1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wanzleben
  6. >
  7. Ein dunkles Kapitel der DDR-Geschichte: In Hötensleben wird die Stasi beleuchtet

Eröffnung der Wanderausstellung im Rathaus stößt auf reges Interesse - Vortrag am 4. Mai Ein dunkles Kapitel der DDR-Geschichte: In Hötensleben wird die Stasi beleuchtet

Von Constanze Arendt-Nowak 23.04.2013, 03:13

Auf reges Interesse ist die Ausstellung über das Wirken der Staatssicherheit zu DDR-Zeiten schon am ersten Tag im Hötensleber Rathaus gestoßen. Obwohl die Tafeln selbsterklärend sind, haben Gespräche noch weitere Blicke auf Details freigegeben.

Hötensleben l 20 Informationstafeln "schmücken" seit dem Wochenende einen Flur im Hötensleber Rathaus. In enger Zusammenarbeit mit der Magdeburger Außenstelle der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (BStU) gibt der Hötensleber Grenzdenkmalverein Einblicke in ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Die Ausstellung widmet sich der Überwachung der Staatssicherheit in den Betrieben der DDR.

Wissenschaftliche Ausarbeitungen darüber gibt es nicht, wusste Jörg Stoye als Außenstellenleiter der BStU zur Ausstellungseröffnung zu berichten. "Zur Stasi in der Wirtschaft gibt es noch viele Fragezeichen", fasst er zusammen. Seine Behörde hat die Ausstellung mit eigenen Dokumenten gestaltet und sie mit selbstverständlichen Texten und Fotos anderer Autoren angereichert.

"Was in den Berichten zu lesen ist, entsprach oft nicht der Meinung der Bevölkerung."

Dass sich das Thema mit der Ausstellung längst nicht erschöpft, merkten die Besucher, die zur Eröffnung gekommen waren, an den Ausführungen Stoyes. Nach seiner Aussage liegt der Ausgangspunkt des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR in den Betrieben. Theoretisches Ziel sei es gewesen, alles abzusichern. "Aber alles hatten sie nicht unter Kontrolle, sie waren nicht überall", erklärte der Außenstellenleiter der BStU und verwies auch darauf, dass sich eine Mitarbeit bei der Staatssicherheit auch nicht vom Beruf ableiten ließ. Vor allem seien die Informanten aber auf der Führungsebene eingesetzt gewesen. "Was in den Berichten zu lesen ist, entsprach aber oft nicht der allgemeinen Meinung der Bevölkerung", weiß Jörg Stoye auch aus seinen jahrelangen Recherchen.

Eine Tafel hat auch die Umweltverschmutzung durch die Industriebetriebe zum Thema. Sie erklärt, wie die Missstände dokumentiert werden. Andererseits ist aus der Dokumentation auch herauszulesen, dass die Leitungsebenen sich in manchen Situationen auch zusätzliche Hilfe von der Staatssicherheit erhofft haben. "Das ist nicht gelungen, die Zustände waren oft unerträglich", so Stoye. Offizielle Äußerungen zu den Zuständen seien unterdrückt worden.

Wenn auch nur angerissen, so lässt sich auf den Tafeln viel Wissenswertes entdecken. Die Versorgung der Bevölkerung unter dem Schlagwort "Ham wa nich ..." und die Welle der Verstaatlichung der Unternehmen 1972 werden ebenso aufgezeigt wie die Arbeit im Kohletagebau im Grenzgebiet bei Harbke, die Kontrolle eines westdeutschen Monteurs, die Sicherung der Landwirtschaft oder auch die Reisekaderüberwachung.

"Bei Bränden und Havarien wurde damals immer ein Schuldiger gesucht."

"Bei Bränden und Havarien wurde immer ein Schuldiger gesucht", erläuterte Stoye beim Blick auf eine weitere Tafel. Der Zeitraum, der in der Ausstellung beleuchtet wird, zieht sich von den 50er- bis zu den 80er-Jahren.

Die Mitglieder des Grenzdenkmalvereins erhoffen sich auch in den kommenden Wochen während der Öffnungszeiten einen ähnlichen Andrang in der Ausstellung wie zur Eröffnung (Öffnungszeiten siehe Infokasten). Jörg Stoye hat sich unterdessen schon einen Termin für den 4. Mai in seinem Kalender notiert. Dann wird er im Rahmen der Ausstellung einen Vortrag halten, in dem er auf einige Beispiele noch einmal detaillierter eingehen möchte. Hauptschauplätze werden dabei die Magdeburger Schwermaschinenbaukombinate "Karl Liebknecht" und "Ernst Thälmann" sein. Außerdem hat er Recherchen zum Tagebau Harbke und zum Hötensleber Armaturenwerk speziell für diesen Vortrag angekündigt. Die Veranstaltung beginnt um 16 Uhr, interessierte Zuhörer sind willkommen.

Im 20. Jahr seines Bestehens plant der Grenzdenkmalverein neben der Ausstellung noch weitere Höhepunkte. So nennt René Müller, stellvertretender Vereinsvorsitzender, eine Gedenkveranstaltung anlässlich des Tages der Grenzschließung in Hötensleben im Mai, ein Jugendtreffen im Sommer sowie eine Veranstaltung, die an die Gründung des Vereins vor 20 Jahren erinnert, im Oktober.