1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Im Glauben war Fusion längst da

Kirchgemeinden St- Trinitatis und St. Nicolai vereinigten sich vor 60 Jahren Im Glauben war Fusion längst da

Die Evangelische Kirchgemeinde St. Nicolai/St. Trinitatis besteht seit
60 Jahren. 1696 hatte sich die Kirchgemeinde St. Nicolai geteilt. Die
Trinitatis-Gemeindeglieder waren zum rein lutherischen
Glaubensbekenntnis zurückgekehrt.

Von Thomas Drechsel 19.06.2014, 01:23

Zerbst l Festgottesdienst am vergangenen Sonntag in St. Trinitatis, Pfarrer Albrecht Lindemann von St. Bartholomäi hält die Predigt. Thema: Die Vereinigung der Kirchgemeinden St. Nicolai und St. Trinitatis vor 60 Jahren. Lindemann: "Vor 60 Jahren haben die Gemeindekirchenräte von St. Nicolai und St. Trinitatis beschlossen, so sehr eines Sinnes zu sein, dass der Fortbestand zweier Gemeinden an einem Platze nicht mehr notwendig sei."

Der Pfarrer geht auf die Ursachen und Hintergründe ein. "Heute fragt man sich vielleicht, warum in Zerbst überhaupt so viele Kirchen stehen. Die Hofkirche St. Bartholomäi, die Stadtkirche St. Nicolai und die Klosterkirchen, allen voran St. Marien im Ankuhn - bis ins 17. Jahrhundert hinein war der Gebäudebestand üppig. Heute bilden wir sozusagen in einer Stadt ab, was für Anhalt typisch ist: Viele Kirchengebäude, immer weniger Menschen, noch weniger Christen. Wir feiern heute Gottesdienst in einer Kirche, die das Ergebnis eines Kompromisses im Zeichen der Toleranz ist."

Im 16. Jahrhundert war die Kirchenlandschaft in Zerbst in Turbulenzen geraten. Die Klöster wurden aufgelöst, Kirchen umgewidmet. Unterstützt von Fürst Wolfgang hatten die Stadträte die Reformation durchgesetzt.

Dann der Wechsel zum reformierten Glauben knapp 100 Jahre später. Fürst Johann und sein Superintendent Johann Dürre gelang es nicht, die Stadt zum Luthertum zurückzuführen. Die Zerbster zogen, so Lindemann, den Großen Kurfürst in den Konflikt hinein. Der Anhaltische Landesherr wurde darüber informiert, dass man den sich zum reformierten Glauben bekennenden Nachbarn nach seiner Meinung gefragt hatte. Das Interesse an einem Kompromiss wuchs dadurch schlagartig. St. Nicolai blieb den Bürgern als reformiertes Gotteshaus erhalten. Die lutherische Trinitatiskirche wurde gebaut, bezahlt zum großen Teil mit dem Gold der Bürger.

So lebte man in enger Nachbarschaft und feierte getrennt Gottesdienste. Bis die Napoleonischen Befreiungskriege vorbei waren. Das Reformationsjubiläum 1817 war der Anlass für Reformierte und Lutheraner in Anhalt, den Fürsten zu bitten, doch gemeinsame Abendmahlsfeiern zu erlauben. Erst in Bernburg, dann in Dessau und Zerbst beendeten die Gemeinden per Abstimmung die Zeit der konfessionellen Spaltung der evangelischen Christen. "Dieser Schritt war theologisch und kirchenrechtlich schon lange getan worden. Das Zusammenwachsen von Kirchengemeinden hat aber eben noch einige andere Hemmnisse. Wie groß werden die Zweifel der Trinitarier gewesen sein, die doch erlebt hatten, wie nebenan die Kirche mit Hakenkreuzfahnen geschmückt gewesen war?", so Lindemann.

In den Jahren nach dem Krieg waren die Zerbster Christen eng zusammen gerückt. In der Jakobuskirche fanden auch die evangelischen Gemeinden Aufnahme, auch bei Hochfesten wie der Konfirmation. Gottesdienste und Gemeindekreise fanden gemeinsam statt und man hatte festgestellt, dass die Differenzen, die einst zum Bau der Trinitatiskirche geführt hatten, längst überwunden waren.

Die Gemeindekirchenräte von St. Nicolai und St. Trinitatis einigten sich auf eine gemeinsame Parochialsatzung, die zum 1. April 1954 in Kraft trat.

1974 empfahl der damalige Kreisoberpfarrer Dietrich Franke im Zusammenhang mit einer landeskirchlichen Visitation, alle vier großen Zerbster Kirchgemeinden zu vereinigen. "Die Gemeinden werden ungebrochen kleiner. Da hilft es, nur eine zentrale Verwaltung und ein Pfarramt zu haben, darunter dann drei Seelsorgebezirke", so begründete Franke damals.