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Anatomische Institute haben keinen Mangel an Angeboten / Wegfall des Sterbegeldes und steigende Beisetzungskosten verstärken den Trend Immer mehr Menschen wollen nach dem Tod ihren Körper spenden

Von Silke Janko 23.11.2012, 02:09

Magdeburg/Halle l Während es in Deutschland einen gravierenden Mangel an Spenderorganen gibt, können sich die Anatomischen Institute vor Angeboten an Körperspenden kaum retten. Für immer mehr Menschen ist es offensichtlich eine Option, nach ihrem Tod ihren Körper der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen. Die hohen Beisetzungskosten und der Wegfall des Sterbegeldes der Krankenkassen seit 2004 haben diesen Trend noch befördert.

Denn die Anatomischen Institute übernehmen zumindest einen Teil der Kosten, wenn die Körper der Spender eingeäschert und beigesetzt werden. Die Hallenser Anatomieprofessorin Heike Kielstein erklärt ganz unumwunden, dass der finanzielle Aspekt das ausschlaggebende Motiv zur Körperspende ist. Ihr Magdeburger Kollege Professor Hermann-Josef Rothkötter führt ein weiteres Motiv an: "Viele schreiben uns, sie seien gut behandelt worden und möchten nach ihrem Tod noch etwas Gutes tun."

Seit Wegfall des Sterbegeldes sind auch die Universitätskliniken in Deutschland zunehmend finanziellen Zwängen ausgesetzt. Denn der Betrag - zuletzt 525 Euro - wurde im Falle einer Körperspende von den Kassen direkt an die Anatomischen Institute gezahlt. Inzwischen verlangen viele Institute auch von Körperspendern Geld. Das Institut für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle will 750 Euro, die der potenzielle Spender bereits vor Aufnahme in die Kartei überweisen muss. Die Spanne reicht in Deutschland von 600 bis 1200 Euro. Trotz der Kosten gibt es keinen Mangel an Körperspendern: "Wir haben 2000 potenzielle Körperspender in unserer Kartei", so Kielstein. Und jede Woche gebe es neue Anfragen.

Die Professorin geht mit dem Thema ganz offensiv um, unter anderem auch in öffentlichen Vorlesungen. "Mir ist es wichtig, Sterben und Tod zu enttabuisieren." Die Körperspende stoße bei vielen Menschen auf Ablehnung. Viele Menschen, die sich dazu bereit erklärt haben, würden darüber nicht reden. Das Institut benötigt pro Jahr 40 Körperspenden, für die Medizinerausbildung ebenso wie für die Fortbildung, zum Üben von neuen Operationstechniken.

Keine Kosten in Magdeburg, dafür begrenzte Aufnahme

In Magdeburg ist man dagegen einen anderen Weg gegangen - hier übernimmt das Institut für Anatomie des Universitätsklinikums die Kosten für den Transport vom Sterbeort zum Institut, die Einäscherung und die anschließende Beisetzung auf der "grünen Wiese" auf dem Magdeburger Westfriedhof. Möglich ist auch die Urnenbeisetzung auf einem anderen Friedhof, entsprechend der testamentarischen Verfügung.

Pro Geburtsjahrgang werden 15 potenzielle Körperspender (aus einem Umkreis von 100 Kilometern) in die Kartei aufgenommen, erklärt Professor Rothkötter. Es kann sein, dass ein potenzieller Spender abgelehnt wird, weil es schon genügend Spender seines Geburtsjahrganges gibt. Auch in Magdeburg gibt es genügend Anfragen. "Wir brauchen keine Werbung", so Rothkötter. Bis zur Beisetzung vergehen wenigstens eineinhalb, eher zwei bis drei Jahre, da die Präparierkurse für die Medizinstudenten von September bis zum Sommer des darauffolgenden Jahres laufen. Für die Angehörigen sei dies oft ein Problem, weil sie nicht unmittelbar nach dem Tod bei einer Trauerfeier Abschied nehmen können. "Es ist nicht angemessen, dann noch Geld zu verlangen", sagt der Institutschef.

Der Magdeburger Weg geht auf: Die benötigten 15 menschlichen Körper, die weder ein Anatomieatlas noch ein Computerprogramm ersetzen können, sind für die rund 190 Medizin-Erstsemester da. Möglich ist übrigens auch, einzelne Organe dem Institut zu überlassen. Dies muss der Spender in einer letztwilligen Verfügung gesondert erklären. "Als Skelett im Hörsaal zu bleiben, ist für manche eine gewisse Form von Ewigkeit", so Rothkötter.