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Tim Liebe gewinnt Leserwahl zum "Magdeburger des Jahres 2011" / Die Laudatio auf den Erstplatzierten Viele Tropfen Glück: Familienvater macht ganz großen Zirkus für 500 Ferienkinder stadtweit

11.01.2012, 04:19

Die Laudatio auf den "Magdeburger des Jahres 2011" Tim Liebe hielt auf der Festveranstaltung gestern Abend Volksstimme-Redakteurin Jana Wiehe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst kurz etwas zeigen. Dieses hübsche Kärtchen hier... Liebevoll bemalt, mit Glitzer und Sternchen, sogar laminiert und mit einer Briefmarke versehen. Sie werden es kaum glauben, aber dieser bunte Streifen Papier ist eine Stimmkarte für den Magdeburger des Jahres 2011. Das Kreuzchen hat ein Mädchen namens Peggy bei Tim Liebe, unserem heutigen Erstplatzierten, gesetzt.
Wir waren in der Redaktion ziemlich beeindruckt, mit wie viel Freude hier offenkundig junge Fans bei der Sache sind, um für ihren ganz persönlichen Magdeburger des Jahres abzustimmen.
Es muss wohl einen tieferen Sinn haben...
Diese Stimmkarte strahlt Fröhlichkeit aus. Sie erinnerte mich an mein Gespräch mit Tim Liebe. Es ging um den Kinder-Mitmachzirkus letzten Sommer in Buckau. Das Ferienprojekt für Hunderte Mädchen und Jungen aus ganz Magdeburg, das der Polizist und Familienvater Tim Liebe in seiner Freizeit auf die Beine gestellt hat und wofür wir ihn heute ehren.
Stellen Sie sich folgende Szene vor: Nach den Sommerferien strömen sämtliche Kinder wieder in ihre Schulen. Die meisten berichten ganz aufgeregt darüber, wo sie mit ihren Eltern überall waren und was sie so Tolles erlebt haben: wellenreiten auf der Ostsee, schnorcheln im Roten Meer oder "Orcas gucken" auf Teneriffa. Nur einige Kinder bleiben stumm: Sie haben nichts zu berichten, sie haben nichts Großartiges erlebt in diesen Sommerferien. Nichts, das in ihrer Erinnerung noch brennt wie ein Feuer.
"Meine Eltern konnten nicht mit mir verreisen", spricht aus ihren Gesichtern.
Vielleicht, weil sie keine Zeit dafür hatten. Vielleicht aber auch, weil einfach nur das Geld fehlte.
"Das kann nicht sein! Nein", entgegnete Tim Liebe in unserem Gespräch. Auch Kinder, die in den Ferien nicht mit ihren Eltern verreisen, sollen etwas Tolles, Unvergessliches erleben können. Das Problem nur: In der Stadt ist nicht wirklich viel los in den Sommerferien.
"Aber dann müssen wir eben etwas los machen", dachte sich Tim Liebe im Frühjahr 2011 und hatte auch schon eine Idee im Kopf. Im Jahr zuvor war der mecklenburgische Familienzirkus Smiley auf Einladung der Grundschule Am Grenzweg zu Gast in der Elbestadt. Das Mitmachprojekt kam bei seiner Tochter Lucy und den anderen Kindern riesig an.
Auch Tim Liebe, früher eher ein Zirkusmuffel, hatte sich vom Virus infizieren lassen und als Elternvertreter eifrig bei der Organisation mitgewirkt. Nun dachte er mit Blick auf den kommenden Sommer: "Das kriegen wir doch sicher noch mal hin! Nur eben größer. Viel größer! Für alle Grundschulkinder in der Stadt, die in den Ferien zu Hause bleiben müssen. Wir machen sie zu Stars in der Manege!" Und er war sich sicher: Familie Woitschack vom Zirkus Smiley würde er gewiss für dieses einmalige Sommerprojekt gewinnen...
"Wir sind im ganzen Land unterwegs, aber solch einen engagierten Familienvater haben wir noch nicht erlebt", ziehen Stefan Woitschack und seine Frau Simona vom Zirkus Smiley im Nachhinein den Hut vor Tim Liebe. Denn vier Wochen lang einen Mitmachzirkus für Hunderte Kinder aus der ganzen Stadt zu organisieren, ist nicht so einfach wie es am Anfang vielleicht aussieht.
Da braucht es einen gut erreichbaren Standort, den Tim Liebe auf dem Hof des Buckauer Circusmuseums fand (Dank übrigens an den Chef Herrn Mette). Da müssen Genehmigungen eingeholt, Dutzende Briefe an Schulen stadtweit verschickt, Termine eingerührt, gestrichen und wieder geändert und - was am schwersten wiegt - die Finanzen auf die Reihe gebracht werden.
Tim Liebe ging in seiner Freizeit immer wieder Klinken putzen, zuerst bei der Stadt, wo er unter anderen bei der Kinderbeauftragten Unterstützung fand, dann bei potenziellen Sponsoren.
Fast 30000 Euro konnte der 42-Jährige am Ende bei Firmen, die sich für diese Idee begeistern ließen, einwerben. Das reichte für die vier geplanten Projektwochen im Juli und August.
"Wir werden kein Kind wieder nach Hause schicken. Alle, die mitmachen wollen, sollen auch einen Platz bekommen", hatte sich Tim Liebe am Anfang geschworen. Er würde Wort halten.
Das "Projekt Sommerzirkus" wurde für ihn aber zweifelsohne ein organisatorischer Kraftakt. Der Polizist mit einem großen Herz für Kinder opferte dafür über Monate fast täglich seine Freizeit. "Das Organisieren macht mir Spaß, und zum Glück habe ich eine Frau und Tochter mit viel Verständnis", bemerkt der Ur-Magdeburger.
Dieses Verständnis wurde allerdings arg strapaziert. Ich erinnere mich noch, wie Tim Liebe mir in den Sommerferien, als der Mitmachzirkus angelaufen war und wir auch in der Volksstimme darüber berichteten, in die Redaktion mailte: Er sei zwar jetzt im Urlaub in Spanien, aber bei Fragen zum Mitmachzirkus gern und jederzeit erreichbar, per Handy oder per Mail - ganz egal. Dann schrieb er noch ein paar Infos zu den Horten, die gerade in der Projektwoche dran sind, wann die Auftritte sind usw.
So richtig Urlaub war das in Spanien wohl diesmal nicht - dachte ich mir so. Oder, Familie Liebe? Der Papa - immer im Dienst.
Doch ich bin sicher, Frau und Töchterchen Lucy sind heute genauso stolz auf das, was Tim Liebe für die Magdeburger Kinder auf die Beine gestellt hat wie wir alle, sehen ihm also seinen besonderen Eifer nach.
Denn daheim in Magdeburg, auf dem Hof des Buckauer Circusmuseums, in der Manege vom "Smiley", gab es derweil diese Bilder: Mädchen und Jungen tanzen auf Seilen, jonglieren mit Tellern, führen Ponys durch das Zirkusrund, tragen furchtlos Riesenschlangen auf den Armen, machen als Clowns muntere Späße und legen sich sogar auf ein Nagelbrett mit 200 Nägeln! Ich wollte es selbst kaum glauben, habe es aber mit eigenen Augen gesehen.
Und wir sahen diese Kinder, wie sie sich danach mit stolzer Brust vor ihrem Publikum verneigten: "Seht her, was wir alles können!"
Wir sahen sie, wie sie nach ihrem großen Auftritt hinter die Kulissen huschten und wie ein Bienenschwarm ganz aufgeregt erzählten. "Hey! Wir sind Zirkusstars, und alle haben für uns geklatscht!"
Am Ende jeder der vier Projektwochen gab es diese besondere Galavorstellung. Immer freitagabends zeigten die kleinen Zirkuskünstler vor Omas, Opas, Eltern, Erziehern und Freunden, was sie in den Tagen zuvor unter Anleitung der Zirkusprofis gelernt hatten: Dressur mit Ponys und Ziegen, tolle Akrobatik, Clownerie.
Und wie sich die Kleinen dabei anstrengten! Im Publikum kullerte vor Rührung so manche Träne. Jedem Zuschauer war in diesem Moment klar: Die Kinder haben ein Erlebnis fürs Leben. Sie sind mutig über sich hinaus gewachsen, sie haben neue Freunde gefunden, unabhängig von ihrer Herkunft. Sie allein waren die Stars und standen im Rampenlicht.
Und sie würden viel zu erzählen haben, wenn sie wieder in die Schule kommen...
Mit erhobenem Kopf.
Der amerikanische Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson sagte einmal: "Glück ist ein Parfüm, das du nicht auf andere sprühen kannst, ohne selbst ein paar Tropfen abzubekommen."
Es waren gar nicht so wenige Tropfen, die Tim Liebe, der Ideengeber und Macher des Projekts, abbekommen hat von dem Glück der Kinder, die in diesen Sommerferien einen Traum leben konnten. "Ich habe den Spaß gesehen, das Glänzen in ihren Augen, das war für mich der schönste Lohn", gesteht Tim Liebe.
Dafür gab er gern seine Freizeit.
Und zum Glück dauerte der weit zuvor gebuchte Spanienurlaub nicht so lange, dass Tim Liebe das Beste womöglich noch verpasst hätte... Er, der vom Zirkusvirus inzwischen hochgradig Infizierte, bekam noch einiges mit von den Projekttagen und den Galavorstellungen der Kinder.
500 Mädchen und Jungen aus Horten der ganzen Stadt, von der Schmeilstraße, dem Fliederhof oder aus Diesdorf, kamen letztlich in den Genuss des bislang einmaligen Ferienprojektes. Mal ganz abgesehen von den Familien, die auch ihre Freude daran hatten.
Das sind letztlich eine ganze Menge, auch wenn man mit Mengen und Zahlen hier, wie ich finde, nur schwerlich hantieren kann. Denn: Wie portioniert man Glück?
Jedes einzelne Kind, das mit unvergesslichen Erlebnissen und aufgetanktem Selbstbewusstsein aus dem Zirkus Smiley wieder nach Hause kam, war der Mühen wert.
Ich glaube, das ist es, was Tim Liebe motiviert und angetrieben hat: Den Kindern Glück zu bringen, Lebensfreude. Es wie Parfüm zu versprühen und ein paar Tropfen davon selbst zu erhaschen. Kann es Schöneres geben?
Lieber Tim Liebe - mehr davon! Der Mitmachzirkus hat auch uns süchtig gemacht und wir hoffen auf weitere solch besondere Projekte.
Ich soll sie übrigens ganz herzlich grüßen von Simona und Stefan Woitschack. "Wenn einer den Titel verdient hat, dann ist das Tim Liebe", finden die beiden und nicht nur sie. Eine große Zahl der Leser wählte den engagierten Familienvater Tim Liebe auf Platz1 unserer Jubiläumswahl.
Ich freue mich sehr. Herzlichen Glückwunsch, Tim Liebe!