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Offene Gruppenarbeit Nachwuchs erkundet eigenständig die Welt

Zwischen Musikraum, Kreativwerkstatt und Bauland wuseln die Steppkes der
Zerbster Kita "Benjamin Blümchen" jetzt täglich munter umher. Vor
Kurzem hat die Einrichtung die offene Gruppenarbeit eingeführt. Momentan
läuft noch die Erprobungsphase.

Von Daniela Apel 28.11.2014, 02:15

Zerbst l "Wir befinden uns momentan in der Erprobungsphase der Umstrukturierung." Mit leuchtenden Augen berichtet Kita-Leiterin Heike Schrödter vom neuen Konzept: der Einführung der offenen Gruppenarbeit. Ausgenommen ist einzig die "Zwergenwelt", in der die jüngsten Sprösslinge im Alter bis zu zwei Jahren betreut werden. Alle anderen Steppkes dürfen sich seit Kurzem in den beiden Gebäuden und damit in den neu eingerichteten Funktionsräumen frei bewegen und selbständig beschäftigen. "Sie entscheiden allein, was sie tun möchten." Heike Schrödter erzählt von der Kreativwerkstatt, dem Bau- und Wohnland sowie den Rückzugsorten zum Experimentieren, Musizieren und Theaterspielen. Natürlich kann der Nachwuchs ebenfalls seinen Bewegungsdrang jederzeit ausleben. "Die Erzieherinnen haben viel Freizeit und Engagement in die Ausgestaltung der Räume gesteckt." Und ihre Schützlinge nehmen es "ganz toll an".

Aufgeweckt gehen die Mädchen und Jungen ihrer jeweiligen Beschäftigung nach. "Wir möchten, dass sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln", erläutert die Kita-Leiterin. Für die Erzieher wiederum bedeutet die Zielstellung, sich zurückzunehmen. "Sie müssen lernen, dass die Kinder die Akteure sind", erklärt Heike Schrödter. Vor allem den älteren Kollegen falle dies schwer, weiß sie und berichtet offen von Diskussionen und Tränen, die es zwischendurch gab. "Es war ein harter Prozess, der sich aber ausgezahlt hat", ist sie sich sicher. Seit September absolvieren die Erzieherinnen Weiterbildungsseminare. Sechs Module umfasst die Schulung mit dem noch ausstehenden Abschlusskolloquium, erzählt die Einrichtungsleiterin vom Programm "Bildung: elementar - Bildung von Anfang an", das mit dem jetzigen Konzept umgesetzt wird.

"Hilf mir, es selbst zu tun", zitiert Heike Schrödter die Pädagogin Maria Montessori (1870-1952). "Wir möchten die Neugierde der Kinder wecken und sie motivieren, ihre eigenen Fähigkeiten zu entdecken", bemerkt die Kita-Leiterin. Das bedeutet allerdings nicht die Auflösung aller Strukturen. Jeder Tag beginnt mit einem Morgenkreis in der Stammgruppe. Dort können die Mädchen und Jungen ihre Sorgen und Wünsche äußern. Auch die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen und alle machen mindestens eine halbe Stunde Mittagsschlaf.

Und es gibt Regeln: Statt Verboten wird auf Gebote gesetzt. So heißt es: "Sitz bitte still." oder "Hör auf, du kannst dich verletzen." "Das ist auch ein Lernprozess für uns", gesteht Heike Schrödter. Darüber hinaus müssen sich die Steppkes an- beziehungsweise abmelden, wenn sie einen Raum betreten oder verlassen. "Wir möchten ihre Lebenstüchtigkeit fördern." Das heißt ebenfalls, dem Nachwuchs zu vertrauen. Denn die Knirpse können oft schon mehr, als vermutet.

Zu den Neuerungen gehört ferner, dass alle Erzieher nun auch für alle Kinder verantwortlich sind. Außerdem wird ein Beobachtungsplan erstellt. "Mindestens zwei Erzieher beobachten ein Kind", erläutert die Kita-Leiterin. Einmal jährlich folgt auf dieser Basis ein Elterngespräch.

Noch im Aufbau befindet sich die Idee, dass jeder Sprössling künftig persönliche Dinge mitbringen und in ein privates Kästchen tun kann. Geplant ist ebenfalls die Anschaffung eines Terrariums für Stabheuschrecken. "Unser großes Ziel ist es, den Spielplatz zu integrieren und für die Kinder zu öffnen", bemerkt Heike Schrödter. "Die Umstrukturierung gelingt nur im Team", betont sie. "Und wir sind sehr dadurch zusammengewachsen."