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Domersleber Ortschaftsräte werden vor vollendete Tatsachen gestellt Große Frage: Warum müssen die alten Linden jetzt weichen?

Von Constanze Arendt 29.12.2010, 04:27

Lange war es geplant, nun soll die Martin-Selber-Straße in Domersleben ausgebaut werden. Doch als am Montag die Maschinen für die vorbereitenden Baumfällarbeiten anrückten, ging ein Aufschrei durch das Bördedorf. Ortschaftsrat Hartmut Thiele sagte am Lesertelefon der Volksstimme: "Stuttgart 21 grüßt Domersleben." Hintergrund für diesen Ausspruch war, dass das Ratsmitglied davon nichts wusste, ebenso wie andere Ortschaftsräte.

Domersleben. Ortsbürgermeister Bernd Meyer und die Ortschaftsräte Hartmut Thiele, Ralf Kramer und Bernd Schneider konnten am Dienstagvormittag nur den Kopf schütteln, als sie vor dem Kulturhaus beobachteten, wie eine Linde nach der anderen geköpft wurde, um anschließend ganz zu fallen. "Ich habe Heiligabend durch Zufall davon erfahren, dass alle Bäume abgeholzt werden", erzählte Hartmut Thiele darüber, wie er Kenntnis von den geplanten Arbeiten erhielt. Er konnte es nicht verstehen, dass er als Ortschaftsrat darüber noch nicht informiert worden war.

Den Räten Ralf Kramer und Bernd Schneider ging es nicht anders, denn in all den Jahren, in denen die Straße bereits schon geplant war, war nie die Rede davon, dass die Bäume – 30 ortsbildprägende Linden – gefällt werden sollen. "Obwohl es mehrere Lokaltermine mit Projektanten in der Vergangenheit gegeben hat, bei denen Fragen zur Entwässerung und zum Lichtraumprofil geklärt worden sind", resümierte Hartmut Thiele und erinnerte sich daran, dass gesagt wurde, dass es reicht, die Bäume im Kronenbereich auszuschneiden, um das Lichtraumprofil zu erweitern. "Damit die Bäume stehenbleiben können, wurde sogar vor einigen Jahren der Fußweg auf der gegenüberliegenden Seite angelegt", erklärte Bernd Schneider. Und Hartmut Thiele verwies darauf, dass sich die Domersleber Gemeinderäte sogar Gedanken zum Thema Entwässerung gemacht haben, ebenfalls um die Bäume zu retten.

Nach Aussage des Ortsbürgermeisters Bernd Meyer gab es bei der letzten Sitzung des Ortschaftsrates am 3. Dezember noch kein Ergebnis für die Ausschreibung bezüglich der Baumaßnahmen in der Martin-Selber-Straße, obwohl eine Fördermittelzusage bereits im Juni eingegangen war. Der Bauausschuss der Einheitsgemeinde Stadt Wanzleben – Börde habe dann am 5. Dezember den Beschluss für die Vergabe der Baumaßnahme gefasst. "In dieser Beschlussvorlage stand aber auch nicht von Baumfällarbeiten", so Bernd Meyer, der kurz danach erfuhr, dass die Bäume gefällt werden sollen. In der Bauanlaufberatung am 20. Dezember erfuhr er zwar, dass ein Gutachten die Fällung vorsieht. Warum? Das konnte ihm, nach seiner Aussage, keiner beantworten. Wegen der Schließzeit zwischen den Feiertagen war auch aus dem Rathaus dazu keine Stellungnahme zu bekommen. Den Beschluss über das Ausbauprojekt und auch über die Bildung von Rücklagen für den Ausbau der Straße hatte übrigens noch der Domersleber Gemeinderat gefasst, bevor die Einheitsgemeinde gebildet wurde.

Die Domersleber Ortschaftsräte jedenfalls sind von der Verwaltung der Stadt Wanzleben – Börde sehr enttäuscht, dass sie im Vorfeld des Baubeginns nicht informiert worden sind. "Wir müssen doch wenigstens Bescheid wissen, damit wir unseren Bürgern Rede und Antwort stehen können", sagte Bernd Schneider. Und Hartmut Thiele formulierte es noch ein bisschen härter: "So etwas hat es in den letzten 20 Jahren noch nicht gegeben, dass über die Köpfe der Domersleber hinwegentschieden wird." "Die Verwaltung macht, was sie will, über unsere Köpfe hinweg", unterstrich dann auch Bernd Meyer.