1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Wollen viel mehr über unsere Nichtleser erfahren

Wernigerodes Bibliothekchef Klaus Grünberg zum Qualitätssiegel Wollen viel mehr über unsere Nichtleser erfahren

26.10.2009, 04:55

12 Büchereien in Sachsen-Anhalt können bereits ein Qualitätssiegel vorweisen. Am Wochenende sind von Kultusminister Olbertz vier weitere Büchereien ausgezeichnet worden, darunter jene in Ilsenburg und Wernigerode. Mit Wernigerodes Bibliothekchef Klaus Grünberg war Volksstimme-Redakteur Tom Koch dazu vorab im Gespräch.

Volksstimme : Glückwunsch Herr Grünberg ! Ein Qualitätssiegel heißt, in Ihren Büchereien ist alles bestens ?

Klaus Grünberg : Danke. Nein, so vermessen sind wir nicht. Das Siegel sagt : Wir sind auf einem guten Weg. Die Anstrengungen eines Jahres waren nicht umsonst, aber noch ist einiges zu verändern.

Volksstimme : Was konkret hat sich bereits geändert ?

Grünberg : Wir haben festgestellt, dass beim Übergang von der Kinderbücherei in die Stadtbibliothek manche Jugendlichen zunächst etwas orientierungslos sind. Darauf haben wir reagiert. Wir haben zusätzliche Titel mit Themen für speziell diese Altersgruppe wie der Umgang mit Medien, Sexualität, schulischer Gewalt, die in verschiedenen Genres behandelt werden, gekauft. Diese sind mit einem deutlichen erkennbaren grünen Aufkleber gekennzeichnet, das " J " steht dabei für Jugend.

Volksstimme : Es gibt bei Ihnen auch ein hellrotes " G ".

Grünberg : Das " G " steht für Großschrift – vor allem für unsere älteren Leser.

Volksstimme : Sie sprachen von einem stetigen Prozess zur Qualitätsverbesserung. Wie ist Ihr Stand heute ?

Grünberg : Wie stets bei solchen Zertifizierungen steht zunächst die Analyse im Vordergrund. Wir als öffentlicher Dienst haben den Anspruch, publikumsorientiert zu arbeiten. Da müssen wir uns die Frage gefallen lassen : Tun wir das auch wirklich ? Wir wollen nach folgendem Credo arbeiten : Gut erledigte Aufgaben nach den Regeln unseres Metiers, das ist Qualität.

Volksstimme : Das Zertifizierungsverfahren sorgt gewiss auch für einen Vergleich der Büchereien untereinander ?

Grünberg : Selbstverständlich, davon können die Einrichtungen einzeln und somit alle Leser insgesamt profitieren. Schließlich besteht rein theoretisch die Gefahr, dass man Bestimmtes seit Jahren immer gleich behandelt, dabei immer gleich falsch. Das Gütesiegel hilft dabei, Scheuklappen abzulegen, so dass Betriebsblindheit weniger ausgeprägt ist.

Volksstimme : Beim Blick über den Tellerrand hinaus, was haben Sie entdecken können ?

Grünberg : Wir wollen Themen, nach denen seit Jahren nachgefragt wird, ganz anders präsentieren. Ein Beispiel ist der Komplex Welthunger : Zu einer aktuellen Studie können medizinische Fachbücher, Bildbände, auch Romane oder Gedichte von Autoren aus diesen Krisengebieten zugeordnet werden. Das heißt, wir bieten unseren Lesern zu diesem Thema unseren Bestand auf einen Blick an – nur anders aufbereitet. Wir wollen solche Themen besser " vernetzen ".

Volksstimme : Die Büchereien in Ilsenburg, Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode bilden auch ein Netz, derzeit jedoch noch mächtig löchrig.

Grünberg : Das stimmt, das Problem ist aber bereits erkannt und für 2010 deutet sich eine Verbesserung an. Beispielsweise ist geplant, gemeinsam ein neues Computerprogramm zu nutzen. Dadurch wird der Bestand aller beteiligten Büchereien für die Leser in allen Städten verfügbar. Bis dahin, dass man in Wernigerode sehen kann, wie lange ein bestimmtes Buch beispielsweise in Quedlinburg noch ausgeliehen ist.

Volksstimme : Planen sie weitere technische Neuerungen ?

Grünberg : Ja, die hängen mit diesem modernen Bibliothekssystem zusammen. Alle Bücher erhalten einen elektronisch erfassbaren Sender, unsere Leser bekommen eine Magnetkarte.

Volksstimme : Apropos Leser : Wissen Sie denn ganz genau, was Ihre Leser wollen ?

Grünberg : Wir sind mit den Lesern im ständigen Kontakt und werden sie auch weiter im Prozess verstärkt mit einbeziehen. Noch wichtiger ist aber zu erfahren, warum jemand nicht in unsere Bibliotheken kommt.

• In der Wernigeröder Stadt- und Kinderbibliothek sowie in der Harzbücherei arbeiten insgesamt zehn Mitarbeiter

• Rund 65 000 sogenannter Medieneinheiten, das sind vor allem Bücher, aber auch Zeitschriften, Videos und CDs, neuerdings auch Hörbücher gehören zum Bestand ; 30000 Bücher in der Harzbücherei

• Jährlich 3000 bis 4000 Leser nutzen das Angebot dieser drei Bibliotheken