkau Ein Elbschifferdorf feiert seine Geschichte

Von Birgit Schulze 11.05.2015, 03:33

Mit einem kunterbunten Fest, vielen Akteuren und ganz besonderen Ausstellungsstücken feierte das alte Schifferdorf Bittkau das 660. Jahr seines Bestehens. Auch ehemalige Bittkauer waren aus Hamburg und Magdeburg angereist, um mitzufeiern.

Bittkau l Ein Strohpuppen-Paar in Bäckerkleidung, vor dem Schild "Bittkauer Landbrot" begrüßte die Besucher auf dem Bittkauer Festplatz. Das Schild und ein Teil der Leinenkleidung sind originale Zeitzeugen der Großbäckerei Danker, die es bis zum Ende des zweiten Weltkrieges in Bittkau gegeben hatte und die ihr Brot bis nach Hamburg lieferte.

Aus Hamburg war zum 660. Geburtstag in Bittkau auch eine Dame zurückgekommen, die tiefe Wurzeln im alten Schifferdorf hat: Elisabeth Pust, 77 Jahre, ist Tochter des Großbäckers Emil Danker und ging Ende der 50er mit 19 Jahren und nach dem Verlust des Vaters nach Hamburg. Sie war sehr gerührt von der Präsentation, die unter anderem Aileen Gruß aufgebaut hatte.

In der Bäckerei von Emil und Bertha Danker, die noch die Eltern aus einer Mühle heraus gegründet hatten, arbeitete damals auch Geselle Hans Hausdorf. Auch seine Töchter, Evelin Nethe und Marlies Kretschmer, waren zum Bittkauer Geburtstag gekommen - aus Magdeburg.

Dass nicht nur Bittkauer Brot sehr beliebt war, sondern auch die schwimmende Versorgung für die Elbschiffer in Bittkau üblich gewesen sei, berichtete Matthias Hinze vom örtlichen Heimat- und Schifferverein. Gemeinsam mit der Vorsitzenden, Helga Zersch, blickte er nach einer kleinen Andacht mit Pfarrerin Janette Obara auf die Geschichte des Ortes zurück.

Vom Schiffetreideln an der Elbe und von der dorfeigenen Fähre, mit der Bittkauer zum Arbeiten Richtung Ferchländer Werft fuhren, erzählte er. Helga Zersch hatte eine Zusammenfassung der beurkundeten Erwähnungen des Elbedorfes vorbereitet. 1355 tauchte "Bitkow" erstmals in einer Urkunde des Luxemburger Markgrafen Ludwig des Römers auf. Zunächst gehörten Gut und Ort Bittkau der Familie von Lüderitz und später, aufgeteilt, den Familien von Itzenplitz und Redekin sowie ab 1805 dem Freiherrn von Plotho.

"Es liegt an allen, dass unser Dorf eine Lebensgemeinschaft bleibt"

Pfarrerin Janette Obara

Die Elbschifferei gewann im 18. Jahrhundert an Bedeutung und der Ort wuchs, verfünffachte seine Einwohnerzahl im 19. Jahrhundert. Eine ganze Reihe von Unternehmern und Betrieben waren damals in Bittkau angesiedelt, so gab es fünf Bäckereien, vier Gaststätten, drei Tischler, drei Schneider und zwei Mühlen.

Auch Zahnarzt, Fotograf, Ofensetzer und Schuster gab es im Ort, so wie auch eine Poststelle und zahlreiche andere Geschäfte für den täglichen Bedarf. Kaum etwas ist davon erhalten, heute leben - statt 1500 im 19. Jahrhundert und rund 1800 Menschen kurz nach dem zweiten Weltkrieg - nur noch rund 600 Einwohner in Bittkau.

Doch die feierten schon den 650. Geburtstag ihres Dorfes vor zehn Jahren gemeinsam ganz groß. Damals rollte ein Festumzug durch den Ort, von dem Ausstellungsstücke wie das große Kirchenmodell (erbaut vom örtlichen Tischlermeister Klaus Zöllner) erhalten blieb, aber auch ein Modell der Bittkauer Fähre. Beides wurde auch jetzt zum Dorffest wieder aufgebaut.

Ortsbürgermeister Klaus Spötter bedankte sich bei allen Mitwirkenden, dem Förderverein der Feuerwehr, dem Heimatverein und dem Männerchor, aber auch dem Ortschaftsrat und allen Gewerbetreibenden, die das Fest unterstützten und er verwies auf die alte Tradition, Geburtstage auch gemeinsam zu feiern.

Das griff auch Pfarrerin Obara auf, als sie sagte: "Es liegt an uns allen, dass unser Dorf eine Lebensgemeinschaft bleibt und nicht nur Wohnsiedlung wird." Und mit einem Paulus-Zitat rief sie auf: "Sucht die Gemeinschaft ... und lebt mit allen Menschen in Frieden". Mit mehreren kulturellen Höhepunkten sorgten die Veranstalter für beste Unterhaltung für Klein und Groß.

Der Magdeburger "Clown Wuschel" (Martin Rühmann) mitsamt seinem Assistenten und Trompeter "Pjotr Ivanowitsch" (Dirk Rudolf), nahm alle Kinder mit zum lustigen "Murmel-Mimel-Mamelmond" und. Dort kommen - Kinder zumindest - "piepeleicht" hin. Wie das geht, das zeigte, tanzte und spielte Wuschel, der auch als Clown der leisen Töne in Kinderkliniken unterwegs ist, den Bittkauern vor. Das kulturelle Angebot des Festes reichte aber auch über ein musikalisches Programm der Kindertagesstätte bis hin zum Vereinigten Elbchores Bittkau-Grieben. Und schließlich bildeten der Tanzabend mit Feuerwerk einen schönen Abschluss.