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Nomen est omen Herr Jäger geht auf die Pirsch

Frau Gärtner und Herr Jäger kennen sich nicht, haben aber eins
gemeinsam: Wenn sie sich vorstellen, sorgt das oft für ein Schmunzeln
beim Gegenüber. Dass Beruf und Nachname zusammenpassen, ist in
Sachsen-Anhalt gar nicht so selten.

02.01.2015, 02:23

Magdeburg l Mit Gewehr, Fernrohr und Hund betritt Christoph Jäger den Wald. "Guten Tag, Jäger", stellt er sich vor. Dass er der Jäger ist, ist nicht zu übersehen. Dass er sich aber tatsächlich mit seinem Nachnamen vorgestellt hat, wird vielen erst später klar.

"Das ist immer einen Lacher wert", sagt der Groß Rosenburger. Seit neun Jahren ist der 46-Jährige Jäger. "Ich wollte mich intensiver mit der Natur und dem Wald beschäftigen", sagt er. "Darum bin ich Jäger geworden. Nicht weil ich so heiße", erklärt er und schmunzelt. Als er den Jagdschein gemacht hat, war er in der Klasse der einzige, der sich schon Jäger nennen durfte. "Die Prüfer haben mir aber deswegen keinen Bonus eingeräumt", sagt Christoph Jäger.

Mittlerweile ist er zum Obmann seiner Jäger-Pächtergemeinschaft gewählt worden. 2000 Hektar Wald betreut der Mann, der seine Flinte oft auf Wildschweine richten muss. Wenn die Landwirte der angrenzenden Felder Probleme mit dem Schaden haben, den die Wildschweine anrichten, rufen sie ihren "Jäger". "Am Anfang stiftete das oft Verwirrung. Leute mussten einfach zweimal auf den Jagdschein schauen", erzählt Christoph Jäger. Dann sorgte sein Nachname für Heiterkeit.

"Das passt aber", bekommt auch Carmen Gärtner oft zu hören. Carmen Gärtner arbeitet bei einem Genthiner Gartenbauunternehmen. In der Gärtnerei kümmert sie sich um Blumen und Pflanzen, die für den Großhandel herangezogen werden. Der sprichwörtliche grüne Daumen liegt nicht in der Familie. Auch wenn es zum Namen passen würde. "Ich bin die erste in der Familie, die den passenden Beruf zum Namen ergriffen hat", erzählt sie. Wenn die Leute sie auf ihren Nachnamen ansprechen, stört sie das nicht. "Da brauche ich mir nicht so viel zu merken", scherzt sie dann gerne.

Der Magdeburger Urologe Dr. Dirk Samland findet seinen Nachnamen nicht zum Lachen. Aber er kennt die Assoziation, wenn sein Name in Zusammenhang mit seiner medizinischen Fachrichtung gebracht wird. "Aber mich stört der Name nicht", sagt der Urologe. Schließlich hat sein Nachname eine ganz andere Bedeutung. "Das kommt aus Ostpreußen. In Polen gibt es eine Halbinsel, die Samland heißt", erklärt er.

Rainer Stecker ist Rentner und wird auf seinen Namen nicht mehr angesprochen. Gearbeitet hat der 79-Jährige in Magdeburg als Elektromeister. "Ja, wie der Stecker", musste er seinen nachfragenden Kunden dann oft versichern.

Kunden von Caroline Schleife denken zuerst, dass der Name "Schleife" nur der Firmenname sei. Doch die Raumausstatterin heißt tatsächlich wie ein beliebtes Deko-Element. "Auch wenn Schleifen in der Inneneinrichtung gerade gar nicht gefragt sind", erklärt die Inhaberin.

Der Name Schleife steht dabei für Magdeburger Familientradition. Caroline Schleife betreibt den Laden bereits in vierter Generation. Seit 1899 beschäftigt sich die Familie mit dem Verschönern der vier Wände. "Zwei Kriege haben die Schleifes schon überstanden", erzählt die Inhaberin. Ihr Vater war gelernter Polsterer, ihr Großvater Tapeziermeister. Heute sucht man bei Caroline Schleife zum Beispiel die passenden Vorhänge und den Bodenbelag aus oder lässt Möbel neu polstern. Schleifen sucht man in ihrem Laden übrigens vergebens.

In einem Magdeburger Möbelgeschäft wird der eine oder andere Kunde vielleicht schmunzeln, wenn er hört, dass "Frau Sofa" ausgerufen wird. Die 58 Jahre alte Manuela Sopha arbeitet seit 15 Jahren bei der Möbelhauskette und ist eigentlich zufrieden, dass ihr Name nicht auch noch mit \'f\' geschrieben wird. Ihren Namen trägt sie erst seit fünf Jahren. "Meinen Mann habe ich kennengelernt, als er einen Fernsehsessel bei mir kaufen wollte. Als er sich vorstellte, dachte ich, er wollte mich veralbern. Als er sie fragte, ob sie ihn heiraten wolle, konnte sie nicht nein sagen: "Ich möchte auch liebend gern deinen Namen annehmen", erzählt sie und lacht.

Zimmermann Günter Esche arbeitet natürlich viel mit Holz. Allerdings eher selten mit dem der Esche. "Das ist ein Hartholz mit guter Maserung, das zum Beispiel für die Treppen verwendet wird", erklärt der Zimmermann aus Hasselfelde. Widerstandsfähig sei das Holz, sagt er. Vielleicht ist sein Nachname auch entstanden, weil ein Vorfahre solche Eigenschaften wie das Eschenholz hatte? "Da habe ich noch nie drüber nachgedacht", sagt Günter Esche und lacht herzlich.

Andrea Pflug sieht die Herkunft ihres Nachnamens klar in der Landwirtschaft. 1989 hat sie ihren Mann und damit seinen Nachnamen geheiratet. Seit zehn Jahren arbeitet sie beim Bauernverband in Roßlau (Elbe) und kümmert sich um die Belange der Bauern. "Auf den Pflug werde ich schon angesprochen", sagt sie. Einstellungskriterium war das natürlich nicht.

Einen Eisbrecher nennt Anja Gildemeister ihren Nachnamen, den sie seit vier Jahren trägt. Die Magdeburgerin ist Pressesprecherin der Handwerkskammer Sachsen-Anhalt und zu ihrem Bedauern handwerklich unbegabt. Da kommt der Nachname mit dem Meister-Titel richtig und sorgt bei der Vorstellung für Freude.