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Archäologische Funde am Winckelmannplatz Alles gut erhalten: Boden ist Jungbrunnen für Überreste

Von Katrin Wurm 24.03.2010, 04:52

Im Zuge der Straßenbauarbeiten am Winckelmannplatz wurden jahrhundertealte Grabstätten und Relikte aus vergangenen Zeiten gefunden. Ein Team aus Architekten und Grabungserfahrenen untersucht nun die Funde.

Stendal. " Stendal nannte man auch das Venedig der Altmark ", erklärt Archäologe Björn Buik. Der Grabungsexperte hockt in einer der tiefen Fundstätten am Winckelmannplatz und zeigt auf drei dicke Holzbohlen. " Dass wir sie gefunden haben, ist noch nicht einmal das Verwunderliche. Aber sie sind wahnsinnig gut erhalten. Dank des feuchten Bodens. Der lässt Holz, Knochen oder auch Leder nicht einfach so vergammeln sondern wirkt wie ein Jungbrunnen ", freut er sich.

Die Bohlen stammen vermutlich aus der Zeit um 1150 bis 1200 grenzt der Archäologe ein. Dort seien sie für die Befestigung der Straße genutzt worden. " Auf ihnen wurde gefahren, da es wegen der großen Feuchtigkeit auf dem erdigen Untergrund sonst zu einem Abrutschen der Straße gekommen wäre ", weiß er aus der Stadtgeschichte Stendals. " Es ist natürlich immer wichtig, dass man die historischen Aspekte nicht vergisst. "

Tod durch Karies ?

Wegen der Straßenbauarbeiten wird derzeit am Winckelmannplatz viel gebuddelt. Dabei sind auch schon einige Funde von menschlichen Überresten gemacht worden. Bisher haben die Experten um Björn Buik zwei Grabstätten komplett freigelegt. In beiden haben sie die Überreste von Männerngefunden. " DasGeschlecht ist aus erster Sicht anhand der Kieferstellung zu sehen. Der eine von beiden war auch nicht sonderlich hübsch. Das kann man schon erkennen ", lacht er und zeigt auf den Schädel und den Kiefer. Auch die Todesursache des einen Mannes könne schon festgestellt werden. An seinem Schädel sind deutlich Spuren von Schwert- oder Axthieben zu erkennen. Bei dem anderen Mann zeigt Björn Buik den Kiefer samt Gebiss. " So schlechte Zähne ", sagt er lachend und zeigt auf einen pechschwarzen Backenzahn. " Da wäre es auch nicht verwunderlich, wenn er an Karies gestorben ist. "

Anhand der Keramik – also Sargschlösser oder Mitgaben –, welche sich in und um den Sarg befindet, sind auch die Skelette der beiden Männer um das 12. Jahrhundert einzuordnen. Die Skelette sind alle sehr gut erhalten. Auch das liegt an dem tollen Boden. " Jeden Tag rechnen wir mit neuen Funden. Da sich hier mal ein Friedhof befand, ist das ja zu erwarten ", so Björn Buik. Aber nicht alle Grabstätten werden die Archäologen und Grabungshelfer freilegen. Die gut erhaltenen, und nicht störenden werden weiterhin unter der Erde am Wickelmannplatz ihre Ruhe haben. " Es ist immer noch Bodendenkmal. Deswegen wollen wir auch gerne die Skelette dort ruhen lassen. "

Die ersten Funde, die jetzt schon ausgegraben und begutachtet wurden, werden vom Team um Björn Buik gesäubert, in der Sonne getrocknet und dann genau archiviert. Im Archiv in Heyrothsberge verbleiben die Überreste dann. " Viel wird damit nicht passieren ", weiß Buik aus Erfahrung. " Manchmal kommen die Skelette nochmal bei den Studenten für die wissenschaftliche Arbeit zum Einsatz. "