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Im Zerbster Raum sind "arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten" kein erhebliches Problem Kitas flexibel, wenn\'s um die Arbeit geht

11.07.2012, 03:16

Der Armutsbericht 2010 des Landkreises Anhalt-Bitterfeld bildet düstere Fakten ab. Die "Handlungsschwerpunkte zur Milderung von Armut" wurden daraus abgeleitet. Die Zerbster Volksstimme betrachtet sie näher.

Von Thomas Drechsel

Zerbst l Der Kreistag hat beschlossen, auf arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten in Kindertagesstätten hinzuwirken. Dies ist einer von 18 Handlungsschwerpunkten zur Milderung von Armut. Begründet wird dieser Schwerpunkt mit der Notwendigkeit, die soziale Infrastruktur - hier die Kindertagesstätten - an den Bedürfnissen erwerbstätiger Eltern auszurichten.

"Das geschieht doch schon seit langem", sagt Cornelia Kurowski. Als Geschäftsführerin des Volkssolidaritäts-Familienwerkes kennt sie sich bestens aus in den Kitas "Zerb-ster Strolche" und Heide sowie den Einrichtungen in Deetz, Lindau, Garitz und Nedlitz. "Es wird jeder Fall für sich betrachtet. Und dann findet man eine Lösung." Der klassische Fall sieht eine junge Mutti, die irgendwie versucht, über eine Beschäftigungsmaßnahme, eine befristete 400-Euro-Arbeit oder ähnliches "wieder in eine reguläre Anstellung zu gelangen", erzählt Frau Kurowski. Recht häufig sind dann auch ganz spezielle Arbeitszeit-Anforderungen zu meistern. Die Mütter müssen auf Abruf bereitstehen, um in Stoßzeiten beim Auspacken zu helfen. Oder sie fahren bis nach Magdeburg, um in einem CallCenter zu arbeiten."

Grundsätzlich haben die genannten Kitas von 6 bis 17 Uhr geöffnet. "Das ist für die Mehrzahl aller Kinder durchaus zutreffend." Immer wieder jedoch müssen Eltern zeitig weit fahren oder kommen spät zurück. "Dann nehmen wir das Kind auch schon ab 5.30 Uhr. Das Problem entsteht dann jedoch bei uns im Hause. Die Kollegin, die morgens früher begann und wegen eines Kindes anwesend war, fehlt theoretisch am Ende ihrer Schicht eine halbe Stunde. Im dicksten Gewusel, wenn die Einrichtung richtig voll ist. In solchen Situationen ist das Team gefragt." Denn höhere Personalkosten dürfen wegen der Zugeständnisse an die frühaufstehenden Eltern nicht entstehen.

In den Kitas der Region Zerbst kann zudem sehr flexibel mit den insgesamt 25 Wochenstunden eines Kita-Halbtagsplatzes umgegangen werden. "Das ist besonders für die auf Abruf für Nebentätigkeiten stehenden Mütter wichtig. Und wir müssen dann eben reagieren, wenn sie spontan kommen und das Kind da lassen müssen."

Das Volkssolidaritäts-Familienwerk ist Träger von 29 Kitas, 14 Horten und fünf Jugendclubs. Es beschäftigt hierfür 370 Mitarbeiter. In der Region Zerbst ist es Träger von sechs Einrichtungen (176 Krippenplätze, 304 Kindergartenplätze, 122 Hortplätze - ab August zusätzlich 138 Hortplätze der GS an der Stadtmauer). "Der Anteil von Eltern, die ihr Kind arbeitsbedingt außerhalb der regulären Öffnungszeiten bringen, liegt nach meiner Einschätzung deutlich unter zehn Prozent. Und auf den Dörfern, wo es wegen der Größe der Einrichtungen viel schwerer ist, Ausnahmen zu organisieren, kommt uns allen das Gemeinschaftsgefühl zugute. Die Muttis helfen sich untereinander oder es gibt noch die Oma. Klappt all das nicht, suchen wir eine Lösung." Voraussetzung sei der Beleg vom Arbeitgeber. "Arbeit ist das Allerwichtigste. Das sehen wir natürlich auch. Klar, oft rennen Muttis unmöglichen Arbeitszeiten hinterher, nur um in reguläre Arbeit zu gelangen, und nach einigen Monaten ist alles vorbei, weil sie vielleicht doch ausgenutzt wurden. Aber man muss alles versuchen."

Angesichts dieses Umgangs mit Sonderwünschen zur Kita-Betreuungszeit: Ist der Handlungsschwerpunkt überhaupt vorhanden? Monika Reinbothe (CDU), Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses Anhalt-Bitterfeld: "Es gibt im Süden des Landkreises andere Konstellationen, wo die Kita-Betreuungszeiten noch weiter auseinandergehen. Grundsätzlich wird es Sache des Trägers sein und bleiben, auf die Notwendigkeiten der Eltern einzugehen und dann jeweils einzelfallbezogen Lösungen anzubieten."